Ein Drittel der Bevölkerung im Rausch: Tschechiens neuester Drogenbericht
In der tschechischen Bevölkerung besteht weiterhin die Tendenz zu einem gefährlichen Umgang mit Suchtmitteln. Und das betrifft sowohl legale als auch illegale Stoffe. Am Montag wurde der neueste Drogenbericht veröffentlicht.
Der Wunsch nach dem Rausch scheint bei Tschechen und Tschechinnen tiefgehend verankert. Und dazu werden auch legale Suchtmittel genutzt…
„Es gibt einen sehr hohen Anteil von Menschen, deren Trinkverhalten bei Alkohol risikoreich ist und die zu viele psychoaktive Medikamente nutzen. Von diesem Problem ist hierzulande rund ein Drittel der Erwachsenen betroffen“, so die Leiterin des Referats Antidrogenpolitik bei der tschechischen Regierung, Lucia Kiššová, am Montag vor Journalisten in Prag. Bei der Pressekonferenz wurden die Ergebnisse des neuesten Berichts über Drogen und Suchtmittel vorgestellt.
Pavla Chomynová ist Chefin des Nationalen Beobachtungszentrums für Drogen und Suchtmittel in Prag. Sie berichtet, dass rund zehn Prozent der Erwachsenen in Tschechien jeden Tag Alkohol trinken. Und weiter:
„Man kann den Blick aber noch etwas erweitern und nicht nur das tägliche Alkoholtrinken betrachten, sondern das häufige Trinken übermäßiger Mengen. Da liegen unsere Schätzungen bei 17 bis 19 Prozent der erwachsenen Bevölkerung.“
Weiter betonte Chomynová, dass in Tschechien schon seit langem viel Alkohol konsumiert werde. Allerdings habe es 2021 bei Männern einen geringen Rückgang gegeben. Noch wisse man aber nicht, ob sich ein neuer Trend anbahne, so die Leiterin des Beobachtungszentrums. Aber eine positive Entwicklung ist mittlerweile dennoch festzustellen. Denn Heranwachsende greifen nicht mehr so häufig zum Glas:
„Im Vergleich mit dem Jahr 2011 ist das risikoreiche Trinken von Alkohol in dieser Bevölkerungsgruppe um die Hälfte zurückgegangen. Das ist eine sehr gute Entwicklung.“
Weiterhin nehmen die Tschechen aber beim Alkoholkonsum pro Kopf einen der vorderen Plätze in Europa ein. Gleiches gilt für psychoaktive Medikamente, besonders Schmerzmittel und Psychopharmaka. Rund 14 Prozent der Bevölkerung hierzulande nimmt solche Präparate ohne Rezept oder in größerem Umfang als vorgeschrieben ein. Am häufigsten sind es Frauen und ältere Menschen. Aber auch Kinder und Jugendliche gerieten zunehmend in den Medikamentenstrudel, so Pavla Chomynová…
„Unter den Heranwachsenden liegt der Missbrauch psychoaktiver Arzneimittel relativ hoch. Etwa neun Prozent von ihnen haben im vergangenen Jahr ohne Rezept Medikamente mit sedativer oder hypnotisierender Wirkung eingenommen. Das positioniert Tschechien im europäischen Vergleich auf einem der vordersten Plätze.“
Bei den illegalen Drogen wiederum stehe eindeutig Cannabis an erster Stelle:
„Ein Viertel bis ein Drittel der erwachsenen Tschechen haben schon einmal Cannabisprodukte zu sich genommen. Und fast ein Zehntel der Bevölkerung ab 15 Jahren hat im vergangenen Jahr solche Produkte genutzt.“
Unter den sogenannten harten Drogen überwiegt im Übrigen weiterhin Crystal Meth, das hierzulande Pervitin heißt – und das bei relativ gleichbleibenden Nutzerzahlen.
Das Problem angesichts solchen Missbrauchs von legalen und illegalen Drogen: Die Möglichkeiten der Behandlung von Sucht und ihren Folgen sind in Tschechien nur unzureichend ausgebaut. Dazu die Leiterin des Referats Antidrogenpolitik bei der tschechischen Regierung, Lucia Kiššová:
„Das Netz an Suchtkliniken und weiteren Anlaufstellen ist weiterhin unterdimensioniert. Es müssen fehlende Hilfseinrichtungen aufgebaut und die Gelder aufgestockt werden.“
In ihrem Programm hat die tschechische Regierung eigentlich versprochen, genügend Finanzen für Therapiemöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.