Reaktion auf Angriffe gegen zivile Ziele: Tschechien verbietet Russen mit Touristenvisa Einreise
Viele Möglichkeiten hat Tschechien nicht, auf die russischen Angriffe gegen zivile Ziele in der Ukraine zu reagieren. Aber die Regierung in Prag hat sich am Mittwoch zu einer wenigstens symbolischen Maßnahme entschlossen: So dürfen Russen mit Touristenvisa nicht mehr von außerhalb des Schengenraums einreisen. Zugleich erleichtert das Kabinett den Aufenthalt für Studierende aus der Ukraine und Belarus im Land.
Es war eine unstrittige Entscheidung in der tschechischen Regierung: Ab 25. Oktober dürfen Russen mit Visa für touristische Aufenthalte, Geschäftsreisen, Sport- und Kulturveranstaltungen nicht mehr von außerhalb des Schengenraums ins Land einreisen. Das betrifft vor allem jene, die auf dem Václav-Havel-Flughafen landen. Laut den aktuellen Daten sind es rund 200 Personen am Tag. Außenminister Jan Lipavský (Piraten) erläuterte bei der Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung:
„Vergleichbare Maßnahmen haben bereits unsere Verbündeten in Finnland, Polen und in den baltischen Staaten eingeführt. Sie haben gute Gründe dafür. Mittlerweile bekennt sich das russische Regime offen und skrupellos dazu, zivile Ziele zu bombardieren. Man versucht sich gar nicht herauszureden, dass dies ein Versehen gewesen wäre. In einer solchen Lage können wir die Augen nicht mehr verschließen und müssen Maßnahmen ergreifen, die eine klare Nachricht an die Russische Föderation enthalten.“
Der Kreml bezeichnet die jüngsten Bombardements hingegen als „Vergeltungsschläge“. Seit Montag greift das russische Militär dabei zivile Ziele in Kiew, aber auch in weiteren ukrainischen Städten wie Lviv / Lemberg oder Dnipro mit Raketen an.
Bereits einen Tag nach dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine am 24. Februar hatte die tschechische Regierung beschlossen, an Russen keine Visa mehr auszustellen. Die neue Maßnahme führt dies nun ein Stück weiter und ist symbolisch zu verstehen. Sie betrifft auch nur die Einreise von außerhalb des Schengenraums, wie Innenminister Vít Rakušan (Stan) am Mittwoch betonte:
„Falls ein Bürger der Russischen Föderation von der Außengrenze des Schengenraums nach Tschechien kommt, wird er zurückreisen müssen in sein Herkunftsland. Oder er kann vom Flughafen aus in ein anderes Land weiterfliegen, wenn er nicht tschechischen Boden betritt.“
Innerhalb der EU herrscht im Übrigen keine Einigkeit über ein Einreiseverbot für russische Staatsbürger. Als im August und September darüber beraten wurde, dies europaweit einzuführen, stellte sich unter anderem auch Deutschland dagegen.
Während Tschechien also restriktiv gegen russische Besucher vorgeht, öffnet sich das Land für Studierende aus der Ukraine und Belarus. Erstere können schon jetzt tschechische Hochschulen besuchen. Neu wird für sie, dass sie ein mehrjähriges Visum beantragen können, um hierzulande zu studieren. Das soll laut Lipavský besonders jungen Geflüchteten mehr Sicherheit geben.
„Auch mit der vorübergehenden Duldung als Kriegsflüchtlinge können sie in Tschechien studieren. Doch diese Duldung hat nur kurzfristigen Charakter. Falls die Ukrainer also an einer hiesigen Hochschule ein Studium aufnehmen, leben sie in einer gewissen Unsicherheit. Denn sie haben eben bisher nicht das mehrjährige Visum zum Studienaufenthalt“, so der Außenminister.
Tschechien ist zudem ein Ziel für Studierende aus Belarus. Allerdings hat Prag auch die Vergabe von Visa für Bürger aus diesem Land gestoppt, weil das Regime in Minsk den russischen Krieg gegen die Ukraine unterstützt. Ausnahmen bestehen nur für Familienangehörige von Tschechen und Bürgern der EU, die hierzulande leben. Ebenso dürfen Verfolgte der jeweiligen Regimes aus Russland und Belarus einreisen. Nun wurde eine weitere Ausnahme beschlossen:
„Belarussische Studierende, die über ein Stipendium verfügen, das von einer tschechischen Institution bewilligt wurde, können ein Visum beantragen und zum Studium hier herkommen. Wir werden uns anschauen, wie dies funktioniert. Es ist jedenfalls ein erstes Entgegenkommen unsererseits gegenüber der Jugend in Belarus“, erläuterte Lipavský.
Tschechische Universitäten haben vergangenes Jahr begonnen, Stipendien an belarussische Studierende zu vergeben, die vor dem Regime von Alexander Lukaschenko geflohen sind. Im Wintersemester 2021 nutzten insgesamt 113 Studenten und Studentinnen von dort dieses Hilfsprogramm.
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