Kleine Wohnungen ohne WC: Geflüchtete Ukrainer leben in Tschechien oft in schlechten Bedingungen
Vor fast einem halben Jahr kam es zum Überfall Russlands auf die Ukraine. Über 400.000 Geflüchtete aus dem Land haben seitdem in Tschechien ein Spezialvisum erhalten. Aber wie sind die Menschen hierzulande untergebracht? Damit hat sich nun eine Studie auseinandergesetzt.
Durchgeführt wurde die Untersuchung vom Meinungsforschungsinstitut Paq Research und der tschechischen Akademie der Wissenschaften. Von den 1300 befragten ukrainischen Haushalten gab die Hälfte der Befragten an, dass sie dank tschechischer Privathaushalte eine Bleibe gefunden hätte. Das heißt, dass die Tschechen entweder freie Wohnungen oder getrennte Bereiche von Wohnhäusern zur Verfügung gestellt haben, oder sich mit den Geflüchteten eine Wohneinheit teilen. Kleinere Familien und Menschen ohne Kinder kamen stattdessen öfter in Hotels oder einfachen Pensionen unter. 20 Prozent der Ukrainer antworteten, sie hätten selbst eine eigene Wohnung mieten können. Martina Kavanová hat an der Untersuchung mitgewirkt. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks erklärt sie, warum viele Ukrainer in Privatwohnungen von Tschechen untergekommen sind:
„Das liegt vor allem daran, dass die Unterstützung am Anfang 3000 Kronen (120 Euro, Anm. d. Red.) pro aufgenommene Person betrug. Dadurch wurde ein Anreiz geschaffen, eher große Familien aufzunehmen. Das Problem sind dann aber die Wohnumstände, also etwa, dass es nicht genügend Wohnraum gibt pro Kopf.“
Die von Kavanová erwähnten mangelnden Wohnumstände sind leider der Normalfall. Nur ein Viertel der Befragten kann sich über eine Wohnung auf normalem Niveau freuen. Das heißt etwa auch, dass ein eigenes Bad mit WC zur Verfügung steht. Bei den meisten sieht es anders aus:
„Fast die Hälfte der Geflüchteten lebt zwar in Wohnungen, aber in solchen, die nicht die grundlegenden Standards erfüllen. Das heißt, es gibt zum Beispiel keine ausreichende Privatsphäre. Ein Drittel wohnt in Unterkünften wie in Hotels oder einfachen Pensionen. Ein ganz minimaler Anteil lebt in Notunterkünften.“
Die Autoren der Studie schlagen deshalb vor, dass der staatliche Beitrag mit einer steigenden Anzahl aufgenommener Personen sinken sollte. Und dies ist mittlerweile tatsächlich der Fall. Für die erste aufgenommene Person aus der Ukraine bekommen tschechische Haushalte nun zwar 5000 Kronen (200 Euro), für die zweite jedoch nur noch 4000 Kronen (160 Euro), für die dritte 3000 Kronen (120 Euro) und so weiter. Wenn man sich zusammen den Haushalt teilt, fällt die Unterstützung zudem geringer aus.
Magda Faltová sieht aber noch ein weiteres Problem. Sie ist die Direktorin des Vereins für Integration und Migration. Vor allem fehle ein System, das zeige, wo freie Wohnungen verfügbar seien, meint Faltová. Das bezieht sich besonders auf Gegenden außerhalb des überfüllten Prags.
„Die Menschen könnten irgendwo anders eine würdevollere Wohnung bekommen“, sagt Faltová. „Sie haben aber keine Möglichkeit, sich darüber zu informieren. Den Sozialarbeitern ist es ohne die Unterstützung des Staates in Form von Informationsweitergabe nicht möglich, eine solche zu Datenbank erstellen.“
Die Meinungsforscher schlagen des Weiteren vor, dass die Gemeinde oder der Staat gegenüber den Vermietern für eventuelle Risiken haften sollten. So könnten weitere Eigentümer dazu gebracht werden, Geflüchteten ihre Wohnung anzubieten. Eine derartige Vorkehrung ist laut dem Minister für Regionalentwicklung Ivan Bartoš (Piraten) im geplanten Gesetz über den Zugang zu Wohnraum auch vorgesehen:
„Wir möchten den Menschen anbieten, ihre Wohnung in einen verwalteten Fonds einzutragen. Bereits jetzt gibt es ja die Möglichkeit, eine Wohnung an einen privaten Fonds zu übertragen, durch den dann die Vermietung geregelt wird. Auch Immobilienbüros kümmern sich um Verkauf oder Vermietung von Wohnungen. Unser Gesetz könnte ähnlich funktionieren, nur ohne den kommerziellen Aspekt eines Maklers, der ja beispielsweise eine Monatsmiete einbehält.“
Doch wann das Gesetz über den Zugang zu Wohnraum verabschiedet werden soll, ist derzeit noch unklar. Ivan Bartoš hofft, dass es innerhalb der nächsten zwei Jahre so weit sein könnte.
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