Reaktionen auf die Rede des Präsidenten Vaclav Havel
Mit seiner feierlichen Rede anlässlich des tschechischen Nationalfeiertags am 28. Oktober hat Präsident Vaclav Havel wieder einmal für negative Reaktionen im tschechischen politischen Spektrum gesorgt. Dagmar Keberlova berichtet.
Zwei Repräsentanten der Demokratischen Bürgerpartei ODS beschuldigten den tschechischen Präsidenten des Missbrauchs des Staatsfeiertags für solche Überlegungen. Der Parlaments- und ODS Chef Vaclav Klaus, den Havel indirekt kritisierte, äußerte seine Trauer, die bei ihm die Rede von Vaclav Havel hervorgerufen hätte. Havel warnte unter anderem auch davor, dass in der tschechischen Gesellschaft wieder die dunklen Seiten ihrer kommunistischen Vergangenheit auftauchen. Der stellvertretende Vorsitzende der ODS Ivan Langer bezeichnete den Auftritt des Präsidenten als eine "Ansprache des alternden Monarchen, der vor seine Untertanen als Sittenrichter hervortrat." Indem der Präsident diesen Anlass nutze, um offene Rechnungen mit seinen Ideengegnern zu begleichen, habe er den Nationalfeiertag entwertet, so Langer
Des weiteren schlossen sich die Kommunisten sowie der Premier Milos Zeman der Kritik an. Vertreter anderer Parteien haben die Ansprache von Vaclav Havel hoch eingeschätzt. Der sozialdemokratische Abgeordnete Lubomir Zaoralek betrachte die Ansprache als einen sehr guten Beitrag zu den Feierlichkeiten am 28. Oktober. Die Ablehnung der technokratischen Beziehung zu der Welt und die Forderung nach Raum für Kritik und freie Meinungsäußerung gehöre zu den Aufgaben des Staatspräsidenten. Der Chef der Viererkoalition Karel Kühnl unterstrich die Tatsache, dass der Präsident die Bewältigung der Vergangenheit aus einem anderen Blickpunkt behandelte. Wenn die Gesellschaft mit dieser Form des kommunistischen Erbes nicht zu Recht kommt, so Kühnl, wird sie mit der kommunistischen Vergangenheit an sich nicht zu recht kommen. Der Senatschef Petr Pithart identifiziert sich mit den Ansichten des Präsidenten über die bürgerliche Gesellschaft, diese würden seiner Meinung nach allerdings falsch verstanden.