Reden nach Zeit: Tschechin und Deutscher gewinnen „Jugend debattiert international“
Am 23. August 1939 reichten sich Hitler und Stalin die Hände. Ihr Pakt war beschlossen. Soll der Tag nun europäischer Gedenktag für die Opfer totalitärer und autoritärer Regime werden? Über diese Frage haben sich europaweit Politiker die Köpfe zerbrochen. Wie sollen da erst Schüler eine Antwort finden? Die vier Finalisten des Wettbewerbs „Jugend debattiert international“ haben es versucht. Dabei ging es nicht um die Lösung. Eine Jury bewertete sie vielmehr nach Sachkenntnis, Ausdrucksvermögen, Gesprächsfähigkeit und Überzeugungskraft.
„Aber ein guter Redner kann beides: Er kann gut reden und vergisst den Inhalt nicht“, das meint der 19-jährige Maximilian Behrens aus Deutschland.
Maximilian gewann zusammen mit der Tschechin Jitka Rutrlova das Finale des Wettbewerbs „Jugend debattiert international“. Der Wettbewerb startete 1999 in Deutschland. Seit 2005 wird er international durchgeführt, mit Schulen aus Mittel- und Osteuropa. Diskutiert wird auf Deutsch, über aktuelle Fragen aus Politik und Gesellschaft. Soll der 23. August europäischer Gedenktag für die Opfer totalitärer und autoritärer Regime werden? Darüber debattierten die Finalisten am vergangenen Freitag im Prager Musikmuseum. Das Los entscheidet, ob der Debattant pro oder kontra vertritt. Siegerin Jitka Rutrlova sollte für den Gedenktag argumentieren:
„Dieses Thema liegt mir sehr nahe, da die tschechische Republik unter dem faschistischen Regime und 40 Jahre unter dem Kommunismus gelitten hat. Da habe ich mir auch persönlich Gedanken gemacht. Ich schaue meistens nur auf das Thema, was jetzt besser für mich ist, pro oder kontra, wo die stärkeren Argumente sind. Aber bei diesem Thema war ich mir von Anfang an sicher, ich bin dafür und will es vertreten.“
Maximilian Behrens sah das anders und vertrat auch in der Debatte die Kontra-Seite:
„Es geht vielmehr darum, dass Trauer immer sehr subjektiv ist und dass ich fürchte, dass so ein Tag eher spaltet. Und dass man gerade in dem Einigungsprozess eine gemeinsame Basis finden muss, mit der man in die Zukunft schaut.“
Was im Wettbewerb zählt ist allein die Qualität der Argumentation. Und für die hat jeder nur begrenzt Zeit: zwei Minuten Eröffnungsrede, zwölf Minuten für die gemeinsame freie Aussprache, eine Minute Schlusswort. Die Diskussionen sind ein Spiel. Dennoch nehmen die Kandidaten etwas daraus mit. Jitka konnte ihre Sprachkenntnisse verbessern und hofft, dass es ihr im Jura-Studium helfen wird. Nur ihren Freunden geht diese Redegewandheit manchmal auf die Nerven:
„Meine Freunde wissen, dass ich teilnehme und wollen mit mir im normalen Leben, in der Kneipe beim Bier, nicht mehr debattieren. Sie sagen immer: Mit dir werden wir uns nicht unterhalten. Du bist zu gut dafür.“