Tschechiens Jugend debattiert wieder auf Deutsch
Am Donnerstag wurde das tschechische Landesfinale von „Jugend debattiert international“ ausgetragen. Die vier besten deutschsprachigen Debattantinnen und Debattanten haben zum Thema „Sollen Abgeordnete jederzeit geheim abstimmen dürfen?“ gestritten.
„Es war meine Entscheidung. Bei uns an der Schule gibt es eine AG ‚Jugend debattiert‘. Ich fand Debattieren immer schön, und es hat mir Spaß gemacht. Also dachte ich mir, warum nicht.“
Das Thema der Finaldebatte hieß „Sollen Abgeordnete jederzeit geheim abstimmen dürfen?“. Wie finden Sie dieses Thema?
„Am Anfang nicht so gut, weil wir dazu nicht viele Pro-Argumente gefunden haben. Aber mit der Zeit, nachdem wir das Thema immer mehr debattiert hatten, ist das Bild klarer geworden. Jetzt kann ich sagen, dass es gut war.“
Sie haben in der Debatte die Position „contra“ zugewiesen bekommen. Das bedeutet, Sie haben sich dafür ausgesprochen, dass Parlamentarier nicht immer geheim abstimmen sollen. Ist das auch im echten Leben Ihre Meinung?„Ja, ‚contra‘ ist auch meine persönliche Position. Ich glaube, in der Politik muss es Transparenz geben. Die Menschen, die wählen, sollen die Möglichkeit haben, die Politiker jederzeit zu kontrollieren, sie zu kritisieren. Es gehört einfach zu unserer Demokratie.“
War es für Sie in der Debatte einfacher, dass Sie Ihre eigene Meinung verteidigt haben?
Wie haben Sie sich auf die Debatte vorbereitet? Haben die vier Finalisten das Wortgefecht gemeinsam geplant?
„Wir hatten einen großen Vorteil, denn zwei von den Finalisten sind meine Mitschüler. Also haben wir das in der Schule, in der AG gemacht, alle zusammen. Die Vorbereitung war etwa, dass wir erst recherchiert und dann über das Thema debattieren haben. Mit der Zeit hatten wir immer mehr Argumente, wir haben die Sachverhalte immer besser verstanden und jetzt sind wir praktisch Experten auf diesem Gebiet.“
3000 Schülerinnen und Schüler von 180 weiterführenden Schulen in zwölf Ländern Mittel- und Osteuropas nehmen in diesem Jahr an Jugend debattiert international teil. Maja Konstantinović ist Projektleiterin des gesamten Wettbewerbs. Sie hat schon die Finalrunden in mehreren Ländern erlebt:
„Es ist ganz schwer, die Nationalwettbewerbe zu vergleichen, weil die Themen nicht identisch sind. In jedem Land wird im Finale zu einem anderen Thema debattiert. Mal sind die Fragestellungen relativ abstrakt, ein anderes Mal sind sie direkt aus Lebenswelt der Schüler gegriffen. Dementsprechend unterschiedlich waren die Debatten auch. Ich würde sagen, dass die Schüler heute, obwohl das Thema ein sehr komplexes und gesellschaftlich relevantes war, die Debatte sehr gut gemeistert haben. Obwohl das vielleicht nichts ist, was sie sonst in ihrem Alltag beschäftigen würde.“
Von wem werden die Themen zum Debattieren bestimmt?
„Das ist auch von Land zu Land unterschiedlich. Normalerweise gibt es einen Themen-Pool, aus dem man auswählen kann. Dann kommen jedes Jahr aktuelle Themen dazu. Es werden aus jedem Land sechs Themenvorschläge von dem Landeskoordinator ausgewählt, die gehen an den Lenkungsausschuss, der entscheidet, welches Thema im Halbfinale und im Finale debattiert wird. Dabei werden in Betracht gezogen die Aktualität, die gesellschaftliche Relevanz und auch, wie gut sie debattierbar sind. Das heißt dass die Argumente pro und contra ausgewogen sind, dass es nicht unfair wird.“
Die vier Finalisten, die wir im Finale gehört haben, haben schon mehrere Runden überstehen müssen. Wie läuft der Wettbewerb von Anfang an?„Am Anfang wird im Klassenverbund debattiert. Die Schüler nähern sich langsam dem Debattieren an und lernen, wie eine Debatte aussieht. Dann wird in der Klasse debattiert, wobei man die vier besten aus der Klasse bestimmt. Dann gibt es eine Schuldebatte, wo die vier Sieger aus der Schule ausgewählt werden. Und dann wird in Schulverbünden debattiert, die nach Regionen aufgeteilt sind. Aus dem Schulverbundfinale kommen die sechzehn Besten zur Landesqualifikation. Und aus dieser kommen die acht Besten, die zu einem Siegertraining fahren. Dieses Siegertraining findet immer in Deutschland statt, zusammen mit deutschen Debattanten. So dass sich die tschechischen Teilnehmer da auch gemeinsam mit den deutschen Teilnehmern austauschen können, und ein intensives Training von professionellen Trainern kriegen. Und danach finden zunächst das Halbfinale und dann das Finale statt. Und danach geht es weiter zum internationalen Finale, das jedes Jahr in einem der teilnehmenden Länder stattfindet.“
Hat Sie eine der Leistungen heute hier besonders überzeugt?
„Ich halte mich da als Projektleiterin immer sehr neutral. Aber mich hat eigentlich überrascht, dass es immer wieder Schüler gibt, die vielleicht beim Schulverbund noch gerade so weiterkommen und sich später dann so sehr steigern. Es passiert immer wieder, dass jemand, den man im Halbfinale nicht so stark findet, dann in der Finaldebatte ganz anders ist. Oder umgekehrt. Insgesamt kann ich aber sagen, dass ich mit der Jury-Entscheidung sehr zufrieden bin. Ich war ganz begeistert von der Leistung von David Gerasimov.“Der Sieger David Gerasimov wird gemeinsam mit dem Zweitplatzierten Jiří Štráberger, beide aus der Deutschen Schule Prag, Tschechien bei der XIII. Internationalen Finalwoche im Oktober in Budapest vertreten.
„Jugend debattiert international“ ist ein Projekt des Goethe-Instituts, der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung und der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen.