Regierung entschuldigt sich für widerrechtliche Sterilisierung von Roma-Frauen
„Wir wollen Kinder!“ oder „Sterilisiert Gurken, aber keine Frauen!“ war im Jahr 2006 auf den Plakaten protestierender Roma-Frauen zu lesen. Bereits sechs Jahre kämpfen sie darum, dass das Unrecht, das an ihnen begangen wurde, öffentlich thematisiert wird. Sie wurden sterilisiert, ohne vorher ausreichend darüber informiert worden zu sein. Nun hat sich die tschechische Regierung offiziell entschuldigt. Dazu ein Beitrag von Iris Riedel.
„Ich denke, dass gerade diese Übergangsregierung, die frei von parteipolitischen Ambitionen ist, sich damit beschäftigen sollte. Wir haben das als Problem gesehen und es einfach als notwendig erachtet, in dieser Frage unseren Standpunkt zu formulieren.“
Aber um welches Problem handelt es sich eigentlich? In den Jahren 1959 bis 1991 hatten Ärzte in Tschechien Roma-Frauen nach der Geburt ihres Kindes sterilisiert. Denn gerade Roma-Familien sind bekannt für ihren Kinderreichtum und sie kämpfen häufig mit sozialen Problemen. Den Frauen wurde kurz vor oder nach der Geburt eine Zustimmungserklärung zur Sterilisierung vorgelegt, die sie unterschreiben sollten. Das passierte auch Helena Ferenčíková:
„Ich hatte Schmerzen, also habe ich das einfach unterschrieben. Niemand hat mir erklärt, worum es ging und dass ich nie wieder Kinder haben werde.“
Helena Ferenčíková realisierte erst später, was sie unterschrieben hatte. Sie ging vor Gericht und erreichte 2007 einen ersten Erfolg: Der obere Gerichtshof in Olmütz gestand ihr eine Entschuldigung zu, nicht aber eine Entschädigung. Darauf hoffen nun aber mehrere Dutzend Frauen, die dasselbe Schicksal wie Helena Ferenčíková ereilte. Wie viele es eigentlich sind, weiß man nicht. Aber beim Ombudsmann der Regierung gingen rund 80 Beschwerden sterilisierter Frauen ein.
Tschechien ist das dritte Land nach der Schweiz und Schweden, welches die Sterilisierung von Roma-Frauen offiziell thematisiert hat. In Schweden wurden Entschädigungen gezahlt. In Tschechien wird das nicht ausgeschlossen. Der Minister für Menschenrechte und Minderheiten, Michael Kocáb:
„Natürlich ist der Zeitpunkt – mitten in der Finanzkrise – ungünstig. Das könnte sich kontraproduktiv auswirken. Ich denke aber, dass die Regierung darauf zurückkommen wird.“
Nun sollen Sterilisierungen nur noch vorgenommen werden, wenn die Frauen ausreichend und in Ruhe über die Folgen aufgeklärt wurden. Der Arzt darf nur dann eigenmächtig über eine Sterilisierung entscheiden, wenn die Gesundheit oder das Leben der Patientin akut bedroht sind.