Rekorddurchfallquote bei Abiturprüfungen – auch wegen Fremdsprache Deutsch
So schlecht waren die tschechischen Abiturienten noch nie, seit vor vier Jahren die zentrale Reifeprüfung eingeführt wurde: Fast 19 Prozent der Schülerinnen und Schüler sind dieses Jahr durchgefallen. Die größten Probleme bereitete dabei das Fach Mathematik – aber auch die Fremdsprache Deutsch. Bildungsminister Marcel Chládek will nun die Abiturprüfungen ändern.
Chládek will deswegen auch die Sprachdidaktik einer Prüfung unterziehen lassen. Denn Neuntklässler sind im tschechischen Schulsystem der letzte Jahrgang der Grundschulen, die Elftklässler der zweite Jahrgang an der Mittelschule.
Zusammengerechnet haben die Ergebnisse in den einzelnen Fächern zur höchsten Durchfallquote geführt seit der Einführung des Zentralabiturs im Jahr 2011. Es sind 18,7 Prozent der gut 70.000 Prüflinge, die nicht bestanden haben. Bildungsminister Marcel Chládek:„Ich sehe nicht, dass die Verschlechterung das Hauptproblem ist. Denn 2012 hatten auch bereits 18,2 Prozent der Schüler das Abitur nicht bestanden. Gerade die anhaltend hohe Durchfallquote halte ich für problematisch. Hier besteht eine geringe Effektivität der Gelder, die der Staat für Bildung ausgibt.“
Als schon im Mai die desaströsen Mathe-Ergebnisse bekannt wurden, hatte Chládek gleich begonnen, über Reformen nachzudenken. Nun äußerte der Sozialdemokrat erneut seine Zweifel daran, dass wirklich jeder Mittelschüler mit dem Abitur abschließen müsse. Hintergrund ist das tschechische Schulsystem. Neben den Gymnasien gibt es nämlich auch zahlreiche Mittelschulen mit fachlicher Ausrichtung wie zum Beispiel Elektrotechnik oder Chemie. Und genau für sie will Chládek eine andere Art des Abschlusses finden.
Doch nicht alle Fachleute stimmen mit dem Ressortleiter überein. Ondřej Šteffl leitet das Bildungsberatungsinstitut Scio:„Wir sind wohl eines der wenigen Länder der Erde, das sich um schlechtere Bildung für die Massen bemüht. Wir wissen doch gar nicht, was in 20 oder 30 Jahren an Bildung gebraucht wird. Wir schauen ständig darauf, was war und was heute ist. Die Schüler, die aber jetzt ihr Abitur ablegen, werden 2045 am Gipfel ihrer Arbeitskraft angelangt sein. Wir sollten ihnen mit einer guten Allgemeinbildung wenigstens die Chance geben, sich auch später einmal umschulen zu lassen und vielleicht studieren zu gehen.“
Šteffl plädiert deswegen dafür, eher das Niveau der Abiturprüfungen anzupassen. Außerdem weist er darauf hin, dass laut internationalen Studien die tschechischen Kinder vergleichsweise wenige Probleme mit Mathematik, dagegen aber größere Schwierigkeiten mit dem Textverständnis in der eigenen Sprache haben. Diese Erkenntnis stehe in krassem Widerspruch zu den Ergebnissen der Abiturprüfungen, so Šteffl.