Rückkehr nach 80 Jahren: Die Barockglocke von Píšť

Rückkehr der Barockglocke von Píšť

Während des Zweiten Weltkriegs haben die Nationalsozialisten hierzulande viele Kirchenglocken beschlagnahmt. Dies war auch der Fall der Barockglocke aus der Gemeinde Píšť im Mährisch-Schlesischen Kreis. Meist wurde aus ihnen dann Material für die Rüstungsindustrie gewonnen. In Píšť war das jedoch anders. Deswegen konnte die Glocke nach rund 80 Jahren wieder an die örtliche Pfarrei zurückgegeben werden.

Laurentius-Kirche in Píšť | Foto: Vladimír Pryček,  ČTK

Píšť ist eine der ältesten Gemeinden in der Gegend von Opava / Troppau. Dominante des Ortes ist die Laurentius-Kirche, die aus dem 18. Jahrhundert stammt. Eine 91jährige Bewohnerin des Ortes kann sich noch an den traurigen Tag erinnern, als die Kirchenglocken beschlagnahmt wurden.

„Ich war 14 Jahre alt. Draußen standen viele Menschen und weinten. Sie sagten: ,Hitler nimmt uns die Glocken, die mit ihrem Klang den Beginn der Messe bei uns verkünden.‘“

Foto: Vladimír Pryček,  ČTK

Nun freut sich die Zeitzeugin darüber, die Rückgabe der Glocke zu erleben. Zuletzt hing diese in der Kirche von Grötzingen bei Stuttgart. In der Diözese Rottenburg-Stuttgart hatte man irgendwann festgestellt, dass einige Glocken ursprünglich aus dem heutigen Tschechien und Polen stammen. Deswegen entschloss man sich zur Rückgabe. Dies geschieht im Rahmen des Projekts „Friedensglocken für Europa“. Den Anfang hat die Barockglocke von Píšť gemacht.

In den Nachkriegsjahren war ein Teil der beschlagnahmten Glocken an deutsche Städte verteilt worden. So hängt die zweite Glocke aus Píšť in der Kirche von Sulz am Neckar. Dort soll sie als Geste der Versöhnung auch weiterhin bleiben. Daniel Fichna (parteilos) ist Bürgermeister von Píšť. Er übergab zusammen mit weiteren Mitgliedern der Pfarrei die Glocke symbolisch an die Gemeinde im Schwäbischen.

„Unsere Glocke von 1743 wird weiterhin in Sulz am Neckar hängen. Und das beinahe älteste Artefakt aus unserer Gemeinde, die Glocke von 1649, wird wieder bei uns läuten. Dass eine der Glocken in Deutschland bleibt und die andere zurückkehrt, halte ich für das Schönste daran.“

Foto: Tschechisches Fernsehen

Laut dem Bürgermeister besitzt die zurückgebrachte Glocke einen großen historischen Wert. Neben der Monstranz von 1609 ist sie das älteste Kunstwerk in Píšť. Bald muss jedoch der technische Zustand des guten Stücks überprüft werden. Tomáš Hejda ist Experte dafür in der Diözese Ostrau-Troppau:

„Wir wissen, dass die Glocke fast 500 Jahre alt ist. Sie hing in verschiedenen Türmen. Die beschlagnahmten Glocken sind nicht immer entsprechend pfleglich behandelt worden, sodass diese etwas beschädigt wurde.“

Martin David | Foto:  ČT24

Zunächst wird die Glocke etwa sechs Monate lang im Presbyterium der Laurentius-Kirche ausgestellt. Erst dann wird darüber entschieden, ob sie wieder im Kirchturm hängen kann. Das Projekt läuft währenddessen weiter. So sollen in nächster Zeit noch fünf weitere Glocken an die Diözese zurückgegeben werden, merkte der Bischof von Ostrau-Troppau, Martin David, an.

„Die Pfarrei von Píšť war die erste, die ihre Glocke zurückbekam. Es werden dann die Pfarreien von Oldřišov und Věřňovice sowie weiterer Orte folgen.“

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Autoren: Martina Schneibergová , Martin Knitl
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