Rückkehr nach „nur“ 45 Jahren - Wolf Biermann in Prag

Der Liedermacher Wolf Biermann (Foto: ČTK)

Es ist eine Geschichte, von der nur wenige wissen. Der Liedermacher Wolf Biermann und Prag waren vor Jahrzehnten eng miteinander verbunden. Eine Reise an die Moldau Mitte der 60er Jahre kam auch aufgrund seiner Freundschaft mit dem Liedermacher Jiri Suchy zustande. Nach 45 Jahren kehrte Biermann nun nach Prag zurück und zwar auf Einladung des 19. Prager Schriftstellerfestivals, das vom 7.-11. Juni stattfand.

Der Liedermacher Wolf Biermann  (Foto: ČTK)
Er sollte zum Mittelpunkt des 19. Prager Schriftstellerfestivals werden. Wolf Biermann, der Dichter und Liedermacher, einer der mundtot gemachten Helden des Kalten Krieges. Stattdessen musste der Präsident des Festivals, Michael March, zum Auftakt des Festivals in der Laterna Magika in Prag verkünden: Wolf Biermann ist erkrankt. Bis zuletzt wusste man nicht, ob der 1936 in Hamburg geborene Protestsänger Biermann beim Abschlussabend auftreten wird. Doch dann kam er und sang vor etwa 400 Besuchern neue und bekannte Lieder:

Doch Wolf Biermann sang nicht alleine. Vor über 45 Jahren hatte er in Berlin Freundschaft mit dem tschechischen Dichter, Liedermacher und Kabarettisten Jiří Suchý geschlossen. Aus dieser Freundschaft erwuchs in kurzer Zeit eine produktive Zusammenarbeit. Wolf Biermann übersetzte die Lieder Jiří Suchýs, Jiří Suchý wiederum die Texte von Wolf Biermann. Doch die SED-Schikane gegen Wolf Biermann; zunächst Ausreiseverbot, dann Zwangsausweisung nach Westdeutschland, verhinderten die weitere Zusammenarbeit. In den 8 000 Seiten, die die Staatssicherheit von Wolf Biermann angefertigt hatte, fand er nach der Wende einen Brief von Jiří Suchý: „Warum schreibst du mir nicht mehr?“ fragt dieser. Biermann konnte nicht antworten. Die Stasi hatte die Briefe abgefangen. Nun, nach 45 Jahren standen beide wieder zusammen auf der Bühne. Sie sangen gemeinsam in deutsch und tschechisch eines der bekanntesten Lieder Biermanns: Soldat, Soldat.

Wolf Biermann ließ sich das unverhoffte Glück des Wiedersehens anmerken. Er erinnerte das Publikum aber gleichzeitig an die tragischen Lebensmomente, die ihn mit Prag verbinden. Der jüdische Friedhof in Prag inspirierte ihn zu einem Lied, das er seinem verstorbenen Vater gewidmet hat. Sein Vater war in Auschwitz ermordet worden.

Das Konzert von Wolf Biermann in Prag war etwas Außergewöhnliches. Biermann durchschritt mit den Zuschauern die Tiefen und Höhen des vergangenen Jahrhunderts - und war doch im Hier und Jetzt präsent. Wolf Biermann wurde so am Ende doch zum Mittel- und Höhepunkt des Prager Schriftstellerfestivals.

Autor: Anne Lungova
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