Sargnagel fürs Netz? Urheberrecht wird reformiert

Foto: Jana Burczyk

Die EU möchte das Urheberrecht im Internet stärken. Am Dienstag hat das Europaparlament eine entsprechende Richtlinie abgesegnet. Deren Wortlaut ist aber umstritten, weswegen am Samstag europaweit Hundertausende Bürger gegen den Entwurf demonstrierten. So auch in Prag.

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Mitten auf dem Palacký-Platz steht ein hölzerner Sarg; an dessen Kopf- und Fußende zwei Blumenkränze. Symbolisch soll hier das freie Internet zu Grabe getragen werden. Denn gerade dessen Ableben fürchten Kritiker durch die neue EU-Richtlinie. Diese verlangt von Plattformen wie YouTube, dass Inhalte gar nicht erst hochgeladen werden können, sollten sie Urheberrechte verletzen. Bisher kann auf den Plattformen jeder Nutzer beliebige Inhalte zur Verfügung stellen. Verstöße können aber gemeldet und die entsprechenden Beiträge gesperrt werden. Auch Mikuláš Peksa von den Piraten kritisiert den Gesetzestext. Er ist Spitzenkandidat der Partei bei den Europawahlen im Mai.

„Die neue Richtlinie ist eine große Gefahr für das Internet in Europa. Damit wird eine kostspielige Zensur eingeführt, die besonders kleinen Firmen schadet.“

Um die Vorgaben erfüllen zu können, müssen Unternehmen nämlich auf sogenannte Uploadfilter setzen. Das sind Algorithmen, die neue Inhalte auf Ähnlichkeiten zu geschütztem Material prüfen und diese gegebenenfalls blockieren. Das bevorzugt jedoch die Giganten auf dem Markt, auf deren Algorithmen kleinere Konkurrenten angewiesen sein könnten.

Mikuláš Peksa  (Foto: Jana Burczyk)
„Die Uploadfilter sind eine teure Technologie. Große Firmen können sich sowas leisten und relativ leicht umsetzen. Aber kleinere Unternehmen sind dann entweder abhängig von beispielsweise Google, oder können die Vorgaben der Richtlinie nicht erfüllen“, erklärt Mikuláš Peksa.

Außerdem bemängeln Kritiker, dass auch satirische Inhalte von den Filtern blockiert werden könnten. Das kritisiert auch der Pirat Peksa:

„Für die Uploadfilter braucht man künstliche Intelligenz. Diese kann aber auch Fehler machen und zum Beispiel eine politische Parodie verbieten, weil sie stark an das Original erinnert.“

Die EU habe nichts aus dem Brexit gelernt, ärgert sich der Politiker. Ein Europa, das nur für die Großen arbeite, könne nicht funktionieren.

Demonstrierende  (Foto: Jana Burczyk)
Anders sehen das aber die Autoren und Verlage in Tschechien, diese befürworten den Beschluss nämlich. Man bekomme von den großen Internetkonzernen endlich das, was einem zustehe, meint beispielsweise Václav Mach vom Herausgeberverband:

„Die großen Plattformen saugen massive Profite aus ihrer Werbung. Damit sinken aber die Werbeeinnahmen der Verlage. Diese sind jedoch wichtig, damit die Herausgeber überhaupt auf dem Markt bestehen können.“

Auch die tschechische Regierung steht hinter dem Text. Das Kulturministerium sieht sich damit auf der Seite der Autoren. Ressortsprecherin Petra Hrušová bestätigte das in einer E-Mail gegenüber Radio Prag, Zitat:

Internet-Sarg  (Foto: Jana Burczyk)
„Die Richtlinie ist eine ausgewogene Lösung, die das Urheberrecht in der EU harmonisiert. Sie berücksichtigt sowohl die technische Entwicklung und neue Geschäftsmodelle, als auch die berechtigten Interessen der Urheber.“

Abgesehen davon würde sich in Tschechien nicht viel ändern, da die Bestimmungen hierzulande schon jetzt sehr streng seien, so Hrušová. Die Sprecherin des Ministeriums betont aber, dass man zusätzlich Regeln einführen müsse, die beispielsweise Start-Ups oder Blogs vor großen Verlagen schützen.

Die Europaparlamentarier haben dem Entwurf heute zugestimmt. Jetzt heißt es erst einmal abwarten. Denn wie die Richtlinie Einzug in die nationale Gesetzgebung hält, muss jeder Staat für sich entscheiden. Welche Hoffnungen oder Befürchtungen sich bewahrheiten werden, wird sich also erst in den kommenden Monaten zeigen.