Satire des russischen Regimekritikers Wiktor Schenderowitsch gewinnt an ungeahnter Aktualität

„Vidět Salisbury“

Das Prager Theater Divadlo pod Palmovkou hat seinen ersten Film gedreht. Regisseur Michal Lang verfilmte ein Theaterstück des russischen Regimekritikers Wiktor Schenderowitsch. Die Premiere des Films „Vidět Salisbury“ (Salisbury sehen) fand am vergangenen Freitag im Prager Kino Oko statt. Der russische Satiriker ließ sich die Filmvorstellung nicht entgehen.

Wiktor Schenderowitsch | Foto: ČT24

Schenderowitsch schrieb eine Satire über die beiden russischen Agenten, die 2018 hinter dem Nervengift-Anschlag im britischen Salisbury standen. Opfer sollte damals der ehemalige russische Agent Skripal und seine Tochter sein. Das Theaterstück sowie der Film soll eine schwarze Komödie über die erstaunliche Reise der Agenten Tschepiga und Mischkin zur Mutter Russland sein. In den Film einbezogen wurde auch das Interview, in dem die beiden Männer, die unter den Namen Petrow und Boschirow auftraten, im russischen Fernsehen behaupteten, sie seien nach Salisbury gereist, um sich die dortige Kathedrale anzuschauen. Satiriker Wiktor Schenderowitsch sprach vor der Filmpremiere in Prag über die Entstehung des Stücks:

„Vidět Salisbury“ | Foto:  Divadlo pod Palmovkou

„Ich habe das Stück vor vier Jahren geschrieben. Ich dachte, es sei eine Komödie. Es ist eine Phantasmagorie. Aber leider ist das, was ich für Phantasmagorie und schwarzen Humor hielt, Wirklichkeit geworden. Als ich vor ein paar Tagen den Film gesehen habe, war ich erschrocken, dass der Text heutzutage anders wirkt als vor vier Jahren.“

Der Satiriker dankte allen, die sich an der Verfilmung seines Werks beteiligten. Der Film sei mit Liebe und sehr professionell gemacht worden, so Schenderowitsch.

Foto: Divadlo pod Palmovkou

„Ich bin allen dankbar, die hier auf dem Podium stehen. Es ist ein feierlicher Abend für uns. Und schließlich muss ich mich auch bei zwei wichtigen Personen bedanken: Das sind Petrow und Boschirow. Vielleicht sollte ich meine Autorenhonorare mit ihnen teilen. Gerade dort, wo sie auftauchen und ihre Verbrechen begehen, wird mein Theaterstück aufgeführt. Es wurde in London gespielt, und jetzt wurde es in Prag verfilmt.“

Vor einem Jahr stellte sich heraus, dass die beiden russischen Agenten von Salisbury schon zuvor auch in Tschechien aktiv waren. Sie standen 2014 hinter den Explosionen eines Munitionslagers im mährischen Vrbětice. Diese Enthüllung inspirierte Regisseur Michal Lang vor einem Jahr dazu, das Stück von Wiktor Schenderowitsch zu verfilmen.

Michal Lang | Foto: ČT24

„Damals waren die Theater wegen der Corona-Pandemie geschlossen, darum haben wir uns mit den Schauspielern entschieden, einen Film zu machen. Ich halte es für ein Wunder, dass es uns gelang, mit einem superniedrigen Budget diesen Film zu drehen. Der Text des Stücks klingt unglaublich prophetisch. Hoffentlich erfüllt sich nicht alles, was dort steht.“

Und Wiktor Schenderowitsch merkte vorige Woche im Tschechischen Fernsehen an:

„Vidět Salisbury“ | Foto:  Divadlo pod Palmovkou

„Der Krieg, von dem die wahnsinnigen Helden des Stücks träumen, ist zur Wirklichkeit geworden.“

Schenderowitsch, der schon zuvor zu den harten Kritikern von Putin gehörte, entschied sich Anfang dieses Jahres, ins Exil zu gehen.