Schauräume für eine Kunstsprache: das Esperantomuseum in Svitavy

Photo: www.medy.cz

Esperanto ist die am weitesten verbreitete internationale Plansprache. Esperanto, das bedeutet „der Hoffende“. Doktoro Esperanto, das war das Pseudonym, unter dem Ludwik Lejzer Zamenhof (im Deutschen manchmal: Ludwig Lazarus Samenhof) 1887 die Grundlagen dieser Sprache schuf. Auch dank eines dichten weltweiten Netzes wächst heutzutage die Zahl der Leute, die Esperanto lernen. In Tschechien, so wird geschätzt, beherrschen das Idiom mehrere Zehntausend Menschen. Früher oder später werden die meisten von ihnen wohl nach Svitavy / Zwittau kommen. In der ostböhmischen Stadt wurde nämlich im Herbst das erste Esperanto-Museum in Tschechien eröffnet – es ist zugleich eines der wenigen Museen über diese Sprache in der ganzen Welt.

In die Welt kam ein neues Gefühl,

durch die Welt geht ein starker Ruf;

Mit Flügeln leichten Windes

fliege er nun von Ort zu Ort.

Nicht zum blutdürstenden Schwert

zieht er die menschliche Familie;

Der ewig kriegführenden Welt

verspricht er heilige Harmonie.

So lauten die ersten Verse des Liedes La Espero. Es ist eine Ode an die Verständigung. La Espero es ist die Hymne der Esperanto-Bewegung. Und die konnte bei der Eröffnung des Esperanto-Mueums im ostböhmischen Svitavy natürlich nicht fehlen. Die Kunstsprache Esperanto hat der polnische Augenarzt Ludwik Lejzer Zamenhof erfunden. Er wollte eine für jeden gleichermaßen leicht erlernbare Sprache schaffen. Zamenhof nutzte dabei vor allem Wörter romanischen, germanischen und slawischen Ursprung. Die Grammatik ist so einfach wie möglich gehalten. Je nach Schätzungen beherrschen Esperanto weltweit eine halbe Million bis zwei Millionen Menschen Esperanto als Zweitsprache. Und das auch in Svitavy. Die Vorsitzende der Esperantisten in dieser Stadt ist Libuše Dvořáková. Sie hat sich maßgeblich für Errichtung des Esperanto-Museums eingesetzt.

„Die Idee, ein Museum in Svitavy zu gründen, hatte ich schon im Jahre 2002, als ich in den tschechischen Esperanto-Ausschuss gewählt wurde. Dort wurde über ein solches Museum diskutiert. Es gab zwar etwas Ähnliches bereits in Česká Třebová, aber alles, was die Esperantisten dem Museum gewidmet hatten, lag im Magazin. Ich wuste, dass hier ein neues Kulturhaus geschaffen wird und dass manche Räume frei werden. Letztlich wurde uns dort auch ein Raum angeboten. Es ist der schönste Raum“, so Dvořáková.

Das Kulturhaus mit dem Esperanto-Museum ist in der ehemaligen Stadtbücherei von Svitavy angesiedelt. Libuše Dvořáková leitet das Museum und sagt:

„Das Haus wird in Svitavy die Rote Bibliothek genannt. Es war immer eine Bibliothek. Früher war sie sogar die größte deutsche Biblitohek in Mähren. Die Bücher sind heute im Städtischen Museum untergebracht. Aber unser Museum ist auch so etwas wie eine Bibliothek. Wir haben hier Bücher in Esperanto.“

Und unter den Büchern gibt es einige interessante Stücke - zum Beispiel Jaroslav Hašeks Schwejk. Sogar japanische Esperantisten haben sich in den braven Soldaten aus dem für sie fernen Land verliebt und seine lustigen Geschichten danach ins Japanische übersetzt. Auch weitere tschechische Autoren wurden in Esperanto übersetzt wie etwa Karel Čapek. Es gibt aber genauso tschechische Schriftsteller, die unmittelbar in der künstlichen Sprache schreiben. Einer von ihnen stammt aus Ostböhmen: Karel Píč aus Litomyšl.

„Er wird als Esperanto-Shakespheare bezeichnet und schrieb seine Werke direkt in Esperanto. Damit ist er auf der ganzen Welt bekannt geworden“, so Libuše Dvořáková, die auf den Schriftsteller der Region stolz ist.

Píč ist aber nicht die einzige wichtige Person in der Esperanto-Bewgung, die aus Tschechien stammt. Welche Position haben die Tschechen innerhalb der Gemeinde der Esperantisten? Libuše Dvořáková:

„Bestimmt eine bedeutende Position. Denn der Vizepräsident des tschechischen Esperanto-Verbandes, Petr Chrdle, ist Mitglied des Esperanto-Weltausschusses mit Sitz in Roterdam. Vor kurzem hielt er auf dem Gymnaisum in Svitavy Vorträge für die Öffentlichkeit und für die Senioren.“

Petr Chrdle schreibt sogar die Rechnungen für seine Geschäftspartner aus Japan in Esperanto. Damit soll es aber Probleme beim Finanzamt gegeben haben, wurde mir gesagt. Im Esperanto-Museum in Svitavy sind jedoch keine Rechnungen ausgestellt. Vielmehr sind es eben gerade Bücher: Lehrbücher, Wörterbücher, Fachliteratur, Poesie, Prosa und auch Märchen. Dazu kommen Audiokasetten mit Musik in Esperanto: beispielsweise Opernaufnahmen oder auch Rockmusik. Die auch in Tschechien beliebte slowakische Band „Team“ hat sogar ein ganzes Album in Esperanto eingespielt.

Neben Büchern und Musik gibt es selbstverständlich auch Medienprodukte in Esperanto. Der Tschechoslowakische Rundfunk hat sogar in den 30ern bis in die 50er Jahren in dieser Sprache gesendet – und zwar von Brünn aus die so gennante Verda Stacio – die Grüne Radiostation. Die Sendungen waren europaweit beliebt. Alles das erfährt man im Museum in Svitavy. An dessen Eröffnung nahmen im Übrigen auch Gäste aus dem Ausland teil. Zum Beispiel Direktor des Esperanto-Museums in Wien, Herbert Mayer. Ihn fragte ich, ob er das hiesige Museum als Konkurrenz betrachtet.

„Natürlich ist es keine Konkurrenz. Erstens wegen der geographischen Ferne. Zweitens kann man nicht genug über Esperanto informieren.“

Wie lange beschäftigen Sie sich mit Esperanto?

„Ich persönlich? Seit dem 16. Lebensjahr. Es war eine Geheimsprache von uns Schülern.“

Wo sind weitere Esperanto-Museen? Von Bialystok in Polen weiß ich...

„Zudem existiert noch eines in Katalonien. Bibliotheken hingegen gibt es eine ganze Reihe, die ich alle aber nicht aufzählen kann.“

Herbert Mayer hielt in Svitavy auch eine Rede - natürlich in Esperanto. Andere Gäste kamen zum Beispiel aus Dresden, Prag und anderen Orten. Denn Esperanto verbindet. Es gibt Briefmarkensammler, die dank dieser Sprache Tauschpartner gefunden haben, es gibt Leute, die sich in Esperanto mit Menschen aus der ganzen Welt über ihren Glauben unterhalten. Es gibt sogar eine Gruppe von Eisenbahnern. Kurzum, man kann über die Sprache auch Freunde gewinnen oder sogar Liebe und einen Lebenspartner. Doch eines hat Esperanto sicher nicht erreicht: das Englische als Hauptverkehrssprache zwischen den Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen zu verdrängen. Dazu sagt Libuše Dvořáková, die Vorsitzende der Esperantisten in Svitavy:

„Esperanto lernt niemand als Muttersprache. Englisch hingegen schon. Das ist natürlich ein Vorteil, vor allem in Ländern wie den USA oder Großbritannien. Aber es geht da auch ums liebe Geld.“

Und Geld bewegt die Welt. Die Esperantisten sagen deswegen: „Willst du Geld verdienen, lerne Englisch. Willst du Freunde finden, lerne Esperanto.“ Und mit Esperanto kann man in jedem Alter anfangen. Dies bestätigt auch Libuše Dvořáková.

„Ich habe Esperanto über einen meiner Kollegen kennen gelernt. Er erzählte mir, wie einfach es ist, die Sprache zu erlernen. Ich habe als Erwachsene damit angefangen, da war ich fast 40 Jahre alt.“

Heute spricht die Leiterin des Museums problemlos diese Sprache.

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