Schmetterling und Leintuch: Wie Deutsche und Tschechen voneinander abschreiben

Deutschland und Tschechien. Die beiden Länder verbindet eine tiefe und vor allem lange Geschichte. Diese Verbindung spüren wir noch heute jeden Tag. Auch wenn wir das oft nicht mitbekommen. Die gemeinsame Geschichte findet sich nämlich in den beiden Landessprachen wieder. Wörter, die ihren Ursprung in der jeweils anderen Sprache haben, gibt es mehr als Sie vielleicht denken. Zum Beispiel den „Schmetterling“.

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks
„Eigentlich müsste der Schmetterling – nach dem englischen Wort „butterfly“ – Butterfliege heißen. Butter und Schmetten haben allerdings viel gemeinsam. Das erkennt man an der Butterblume (im norddeutschen: Löwenzahn), die im Tschechischen Smetánka heißt. Der Begriff Schmetterling leitet sich also aus dem Tschechischen Wort für Sahne, smetana, ab.“

Das erklärt Sprachwissenschaftlerin Paula Tischer aus Pirna. Das Wort „Schmetten“ ist vor allem in Ostdeutschland und Österreich, dem Gebiet entlang der tschechischen Grenze, ein gängiger Begriff für Sahne. Überbleibsel gemeinsamer Sprache, so genannte Relikte, gibt es viele. Rund 3000 slawische Relikte hat man in der deutschen Sprache entdeckt. Dazu kommen noch jede Menge Familien- und Ortsnamen. Aber nicht nur Tiernamen wie den Schmetterling verdanken wir der tschechischen Sprache, sondern auch tödliche Waffen. Paula Tischer:

„Die Pistole bezeichnete im russischen Raum erstmals im 15. Jahrhundert eine Waffe mit einem langen Lauf. Sie wurde damals aufgrund des langen Laufs nach dem tschechischen Wort für Pfeife, píšťala, benannt. Als Waffe gelang das Wort dann in andere Sprachen.“

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Außerdem entstand aus dem Tschechischen tvaroh über das Spätmittelhoch-deutsche twark das Wort Quark. Aber auch die Tschechen haben kräftig abgeschrieben. So findet man in der tschechischen Umgangssprache Wörter wie fusekle (Fußsäckle), fotr (Vater), švagr (Schwager) oder auch das papír. Paula Tischer aus Pirna beschäftigt sich schon seit Jahren mit solchen Sprachentlehnungen:

„Im Haushalt und im unmittelbaren Umfeld hört man plötzlich in tschechischen Sätzen Begriffe wie lajntuch (Leintuch), šroub (Schraube), flaška(Flasche) oder lampa (Lampe). Das sind alles Begriffe von den üblichsten Gegenständen, die uns umgeben.“

Es ist häufig schwer herauszufinden, in welcher Sprache das Wort zuerst vorgekommen ist. Dazu brauche man einen echten Spürsinn, sagt Sprachwissenschaftlerin Paula Tischer. Sie vergleicht sich deshalb gerne mit Agatha Christie - einem weiblichen Detektiv. Oder wie es im Tschechischen heißt: detektiv...