Schulministerium gibt neue Unterrichtsmaterialien zur Vertreibung heraus

Wie wir Ihnen Anfang des Monats berichteten, will die tschechische Regierung eine Publikation über die Vertreibung der Sudetendeutschen herausgeben, weil sie die Berichterstattung über die sog. Benes-Dekrete in den Medien für unausgewogen hält. Wie die Nachrichtenagentur CTK am Dienstag bekannt gab, wird das Schulministerium noch vorher an alle Grund- und Mittelschulen des Landes eine Broschüre zur selben Problematik verteilen. Silja Schultheis hat sich mit Zdenek Benes, einem der Autoren, über diese letztere Publikation unterhalten.

Die Lehrer seien unsicher bei der Erklärung der Nachkriegsgeschichte, über die es viele widersprüchliche Informationen gäbe, so lautet eine Begründung des Schulministeriums für die Herausgabe der Publikation. Der Band, der von einem Autorenteam unter der Leitung von Zdenek Benes vom Institut für böhmische Geschichte an der Prager Karlsuniversität erarbeitet wurde, trägt den Titel: Thema: Die Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei 1945-47. Sie erscheint nicht von ungefähr, so Zdenek Benes im Gespräch mit Radio PRag: "Es ist ein erster Band erschienen, der hieß Thema: Holocaust, ein weiterer wird sich wahrscheinlich mit den tschechisch-deutschen Kulturbeziehungen beschäftigen, wieder ein weiterer womöglich mit politischem Extremismus. Die Publikation über die Vertreibung ist also Teil einer Reihe von Informationsbroschüren, die primär für die Schulen bestimmt sind und sich mit Themen beschäftigen, die aktuell sind, aber denen sich die Lehrbücher nicht in diesem Maße widmen können."

Dass die Publikation ausgerechnet jetzt erscheint, wo sich nahezu täglich Kommentare zu den sog. Benes-Dekreten in der Presse finden, war keineswegs beabsichtigt, meint Zdenek Benes:

"Das dieses Buch jetzt erscheint, in einem Moment, wo die ganze Diskussion auf die Ebene von, sagen wir Wahlkampf-Politik geraten ist, ist in gewisser Weise Zufall. Denn das Vorhaben, eine solche Broschüre herauszugeben, ist bereits im Mai letzten Jahres entstanden - lange vor den gegenwärtigen Diskussionen."

Gibt es einen Zusammenhang zwischen der für die Schulen bestimmten Publikation und dem Anfang des Monats von Kulturminister Pavel Dostal angekündigten Buch, mit dem der ihm zufolge zu tendenziellen Berichterstattung v.a. in den von deutschen Verlagen herausgegebenen tschechischen Zeitungen entgegengewirkt werden soll? Zdenek Benes:

"Mit dieser zweiten Publikation hat diese gemeinsam, dass es sich sicher lohnen würde, diesen Text soweit zu vertiefen und ergänzen, dass man ihn als Buch für eine breitere Öffentlichkeit veröffentlichen könnte. Dieses für die Öffentlichkeit geplante Buch ist also eher eine Folge des für die Schulen vorbereiteten Textes."