Schwarzfahren ganz legal

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Wissen Sie, wer in Tschechien niemals beim Schwarzfahren erwischt werden kann? Die Antwort lautet: tschechische Parlamentsmitglieder. Diese nämlich sind in allen städtischen Verkehrsmitteln sowie in Linienbussen und Zügen ohnehin gratis unterwegs. Und das, obwohl sie pro Monat - zusätzlich zu ihrem Gehalt - mehr als 1000 Euro Reisepauschale bekommen.

Vielleicht kennen Sie das ja aus den Parlamenten anderer Länder: Zum "Privilegienabbau" bekennen sich so gut wie alle Parteien - vor allem in Vorwahlzeiten. Wenn dann aber im Plenum abgestimmt wird, sprechen in der Regel "technische Details" gegen die vorgelegten Gesetzesnovellen. Irgendetwas ist dann meist "nicht ausreichend komplex gelöst", oder der ganze Entwurf ist "schlampig vorbereitet", weil "Kraut und Rüben vermischt" wurden.

Foto: Archiv Radio Prag
Zwei Senatoren einer tschechischen Kleinpartei, die sich vor allem den Kampf gegen Korruption und für politische Hygiene auf ihre Fahnen schreibt, wollen die freie Fahrt für Parlamentarier nun selbst aushebeln: allerdings nicht im Parlament, sondern vor dem Verfassungsgericht. Im April fuhren sie ohne zu zahlen mit einer privaten Buslinie von Prag nach Brünn. Der Direktor des Busunternehmens war ebenfalls an Bord - die Aktion war mit ihm abgesprochen. Nun klagt die Buslinie den Staat auf Schadenersatz. Damit soll bewiesen werden, dass die Politikerfreifahrt im Gegensatz zu den verfassungsmäßig garantierten Rechten privater Transportunternehmen steht.

Die Buslinie, der laut eigenen Angaben wegen der Freifahrten allein in diesem Jahr bereits 25.000 Euro entgangen sind, bekommt durch die öffentlichkeitswirksame Aktion nun willkommene Gratiswerbung. Und die beiden Senatoren sowieso. Eine unschöne Verquickung von Politiker- und Unternehmerinteressen? Man muss es nicht so sehen, aber man kann. Es ist wie verhext: Obwohl ständig eine Hand die andere wäscht, scheint es sie einfach nicht geben zu wollen, die blitzsaubere, blütenweiße Politik.