Senat: Verfassungsgericht muss Lissabon-Vertrag überprüfen
Die Entscheidung über die Billigung des Lissabon-Vertrags wird vertagt. Fünf Stunden lang haben die Senatoren am Donnerstag diskutiert. Schließlich ersuchte die obere Kammer des tschechischen Parlaments das Verfassungsgericht um eine Überprüfung des Vertrags, der die EU-Verfassung ersetzen soll.
„Es ist eine politische Entscheidung und nicht die Angelegenheit der juristischen Interpretation. Wir halten diese Prüfung für überflüssig. Es geht dabei nur um die Vertagung der politischen Entscheidung. Die Entscheidung über den Lissabon-Vertrag ist zweifelsohne eine politische Entscheidung.“
Der Senat wird sich mit dem Lissabon-Vertrag erneut befassen, sobald das Verfassungsgericht beurteilt hat, ob der Vertrag nicht die Souveränität Tschechiens verletzt. Überprüft werden sollen sechs Teile des Vertrags: so etwa die Übertragung von Kompetenzen auf die EU-Ebene oder die Art der Anerkennung der Charta der EU-Grundrechte und deren rechtliche Verbindlichkeit für Tschechien. Kritisiert wurde von den Senatoren der ODS auch die Möglichkeit, die Art der Entscheidungen im EU-Rat zu ändern. Dem Vizepremier und ODS-Senator Alexandr Vondra zufolge stärkt der Vertrag die größeren EU-Staaten auf Kosten der kleineren Länder.
Einige der Bürgerdemokraten wollen sich nicht davon abbringen lassen, gegen den Lissabon-Vertrag zu stimmen, unabhängig davon, wie ihn das Verfassungsgericht beurteilen wird. ODS-Senator Jaroslav Kubera:
„Der Vertrag wird die Europäische Union weniger konkurrenzfähig machen. Die EU wird nach dem Beitritt weiterer Länder unter einer ungeheuren Menge von Regelungen leiden. Sie wird die finanziellen Mittel ausschöpfen und große Schwierigkeiten haben. Ich meine, dass das Ende leider traurig sein wird und dass die EU in dieser Form zerfallen wird. Ich bin für eine europäische Integration, aber eine völlig andere Integration. Wir haben uns 1989 unter großen Schwierigkeiten vom Sozialismus befreit, und jetzt kehren wir ganz einfach dahin zurück.“
Der Lissabon-Vertrag wurde zuvor bereits vom tschechischen Abgeordnetenhaus gebilligt. Bis zum Jahresende soll er in allen EU-Ländern ratifiziert werden.