Verfassungsdebatte im Europaparlament: Tschechische Politiker uneinig

Evropský parlament
0:00
/
0:00

Im Europaparlament in Strassburg begann am Dienstag die Debatte über die Europäische Verfassung. Zwar galt bereits im Vorfeld als sicher, dass die Mehrheit der Abgeordneten sich für den Verfassungsvertrag aussprechen wird, im Hinblick auf den Ratifizierungsprozess in den einzelnen Mitgliedstaaten wurde die Debatte dennoch mit einiger Spannung erwartet. Gerald Schubert fasst die tschechischen Standpunkte zusammen:

Die Parteien der sozialliberalen Regierungskoalition in Prag stehen ihr positiv gegenüber, die Opposition aus konservativen Bürgerdemokraten und Kommunisten lehnt sie ab: Auf diesen einfachen Nenner kann man die Haltung der tschechischen Politiker zur EU-Verfassung bringen - eine Haltung, die in den EU-Gremien selbst übrigens konsequent fortgesetzt wird. Miroslav Ouzky etwa ist stellvertretender Vorsitzender des Europaparlaments. Er gehört der Demokratischen Bürgerpartei (ODS) an, und damit auch der Fraktion der Europäischen Volkspartei und Europäischen Demokraten (EVP-ED), die im Gegensatz zur ODS mehrheitlich für die Verfassung eintritt. Versuche der Fraktionsführung, ihre Abgeordneten auf Linie zu bringen, werden von Ouzky scharf kritisiert:

"Ich muss gestehen: Im Hinblick auf unsere historischen Erfahrungen mit einstimmigen Beschlüssen reagiere ich da eher allergisch", sagt Ouzky.

Mit Pseudoabstimmungen aus dunklen Zeiten kommunistischer Diktatur werden sich die Strassburger Kollegen von Ouzky aber wohl nur ungern in Zusammenhang bringen lassen. Fraktionschef Hans-Gert Pöttering kürzlich gegenüber Radio Prag:

Jan Zahradil  (Foto: Zdenek Valis)
"Meine Bitte ist einfach, dass man innerhalb der ODS offen ist für ein Ja zur Verfassung."

Gerade für ein kleines Land wie Tschechien bringt die Verfassung nämlich Vorteile, ist Pöttering überzeugt:

"Wenn die Regierungen Europa dominieren, dann sind es die großen Länder, die das Sagen haben: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien. Aber wenn wir das gemeinschaftliche Europa haben, dann haben auch die kleineren Länder ihre Rolle zu spielen."

Jan Zahradil wiederum, ODS-Delegationsleiter im Europaparlament, sieht das genau umgekehrt:

"Die Verfassung verschlechtert die Stellung Tschechiens in der EU. Sie macht aus Europa ein supranationales politisches Gebilde, in dem die Rolle der Tschechischen Republik natürlich kleiner wird."

Dazu Richard Falbr, sozialdemokratischer Europaabgeordneter aus Tschechien:

"Jene, die die Verfassung attackieren, sollten die Wahrheit sagen. Deren Gegner, vor allem aus Tschechien, beginnen meist damit, dass sie etwas behaupten, was in der Verfassung gar nicht drinsteht. Und das kritisieren sie dann. Sehr häufig hört man etwa das Argument, dass die Verfassung einen Superstaat schafft. Das ist völliger Unsinn."

Wann Tschechien über eine Ratifizierung der EU-Verfassung entscheidet, und ob es dabei ein Referendum geben wird, das ist bis heute noch ungewiss.