Sir Charles Mackerras: Tschechien verliert einen unvergesslichen Freund

Sir Charles Mackerras (Foto: ČTK)

Im Herbst sollte er wieder nach Prag kommen. Im April dieses Jahres berichtete Radio Prag: Am 8. Oktober gibt die Tschechische Philharmonie anlässlich seines 85. Geburtstages ein Galakonzert mit dem Maestro am Dirigentenpult. Die Rede ist vom australisch-britischen Dirigenten, Sir Charles Mackerras. Das Konzert mit ihm kommt aber nicht mehr zustande. Der weltbekannte Dirigent ist am 15. Juli im Alter von 84 Jahren in London gestorben. Die Weltmedien blicken dieser Tage auf das Leben und Schaffen des Künstlers zurück. Seine besondere Beziehung zur tschechischen Musik kann dabei nicht unerwähnt bleiben.

Sir Charles Mackerras  (Foto: ČTK)
Ein Querschnitt durch die tschechische Musikklassik - von Smetana angefangen über Janáček, Suk bis Martinů – sollte auf dem Programm des geplanten Konzertes im kommenden Herbst stehen. Als Freund der tschechischen Musik hat Sir Charles Mackerras Ende April die Medaille „Artis Bohemiae Amicis“/„Freunde der tschechischen Kunst“ bekommen. Das war die letzte Auszeichnung für seine langjährige Zusammenarbeit mit der Tschechischen Philharmonie und anderen Ensembles hierzulande. Doch bevor diese beginnen konnte, erlebte Mackerras mit 22 Jahren eine Begegnung mit einer Persönlichkeit in Prag, die für seine weitere Entwicklung ausschlaggebend war. Petr Weber, Redaktionsleiter für ernste Musik im Tschechischen Rundfunk:

„Ganz bestimmt war es der Dirigent Václav Tallich. Als junger Student kam Mackerras kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nach Prag, weil er ein Stipendium für ein einjähriges Studium an der Prager Akademie der musischen Künste bekommen hat. Im Nationaltheater hörte er Janáčeks Oper ‚Katja Kabanowa’, dirigiert von Tallich. Und diese Musik hat ihn tief berührt. Eigentlich war es eine Liebe für das ganze Leben.“

Später, als Tallich bei den Kommunisten in Ungnade fiel und nicht mehr öffentlich auftreten durfte, besuchte ihn Mackerras in seiner Villa in Beroun bei Prag und nahm Privatunterricht. Eine ganze Zeitlang konnte Mackerras nicht in die Tschechoslowakei kommen, für seinen Werdegang blieb aber Tallich trotzdem wichtig. Petr Weber:

„Er weihte ihn in das Dirigentenmetier ein und beeindruckte den damals sehr jungen Studenten wahrscheinlich auch durch seinen hohen künstlerischen Aufwand bei der Arbeit. Hier kam es nämlich zu einer einmaligen Verbindung der tschechischen Musiktradition, dem Renommee von Tallich, das bereits in der Vorkriegszeit seine Wurzeln hatte, mit dem späteren Weltblick von Charles Mackerras.“

Sir Charles Mackerras
Vor seiner ersten Reise nach Prag lernte der angehende Dirigent auch Tschechisch, das er bis ins hohe Alter behielt.

„Ich weiß nicht, ob Tallichs Einfluss für mich so stark gewesen wäre, wenn wir uns sprachlich nicht verständigt hätten. Er war eine starke Persönlichkeit. Alles, was er sagte, war irgendwie wichtig.“

Die Weltmedien berichten dieser Tage über die künstlerischen Verdienste von Sir Charles Mackerras und den Verlust durch sein Ableben. Tschechien verliert in ihm auch einen unvergesslichen Freund.