Skandal: Tschechiens Fußballer feiern nach Niederlage - Brückner denkt an Rücktritt

Tomas Rosicky (Foto: CTK)

Vor drei Jahren spielten sie noch begeisternden Fußball und wären mit etwas mehr Glück fast Europameister geworden - die Kicker der tschechischen Nationalmannschaft. Nach der 1:2-Pleite am Samstag in Prag gegen Deutschland sind sie aber nun endgültig aus Wolke sieben gefallen und wieder auf den harten Boden der Realität geprallt. Doch nicht nur das: In der Nacht nach der Niederlage fabrizierten sie auch noch einen handfesten Skandal.

Tomas Rosicky  (Foto: CTK)
"Unsere Jungs: Deutschland haben sie nicht geschafft, aber sechs Prostituierte schon!" Mit dieser Schlagzeile schockte das Prager Boulevardblatt "Sip" am Montag nicht nur seine Leser, sondern auch alle tschechischen Fußballfans. Denn anstatt in sich zu gehen, die Niederlage aufzuarbeiten und sich gezielt auf das nächste EM-Qualifikationsspiel gegen Zypern vorzubereiten, wurden fünf Spieler gegen fünf Uhr morgens ziemlich alkoholisiert im Mannschaftsquartier Hotel Praha gesichtet. Der Böhmisch-Mährische Fußballverband (CMFS) reagierte auf die ausgeuferte Fete mit einer Geldstrafe von einer Million Kronen (ca. 35.000 Euro) für das gesamte Team. Verbandssprecher Lukas Tucek erklärte dazu:

"Sie haben nach der Begegnung mit Deutschland den Geburtstag von Tomas Ujfalusi gefeiert. Weil sich aber Auswahlspieler der Tschechischen Republik so nicht verhalten dürfen, haben sie vom Verband eine Geldstrafe erhalten. Das wurde dem Kapitän und seinen Stellvertretern mitgeteilt. Sie wissen, dass sie einen Fehler gemacht haben. Es war eine Aktion des gesamten Teams, deshalb gilt die Strafe auch für alle."

Karel Brückner  (Foto: CTK)
Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Kapitän Tomas Rosicky und seine Stellvertreter Tomas Ujfalusi und Peter Cech, die sich am Montag der Presse stellten, bestätigten, dass die Mannschaft wie üblich noch nach dem Spiel beim Bier zusammen gesessen und die Pleite kritisch ausgewertet hätte. Doch den Zapfenstreich übermäßig lang überzogen haben letztlich nur fünf Spieler, darunter der Nürnberger Bundesliga-Profi Jan Polak, der Kapitän und das Geburtstagskind. Dass sie zu früher Stunde aber Besuch von Damen aus dem Rotlichtmilieu gehabt hätten, bestritten die von "Sip" Enttarnten entschieden. "Es waren keine Prostituierten da, und mit Alkohol haben wir es auch nicht übertrieben", beteuerte Rosicky. Doch egal, was an dieser Eskapade Wahrheit oder Erfindung ist, sie hat auf jeden Fall Spuren hinterlassen. Ganz besonders bei Auswahltrainer Karel Brückner, der tief enttäuscht in die Mikrofone sprach:

"Zuerst habe ich über mich nachgedacht. Das tue ich zum Beispiel auch, wenn die Jungs ein Tor nach einer Ecke bekommen. Denn ich bin verantwortlich dafür. Es eine grobe Disziplinlosigkeit und nur schwer zu entschuldigen. Daher habe ich auch meinen sofortigen Rücktritt erwogen. Ich muss aber damit zu Recht kommen, denn schon am Mittwoch haben wir Zypern vor der Brust."

Experten sind der Meinung, dass das Spiel gegen Zypern am Mittwoch in Liberec das letzte für den Trainerdoyen sein dürfte. Die Häufung von Misserfolgen seit der WM, von Kritik an seinem Führungsstil, und jetzt noch der Spieler-Skandal - all das hat Brückner mürbe und nachdenklich gemacht.

Autor: Lothar Martin
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