Skifahrerin Záhrobská will mit neuem Team zurück in die Weltelite

Šárka Záhrobská (Foto: Tomáš Lisý, Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Am vergangenen Wochenende hat im österreichischen Sölden die neue Saison der Alpinen Skiläufer begonnen. Noch nicht dabei war die derzeit beste tschechische Abfahrts- und Slalomläuferin, Šárka Záhrobská. Sie plant ihren Saisonstart für den 10. November beim Weltcup-Wettbewerb im finnischen Levi. Die Slalom-Weltmeisterin von 2007 ist jedoch froh, dass sie die neue Saison überhaupt bestreiten kann. Im Sommer hatte sie nämlich noch ganz andere Sorgen: Sie wurde am Kopf operiert und war nach der OP noch einige Zeit geschwächt. Jetzt aber geht sie mit neuem Mut, neuem Trainer und neuen Skiern in die vorolympische Saison.

Šárka Záhrobská  (Foto: Tomáš Lisý,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Die Šárka Záhrobská des Jahres 2012, so scheint es, ist gelassener und gelöster als früher. Und sie lächelt viel mehr. Dabei war ihr vor einigen Monaten nicht unbedingt zum Lachen zumute. Ärzte hatten bei der 27-Jährigen einen gutartigen Tumor in der Hirnanhangsdrüse festgestellt. Der operative Eingriff – ein tiefer Einstich durch das Nasenloch – war erfolgreich, doch daran hatte Záhrobská auch nie gezweifelt:

„Die Ärzte haben mir gleich gesagt, dass es nichts Ernsthaftes ist und auch der Eingriff nicht schwierig sei. Ich wusste also, dass das Geschwür nicht bösartig ist und sich komplett entfernen lässt. Sie musste raus, denn das Risiko war groß, dass sie mir auf den Augennerv gedrückt hätte. Vor der OP hatte ich keine Angst, und auch die Unterstützung durch mein engstes Umfeld war großartig. Ich hatte damit also keinen Stress.“

Šárka Záhrobská  (Foto: Jan Kaliba,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Bereits einen Tag nach ihrer Operation habe sie sich überraschend gut gefühlt, auch wenn da an größere körperliche Bewegung noch nicht zu denken war. Das aber hat sich längst geändert. Sie fühle sich von Woche zu Woche besser und habe auch schon ihr optimales Wettkampfgewicht zurückgewonnen, sagte Záhrobská vor knapp vier Wochen:

„Als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, habe ich nur 60 Kilogramm gewogen. Jetzt wiege ich wieder 65 bis 66 Kilo, was für mich ideal ist, ich muss also nicht mehr zunehmen. Was aber meine Kondition betrifft, da muss ich noch zulegen. Da habe ich natürlich noch nicht den Level erreicht, den ich im Frühjahr hatte.“

Šárka Záhrobská mit Klaus Mayrhofer  (Foto: Pavel Lebeda,  Česká sportovní)
Bei der nicht leichten Aufgabe, eine gute Kondition wiederzuerlangen und die gewohnte Skifahrttechnik wieder abrufen zu können, hilft Šárka Záhrobská seit Mai auch ein neuer Trainer: der Österreicher Klaus Mayrhofer. Der erfahrene Experte, der zuletzt als Assistenz- und Konditionstrainer des österreichischen Skiteams arbeitete, hat Pavel Šťastný abgelöst. Unter Šťastný ist die Ex-Weltmeisterin und Olympia-Dritte im Slalom in den vergangenen zwei Jahren ziemlich erfolglos geblieben.

Jetzt also – und das gleich im doppelten Sinn – ein neuer Anfang. Die ersten Schritte auf dem Weg zurück in die Weltelite machte Záhrobská im September bei einem mehrwöchigen Trainingscamp in Argentinien. Dabei begegnete sie auch einigen ihrer internationalen Konkurrentinnen:

Šárka Záhrobská in Argentinien  (Foto: Offizielle Facebook-Seite von Šárka Záhrobská)
„Sie waren sehr lieb. Alle haben mich begrüßt und zuerst gefragt, wie es mir geht. Sie waren angenehm überrascht und erfreut, dass ich schon wieder auf den Brettern stehe und es auch ziemlich gut läuft bei mir. Die Nachricht über meinen Gesundheitszustand habe sie schockiert. Es hat sie aber gefreut, mich fit zu sehen und auch wieder mit mir trainieren zu können.“

Šárka Záhrobská will möglichst schnell wieder Fuß fassen in der Weltelite, und dazu soll auch das neue Material beitragen, das sie jetzt bei den Rennen trägt. Ihren Ski der Marke Fischer präsentierte sie dann auch stolz bei einem Pressetermin in Prag:

Gerald Stocker  (links). Foto: Offizielle Facebook-Seite von Šárka Záhrobská
„Die ersten Eindrücke waren sehr gut, sowohl was meine Ski für den Slalom als auch für den Riesenslalom betrifft. Im Frühjahr hatte ich ebenso die Möglichkeit, die Bretter für den Superski zu testen. Ich muss aber sagen, einen noch besseren Eindruck bei mir hinterlassen haben die neuen Skischuhe, die sind wirklich ausgezeichnet.“

Um die Runderneuerung komplett zu machen, hat Šárka Záhrobská schließlich auch noch den Servicemann gewechselt. In allen fachspezifischen Fragen zum diffizilen Wettkampfmaterial steht ihr nun der Österreicher Gerald Stocker zur Seite. Was er mit seiner Arbeit bewirken will, erläutert der 39-jährige Ski-Experte in einem Interview.

Herr Stocker, wie ist es zur Zusammenarbeit mit Šárka Záhrobská gekommen?

„Ich habe einen Anruf bekommen von ihrem Trainer Klaus Mayrhofer. Er hat mich gefragt‚ ob ich an etwas Neuem interessiert sei, denn er hätte da etwas für mich. Dann sind wir ins Gespräch gekommen und zusammen nach Prag gefahren. Das hat sich ganz gut angehört und dann auch gleich funktioniert.“

Was hat für Sie den Ausschlag gegeben: die neue Erfahrung, eine neue Herausforderung oder der Tapetenwechsel?

Šárka Záhrobská mit ihrer Bronzemedaille aus Vancouver  (Foto: Tomáš Kohout,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Zunächst einmal der Tapetenwechsel und die neue Herausforderung. Ich war noch nie in einem so kleinen Team mit nur einer Läuferin, einem Servicemann, einem Trainer und einer Masseurin. Und dass ich auch noch dazu eine Top-Fahrerin betreuen kann, ist natürlich eine besondere Herausforderung.“

Wie fühlt sich die Zusammenarbeit an, nachdem Sie in Argentinien die ersten Erfahrungen mit ihr gesammelt haben?

„Sie ist brutal ehrgeizig und sehr interessiert an allem. Man kann super zusammenarbeiten und alles ausprobieren. Das ist für einen Servicemann ein Traum.“

Šárka Záhrobská in Sölden  (Foto: Offizielle Facebook-Seite von Šárka Záhrobská)
Haben Sie schon ein Gespür dafür, ob die Zusammenarbeit Früchte tragen könnte?

„Ja schon. Wenn man etwas erreichen will, dann geht das nur gemeinsam. Wenn man nicht zusammenarbeitet, geht der Schuss nach hinten los und es wird nicht so gut laufen.“

Sie kennen ja auch die Vorgeschichte mit der Erkrankung von Šárka. Haben Sie als Servicemann Šárka in der Saisonvorbereitung etwas pushen müssen, oder ergeben sich immer mal wieder Momente, in denen man sich gegenseitig nach vorn bringen kann?

„Also bei uns ist das super. Wir haben ein tolles Verhältnis und reden über alles. Ich muss ehrlich sagen, dass ich sie nicht viel aufzumuntern brauchte. Sie ist zurückgekommen und hat gesagt, sie sei wieder fit und fühle sich wohl. Sie war am Anfang noch schwach, aber das ist ganz logisch, wenn man so lange im Krankenhaus war. Jetzt geht es Schritt für Schritt wieder bergauf. Es schaut sehr gut aus und macht sehr viel Spaß.“

Šárka Záhrobská in Sölden  (Foto: Offizielle Facebook-Seite von Šárka Záhrobská)
Reden Sie auf Englisch oder auf Deutsch miteinander?

„Wir reden ‚Denglisch’, also eigentlich gemischt. Mein Englisch ist nicht so gut, aber es ist sehr wichtig für mich. Durch die Zusammenarbeit lerne ich es wieder besser. Aber wir reden auch sehr viel Deutsch. Wenn es kompliziert wird, dann reden wir Deutsch, und wenn es leichter ist, dann auf Englisch.“

Wie lange ist die Zusammenarbeit vertraglich vereinbart?

„Der Vertrag läuft erst einmal auf ein Jahr. Dann schauen wir uns ihre Leistung an, und wenn sie zufrieden ist, dann wird es sicher weitergehen.“

Wie zufrieden sind Sie? Reisen Sie häufig aus Österreich an, oder haben Sie auch in Tschechien eine Bleibe?

„Nein, normalerweise nicht. Ich mache eigentlich alles von Österreich aus. Ich komme aus Schladming, wo in dieser Saison auch die WM stattfindet. Dort mache ich hauptsächlich meine Materialsachen. Ich komme nur ab und zu zum Servicemachen nach Tschechien.“

Aber wenn der WM-Zirkus losgeht, müssen Sie immer mitziehen, oder?

Šárka Záhrobská,  Gerald Stocker  (Servicemann),  Lucie Sluková  (Masseurin) und Klaus Mayrhofer  (Trainer). Foto: Offizielle Facebook-Seite von Šárka Záhrobská
„Dann müssen wir mitziehen. Wir sind vier Leute: ein Trainer, ein Servicemann, die Masseurin und Šárka – wir sind immer zusammen.“

Gibt es ein gemeinsames Ziel, was der Trainer, Sie und Šárka erreichen wollen? Sie hat ja selbst gesagt, sie muss sich erst einmal wieder herantasten…

„Das Ziel ist, dass wir einen guten Saisonstart haben, beim ersten Rennen unter die ersten 30 kommen und gleich qualifiziert sind. Da wäre natürlich super. Das nächste größere Ziel wäre, in dieser Saison unter die besten 15 zu gelangen. Wenn wir das schaffen, dann haben wir sehr viel erreicht. Denn nach einer schweren Krankheit ist das ein sehr hohes Ziel. Dann wären wir alle glücklich.“

Die Worte ihres Servicemanns kann auch die Sportlerin selbst bestätigen. Und Šárka Záhrobská lässt keinen Zweifel daran, dass sie wieder ganz nach oben will:

„Ich freue mich riesig darauf, dass es wieder los geht. Ich habe jetzt vier Monate lang nicht auf den Brettern gestanden, solange wie noch nie zuvor. Die Gesundheit hat oberste Priorität, aber was wäre ich für eine Wettkämpferin, wenn ich nicht wieder angreifen und siegen will. Also an Ambition und Motivation wird es nicht fehlen.“

Autor: Lothar Martin
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