Škoda Auto umkurvt die Krise: Anstieg der Nachfrage nach Kleinwagen dank Abwrackprämie
Im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise rückt immer wieder die Autoindustrie in den zentralen Blickpunkt. Der Grund liegt auf der Hand: In vielen Industrieländern ist der Fahrzeugbau ein Zugpferd der nationalen Wirtschaft. Gerade das Beispiel des US-Konzerns General Motors und seiner europäischen Tochter Opel sorgt in diesen Tagen für fette Schlagzeilen. Auch in Tschechien steht die Autoindustrie in vorderster Front. Radio Prag hat sich deshalb bei Škoda Auto in Mladá Boleslav umgesehen und nachgefragt, wie man hier mit der Krise zurechtkommt.
Der tschechische Fahrzeugkonzern Škoda Auto hat die Auswirkungen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise bislang ganz gut im Griff. Im vorigen Jahr, als die Krise begann, konnte er seine hochgesteckten Ziele zwar nicht ganz erfüllen, doch sonderlich unzufrieden war man darüber nicht. Denn wo bei Konkurrenzunternehmen oder Firmen anderer Branchen die Auftragslage rasant in den Keller fiel, kam bei Škoda mit 675.000 verkauften Fahrzeugen immer noch ein neues Rekordergebnis heraus. Das bestätigt Škoda-Sprecher Jaroslav Černý Radio Prag gegenüber:
„Die Zahlen sind zwar etwas niedriger ausgefallen als geplant, aber trotzdem haben wir 2008 mehr produziert und verkauft als 2007. Gegenüber 2007 haben wir den Verkauf um etwa sieben Prozent erhöht.“
Ohne die Krise hätte Škoda also sehr wahrscheinlich ein noch besseres Produktions- und Verkaufsergebnis eingefahren. Ab wann aber hat man denn die Krise überhaupt zu spüren bekommen?
„Bis zum September war die Nachfrage unserer Verkäufer in Westeuropa immer noch gut, entsprechend hoch waren ihre Bestellungen. Als dann aber die Krise auf die Märkte in Westeuropa übergriff, haben auch wir das sofort gespürt.“
Der Chef der Gewerkschaftsorganisation von Škoda, Jaroslav Povšík, hält entgegen, dass die Gewerkschafter schon zwei Monate früher auf erste Anzeichen der nahenden Krise hingewiesen hätten:
„Die Firmenleitung ist nicht zu uns gekommen, sondern wir haben auf die nahende Krise aufmerksam gemacht. Im Juli, als das Management noch damit beschäftigt war, die guten Verkaufszahlen an die VW-Zentrale zu melden, da haben wir bereits gemerkt, wie sich die Lagerhallen rings um unsere Produktionsgebäude gefüllt haben. Wir haben das Management darauf angesprochen und kurze Zeit später kam dann auch der Vorstand und erklärte, dass wir die Produktion wegen der überfüllten Lager senken müssen.“
Die ersten Maßnahmen zur Reduzierung der Produktion hat Škoda schon kurz nach Herbstbeginn vorgenommen, so Jaroslav Černý:
„Wir haben bereits im Oktober für eine Woche die Produktion gestoppt. Danach haben wir die Produktion an einzelnen Tagen eingestellt, und der Weihnachtsurlaub unserer Beschäftigten hat diesmal schon am 15. Dezember begonnen.“
Auch Jaroslav Povšík bestätigt, dass relativ schnell gehandelt wurde:
„Wir haben uns über Nacht dafür entschieden, alle Schichten mit Überstunden einzustellen. Des Weiteren wurde damit begonnen, das Personal an Leiharbeitern abzubauen. Und letztlich haben wir innerbetriebliche Regelungen für unser Stammpersonal getroffen.“
Zu diesen Regelungen zählt, dass Tätigkeiten, die zuvor von Leiharbeitern durchgeführt wurden, jetzt durch Stammkräfte verrichtet werden. Es sei schließlich das wichtigste Ziel, das Stammpersonal durch die Krise zu bringen, sagt Povšík. Aus diesem Grund wurden und werden die verkürzten Arbeitszeiten nach Aussage des Gewerkschaftschefs auch zu Aus- und Weiterbildungskursen genutzt:
„Zurzeit sind rund 1100 Beschäftigte bei diesen Schulungen. Das sind zum Beispiel Schweißer, die sich weiterbilden und den kleinen Schweißerpass ablegen müssen. Diejenigen, die diese Ausbildung aus gesundheitlichen Gründen nicht absolvieren können, sind überdurchschnittlich gut bezahlt zu Hause im Wartestand. Wenn es aber irgendeine Arbeit zu tun gibt, werden sie augenblicklich dazu herangezogen.“Innerhalb des VW-Konzerns sei die Vereinbarung getroffen worden, bis auf weiteres keine Produktionsstätten zu schließen und nach Möglichkeit auch kein Stammpersonal abzubauen, bekräftigte Povšík. Die Gewerkschafter haben daher der Entscheidung des Škoda-Vorstands, im ersten Halbjahr 2009 nur verkürzt und für weniger Lohn zu arbeiten, anstandslos zugestimmt. Jaroslav Černý zu den konkreten Absprachen, die zu Beginn des Jahres getroffen wurden:
„Wir haben die Produktion für 2009 mit der Gewerkschaft verhandelt und uns darauf geeinigt, ein halbes Jahr lang nur an vier Tagen die Woche zu arbeiten. Das heißt, jeden Freitag haben die Beschäftigten frei und sie erhalten für diese Zeit 75 Prozent ihres Durchschnittslohns. Wenn sich die Krisensituation aber bis zum zweiten Quartal dieses Jahres nicht bessern sollte, dann würden wir im Mai oder Juni nochmals verhandeln.“
Diese Beschlüsse sind inzwischen aber schon überholt. Dank verschiedener Maßnahmen mehrerer EU-Länder zur Belebung des Automarktes, hat sich auch die Auftragslage bei Škoda sprunghaft verbessert. Von diesen Maßnahmen hebt Jaroslav Černý besonders die in Deutschland eingeführte Abwrackprämie hervor:
„Die Abwrackprämie ist ein gutes Beispiel. In Deutschland hat man schnell auf die Krise reagiert und sich quasi von heute auf morgen für diese Prämie entschieden. Dazu sagt man in Tschechien: Wer schnell gibt, der gibt zweimal!“
Dank der deutschen Abwrackprämie sei vor allem die Nachfrage nach den Kleinwagen-Modellen von Škoda - dem Fabia und dem Roomster - gestiegen, so Černý. Deshalb haben die Autobauer in Mladá Boleslav schon im Februar wieder begonnen, auch freitags zu arbeiten. Und mittlerweile steht es fest: Mit Beginn des Monats März produziert Škoda die Mehrzahl seiner Modelle wieder durchgängig in der normalen Fünf-Tage-Arbeitswoche. Hat man also bei Škoda die Krise schon überstanden. Gewerkschaftschef Jaroslav Povšík verneinte diese Frage gegenüber Radio Prag, gab aber auch zu verstehen, dass die Situation mit der bei Opel in keiner Weise zu vergleichen sei. Und ein junger Arbeiter, den ich am Werkstor ansprach, ob er denn wegen der Krise Ängste habe, erwidert mit einem verschmitzten Lächeln:
„Zurzeit habe ich keine Angst. Alles in Ordnung, kein Problem!“