Chip-Mangel und Produktionsstopp: Tschechischer Staat plant Hilfen für Autoindustrie

Škoda als größter tschechischer Autohersteller stellt für zwei Wochen die Produktion ein. Zudem dürften weitere Einschränkungen bis Ende des Jahres nötig sein. Es liegt nicht an mangelnden Aufträgen, sondern an fehlenden Chips. Die Lage ist aber so ernst, dass die tschechische Regierung nun umfangreiche Hilfen plant.

Foto:  Škoda Auto

Seit Montag stehen die Fließbänder bei Škoda still. Bis auf eine Produktionslinie in Kvasiny ruht die Fertigung an allen drei Standorten in Tschechien. Und zwar bis Ende des Monats…

„Die zwei produktionsfreien Wochen nutzen wir zu mehreren Aktivitäten. Am Wichtigsten ist es, zehntausend Autos fertigzustellen, die auf Lagerflächen in Tschechien abgestellt sind. Natürlich kommunizieren wir mit unserem Sozialpartner, dem Metallgewerkschaftsverband Kovo. Die größte Priorität hat dabei, langfristig die Arbeitsplätze zu sichern und einen entsprechenden Lohnersatz zu bieten“, so Škoda-Sprecher Tomáš Kotera in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks.

Beim Lohnersatz haben beide Seiten bereits eine Einigung erzielt. Jaroslav Povšík ist Gewerkschaftsboss bei Škoda und leitet den Firmenrat:

Jaroslav Povšík | Foto: Jana Huzilová,  Tschechischer Rundfunk

„Die Beschäftigten erhalten 80 Prozent des durchschnittlichen Bruttolohns. Das deckt in etwa ihre täglichen Ausgaben.“

Hintergrund für den Produktionsstopp ist das weltweite Fehlen von Mikrochips und Halbleitern. Deswegen sind bereits jede Menge Schichten ausgefallen. Bei Škoda dürften letztlich rund 250.000 Autos weniger in diesem Jahr von den Bändern rollen, wie Gewerkschafter Povšík sagte. Aber auch die anderen beiden in Tschechien ansässigen Hersteller sind betroffen. So stoppte Toyota im mittelböhmischen Kolín zum Beispiel Mitte September seine Produktion für eine Woche. Hyundai beklagte ebenso Produktionsausfälle.

Bei Škoda rechnet man bis mindestens Ende des Jahres mit Einschränkungen. Ergänzend sagt Jaroslav Povšík:

Foto:  Škoda Auto

„Immerhin gehen die Lieferungen wieder nach oben. So sind Länder wie Malaysia aus dem Corona-Lockdown erwacht. Derzeit steht unsere Produktion vor allem wegen fehlender Mikrochips für Heckklappen und für Autoradios. Das dürfte sich demnächst bessern. Aber mit Sicherheit wird uns die Gesamtlage bei den Mikrochips auch im kommenden Jahr – oder zumindest in der ersten Hälfte 2022 – nicht erlauben, den vollen Produktionsumfang zu fahren, geschweige denn zusätzliche Kapazitäten zu nutzen.“

Die Autoindustrie ist jedoch eine Schlüsselbranche für Tschechien. Industrie- und Handelsminister Karel Havlíček (parteilos):

Karel Havlíček | Foto:  ČT24

„Die Produktion der großen Autohersteller ist um einen Wert im zweistelligen Prozentbereich eingebrochen. Das führt insbesondere auch zu Problemen bei ihren Zulieferern, die nicht so kapitalkräftig sind. Denn es handelt sich meist um kleinere Firmen. Tschechien ist zugleich in recht hohem Umfang von der Autoindustrie abhängig. Sie generiert zehn Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts und 20 Prozent des Exports.“

Etwa 1000 Firmen sind hierzulande betroffen, mit rund 180.000 Beschäftigten. Am Montag trafen sich daher die Sozialpartner, um über Hilfen zu beraten. Man einigte sich darauf, dass die Regierung ihr Hilfsprogramm „Antivirus“ aus Corona-Zeiten verlängert – und zwar speziell für den Automotive-Sektor. Das dürfte den ohnehin schon aufgeblähten Staatshaushalt für dieses Jahr aber zusätzlich belasten.

Foto:  Škoda Auto

„Die Hilfen reichen über den Rahmen des beschlossenen Haushalts hinaus, sie sind aber ein unerwartetes Ereignis. Der Umfang liegt bei mehreren Hundert Millionen Kronen im Monat, maximal aber bei einer Milliarde Kronen, denn es handelt sich um ein klar umgrenztes Segment der Wirtschaft“, erläuterte Minister und Vizepremier Havlíček.

Eine Milliarde Kronen sind im Übrigen knapp 40 Millionen Euro. Mit den Hilfen sollen die Firmen in der Lage sein, ihren Beschäftigten weiter einen Lohn zu zahlen. Allerdings muss erst noch die Europäische Kommission dem Vorhaben zustimmen.

Autor: Till Janzer
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