Solidarische Stromerzeugung: Registrierung der Energiegemeinschaften in Tschechien ausgeweitet
Seit Donnerstag können in Tschechien weitere sogenannte Energiegemeinschaften angemeldet werden. Sie teilen selbst produzierten Strom aus erneuerbaren Quellen untereinander auf. Wie viele solcher Gruppen könnten in den nächsten Jahren hierzulande entstehen?
„Es kommt nun zu einer wirklich revolutionären Veränderung bei der Energiegewinnung in Tschechien. Das heißt, ein Teil von ihr wird dezentralisiert und der Strom aufgeteilt.“
So äußerte sich vergangene Woche der Minister für Industrie und Handel, Jozef Síkela (Stan), und verwies damit auf die gerade entstehenden Energiegemeinschaften. Diese teilen Strom, der etwa über eine Photovoltaikanlage auf dem eigenen Hausdach produziert wird, untereinander auf.
Dieses Prinzip gilt für Häuser mit mehreren Wohneinheiten schon seit 2023. Seit diesem Donnerstag aber nimmt das Elektroenergetische Datenzentrum (EDC) nun auch die Anmeldungen von Gemeindeverwaltungen oder Firmen entgegen – oder aber von Einzelnutzern, die etwa ein Solarpanel auf dem Dach ihrer Datsche auf dem Land betreiben, den Strom nun aber auch in ihrem Wohnhaus in der Stadt nutzen wollen. Sie werden als sogenannter „aktiver Kunde“ registriert und können eine Kleingruppe mit bis zu elf Mitgliedern bilden. Hat eine Gruppe mehr Mitglieder, muss sie als Energiegemeinschaft eingetragen werden. In beiden Fällen habe das EDC 20 Tage Zeit, über den Antrag zu entscheiden, so Sprecher Michal Dolana:
„Je schneller die Registrierung beim EDC durchgeht, desto eher kann der Antragsteller mit der Energieaufteilung beginnen. Danach hängt es noch davon ab, wie schnell der Strommesser ausgetauscht wird, der für eine solche Gemeinschaft vorgeschrieben ist.“
Darum kümmert sich der Hauptenergielieferant, also große Unternehmen wie ČEZ oder E.on, kostenlos. Allerdings können sie dafür eine Frist von maximal drei Monaten ausschöpfen. So kann sich der eigentliche Tätigkeitsbeginn einer neuen Energiegemeinschaft in Tschechien durchaus noch bis Jahresende hinzuziehen.
Eine Energiegemeinschaft legt den Preis für ihren Strom selbst fest. Allerdings erfolgt die Verteilung der selbstproduzierten Energie nicht physisch. Es handelt sich vielmehr um einen Abrechnungsvorgang. Die Menge der produzierten und der verbrauchten Energie erscheint auf der Abrechnung vom Hauptlieferanten. Oder wie es Eliška Beranová von der Union der Energiegemeinschaften erläutert:
„Von dem Moment an, ab dem auf der Datsche Energie produziert wird, kann man zu Hause die entsprechende Menge an Strom in Anspruch nehmen, die von der Datsche aus in das Verteilernetz eingespeist wurde.“
Einen Erfahrungsbericht liefert Leopold Benda von dem Unternehmen iKomunita, das etwa ein Prager Mietshaus mit einer Solaranlage ausgestattet hat:
„Die ursprüngliche Absicht war, den Strom ausschließlich für die Warmwasseranlage zu nutzen. Sehr schnell hat sich aber gezeigt, dass auch eine relativ kleine Photovoltaikanlage von 12 Kilowatt das Wasser für die 23 Wohnungen im Hause innerhalb von elf Stunden erhitzen kann. Wenn nun also keine Speichertechnik für den Überschuss vorhanden wäre, würde der Reststrom für 0,20 Kronen ins öffentliche Verteilernetz fließen.“
Stattdessen hätten die Mitglieder aber Batterien installieren lassen, die ebenfalls intern genutzt würden, so Benda. Und so sei ihr Strom um acht Kronen (31 Eurocent) pro Kilowatt günstiger als beim Großanbieter.
Energiegemeinschaften nutzen hierzulande vor allem Solarpaneele. Infrage kommen aber auch andere erneuerbare Quellen, wie etwa Windkraft, Wärmepumpen, Wasserkraft oder Biogasanlagen. Bei letzteren planen also auch Landwirte, sich den Gruppen anzuschließen. Ebenso können sich Vereine oder Genossenschaften beim EDC registrieren. Gegen ein wichtiges Kriterium dürfe allerdings nicht verstoßen werden, betont Michal Kebort, Sprecher der Energieregulierungsbehörde (ERÚ):
„Dem Gesetz nach muss auch der Gründungsakt überprüft werden, also zu welchem Zweck sich die Energiegemeinschaft bildet. Ihr Charakter sollte nicht vorrangig gewinnorientiert sein. Den Mitgliedern sollten hingegen ökologische, wirtschaftliche und soziale Vorteile geboten werden. Kurz gesagt: Der Hauptzweck der Gruppe darf nicht in der Gewinnerzielung liegen.“
Die tschechische Union der Energiegemeinschaften erwartet, dass sich bis 2030 eine halbe Million Privathaushalte dem Konzept anschließen könnten und zudem jede sechste Gemeinde im Land.