Sommerbilanz für Tschechiens Burgen und Schlösser: Weniger Touristen als vor Corona
Sehenswürdigkeiten voller Touristen, Warteschlangen und volle Parkplätze? So sah es vor der Corona-Pandemie aus. Heute ist die Zahl der Besucher geringer, wie die Daten des Nationalen Denkmalschutzamtes zeigen. Vor allem das Ausbleiben der Touristen aus dem Ausland, aber auch die aktuelle Finanzlage der tschechischen Familien sollen Schuld daran haben.
Sie komme fast jedes Jahr nach Třeboň. Das Reiten auf Pferden, Fahrradtouren, eine Schifffahrt, aber auch Besichtigungen von Schlössern gehörten zu ihrem Urlaubsprogramm, sagt Radka Nygrýnová aus Havlíčkův Brod. Sie hat sich mit ihrer Familie gerade das Schloss Třeboň / Wittingau angeschaut.
Auf den ersten Blick sind viele Touristen im Schlosshof zu sehen. Doch laut der stellvertretenden Kastellanin, Erika Suchanová, ist die Zahl der Besucher im Vergleich zu den Zeiten vor Corona geringer:
„Das hat uns gewissermaßen überrascht. Ich führe das auf die Tatsache zurück, dass wir den Eintrittspreis erhöhen mussten. Leider sind die Zeiten so. Zu Beginn der Sommerferien hatten wir nur etwa ein Drittel der Besucher als vor Corona, aber jetzt geht es aufwärts. Ende Juli und Anfang August haben wir über 500 Besucher pro Tag gezählt.“
Die Besucherzahlen in staatlichen Denkmälern sind im Vergleich zu 2019 um etwa 35 Prozent gesunken. In Südböhmen ist der Rückgang allerdings noch stärker. Laut Petr Pavelec, dem Direktor des Denkmalschutzamtes in České Budějovice / Budweis, liegt das an mehreren Faktoren:
„Verglichen mit der Zeit vor der Coronapandemie mussten wir einen Rückgang von etwa 50 Prozent hinnehmen. Das klingt dramatisch, aber wir wissen ganz genau, warum dies so ist: Der Rückgang ist in den großen Schlössern wie Hluboká (Frauenberg, Anm. d. Red.) und Český Krumlov (Krumau, Anm. d. Red.) besonders stark, wo wir traditionell die höchsten Besucherzahlen verzeichnen. Dort fehlen nun die Kunden aus Asien und Russland. Das spiegelt sich radikal in der prozentualen Bewertung der Region wider.“
Seine Worte werden auch vom stellvertretenden Leiter des tschechischen Denkmalschutzamtes Oldřich Pešek bestätigt:
„Der ausländische Tourismus ist schwach und steckt nach Corona noch in den Kinderschuhen. In diesem Bereich hatte die Pandemie wahrscheinlich die stärksten Auswirkungen. Ausländische Besucher fehlen in Český Krumlov, Lednice (Eisgrub, Anm. d. Red.) und Karlstein völlig. Ihre Zahlen ist im Vergleich zu dem, was wir in den vergangenen Jahren gewohnt waren, marginal.“
Ein weiterer Faktor sei die finanzielle Situation der tschechischen Familien, meint Pavelec:
„Die Energie- und Lebensmittelpreise steigen. Das ist vielleicht einer der Gründe dafür, dass auch die kleineren und mittleren Burgen und Schlösser nicht wieder zu den Vor-Corona-Zahlen zurückkehren. Wahrscheinlich sparen die Leute mehr.“
Erika Suchanová vom Schloss Třeboň bestätigt diese Vermutung anhand ihrer Erfahrungen:
„Früher war es üblich, dass die Besucher mindestens zwei Besichtigungsrunden gemacht haben, aber heute wählen die Leute wirklich sorgfältig aus. Ich glaube, sie entscheiden sich aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten und der Ticketpreise.“
Sollte sich die diesjährige Saison wie im optimistischen Szenario entwickeln, könnte die Gesamtzahl der Besucher der Burgen und Schlösser nach Schätzungen des Denkmalschutzamtes bis zum Ende des Jahres vier Millionen erreichen. Das wäre etwa eine Million weniger Besucher als vor der Corona-Pandemie.