Spidla: Tschechien wird trotz Beschränkungen vollwertiges EU-Mitglied sein
Nach langen zähen und hartnäckigen Verhandlungen haben sich die Länder der Europäischen Union am Freitagabend in Kopenhagen mit den zehn EU-Beitrittskandidaten auf ein Finanzpaket für die Erweiterung geeinigt. Damit wurde der Weg frei für die größte Erweiterung in der Geschichte der Europäischen Union, die ihre neuen Mitglieder - darunter die Tschechische Republik - aller Voraussicht nach am 1. Mai 2004 in ihrer Mitte aufnehmen wird. Wie die Tschechische Republik mit den in Kopenhagen ausgehandelten Beitrittsbedingungen und finanziellen Zuwendungen von Seiten der EU zufrieden ist, dazu ein Bericht von Lothar Martin.
Mit diesen Worten würdigte der dänische Regierungschef Anders Fogh Rasmussen am Freitagabend in Kopenhagen das wenige Minuten zuvor erzielte Verhandlungsergebnis, das den Beitritt der zehn Kandidatenländer in die Europäischen Union ermöglicht hat. Nach der für 2004 geplanten Realisierung der EU-Erweiterung wird die Union damit ihr Gebiet um etwa 30 Prozent vergrößern und dann fast 500 Million Einwohner haben.
Letzte finanzielle Zugeständnisse hatten vor allem Polen am Freitag die Zustimmung erleichtert. Aber auch Tschechien erzielte in letzter Minute kleine finanzielle Vergünstigungen. So kann Prag neben den zugesicherten 83 Millionen Euro an Haushaltskompensationen weitere 100 Millionen Euro aus den strukturellen Fonds für den Finanzausgleich nutzen. Ein weiteres Ergebnis ist die Möglichkeit, in den Jahren von 2004 bis 2006 die Direktzuwendungen für die Landwirtschaft aus dem Staatshaushalt auf 55, 60 und 65 Prozent des EU-Niveaus anzuheben. Doch der tschechische Ministerpräsident Vladimír Spidla sieht nicht nur in diesen Rahmenbedingungen viele Vorteile für sein Land zukommen."Die Grenzen, die bisher existierten, werden fallen und unsere Menschen werden bei ihren Aufenthalten in Europa weitaus größere Freiheiten genießen. Auch unsere Unternehmer werden sich ohne Probleme auf dem großen europäischen Markt bewegen können."
Andererseits werden den tschechischen Bürgern und Unternehmern auch nach dem Beitritt noch einige Beschränkungen auferlegt, insbesondere was ihre Freizügigkeit auf dem europäischen Arbeitsmarkt oder den Handlungsspielraum der Spediteure anbelangt. Diese Einschränkungen wollte Spidla jedoch nicht so verstanden wissen, dass die Tschechische Republik zunächst kein vollwertiges EU-Mitglied sein werde.
"Ich habe kein einziges Signal und keine Information darüber, die dafür sprechen würden, dass wir kein vollwertiges Mitglied der Europäischen Union sein werden. Ein Mitglied zu sein, das ein Vetorecht hat und damit in entscheidenden Momenten das gleiche Gewicht wie zum Beispiel Deutschland, Frankreich, Spanien oder auch Luxemburg - das bedeutet doch nicht, zweitrangig zu sein."
Nach seiner Rückkehr aus Kopenhagen nannte es Spidla nunmehr als vorrangiges Ziel, die Bürger des Landes von den mehrheitlichen Vorteilen des tschechischen EU-Beitritts zu überzeugen. Denn in einem Referendum, das für Juni kommenden Jahres anberaumt ist, fällt wohl erst die endgültige Entscheidung darüber, ob Deutsche und Österreicher ihren Nachbarn bald in ihrer Mitte werden begrüßen können.