Staatlich regulierte Mieten sollen schrittweise erhöht werden

Wer sich in Tschechien ein wenig nach Mietpreisen umhört, der wird schnell auf ein enormes Gefälle stoßen: auf der einen Seite minimale regulierte Mieten staatlicher Wohnungen - eine Erbschaft des Kommunismus -, auf der anderen gesalzene Preise auf dem freien Wohnungsmarkt. Für eine Angleichung soll eine Gesetzesvorlage der tschechischen Regierung sorgen, der am Dienstag das Abgeordnetenhaus grünes Licht gegeben hat. Er sieht vor, dass die Mietpreise für die 20 Prozent Wohnungen in Gemeindebesitz ab 1. Januar 2007 pro Jahr durchschnittlich um 14 Prozent erhöht werden.

Mit der Schritt weisen Deregulierung, so argumentiert die Regierung, sollen auf der einen Seite sozial schwache Mieter vor zu großen Preissprüngen bewahrt, auf der anderen Seite aber auch den Wohnungseigentümer höhere Einnahmen für Reparaturen und Instandsetzungen garantiert werden. Der tschechische Minister für Regionalentwicklung, Radko Martinek, spricht daher von einem "vernünftigen Kompromiss zwischen zwei Lagern":

"Die Deregulierung wird vernünftig, das heißt sozial verträglich sein. Und für die Hausbesitzer bedeutet das Gesetz, dass sie in vier Jahren Verhältnisse nach europäischem Standart haben werden."

Eine Milchmädchenrechnung, meint Tomislav Simecek, Vorsitzender der "Vereinigung tschechischer Hausbesitzer". Denn die Einnahmen der privaten Haushalte werden in dem genannten Zeitraum voraussichtlich in ähnlichem Maße steigen wie die Mieten, so dass sich an dem generellen Missverhältnis nichts ändert:

"Die Leute werden nach wie vor im Durchschnitt weniger als sechs Prozent ihrer Netto-Einkünfte für Mieten ausgeben."

Dieser Zustand ist für die Hauseigentümer unhaltbar. Sie fordern daher, dass mit der Deregulierung der Mietpreise nicht erst 2007, sondern sofort begonnen wird. Bereits im Frühjahr haben sie daher beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eine Sammelklage gegen die Mietpreis-Politik der tschechischen Regierung eingereicht. Einer der Unterzeichner ist der Prager Hausbesitzer Pavel Prochazka. Seiner Meinung nach versuche die Regierung mit ihrer Gesetzesvorlage lediglich weitere Klage in Straßburg zu vermeiden, ohne an einer tatsächlichen Lösung des Problems interessiert zu sein. Denn an diesem, d.h. an den z.T. absolut unverhältnismäßig niedrigen Mietpreisen ändere sich durch den jetzigen Gesetzentwurf de facto gar nicht, illustriert Prochazka an einem Beispiel aus seinem eigenen Haus:

"Wenn die Managerin einer westlichen Firma für ihre Wohnung gerade einmal 20 Euro Miete zahlt, dann ist selbst eine Mieterhöhung um das zwei- bis dreifache absolut unbedeutend."

Kritik an dem Gesetzentwurf äußerten auch die oppositionellen Kommunisten und die konservative Demokratische Bürgerpartei ODS. Letztere fordert größere Freiheiten für Hausbesitzer und Mieter beim Abschließen der Mietverträge. Es steht daher zu erwarten, dass die obere Parlamentskammer, in der die ODS über eine Stimmenmehrheit verfügt, den Gesetzentwurf in veränderter Fassung dem Abgeordnetenhaus erneut zur Verhandlung vorlegt.