Staatspräsident Klaus kritisiert Europapolitik der Regierung
Lange Zeit war es still um die tschechische Europapolitik. Beinahe konnte man den Eindruck gewinnen, dass bei diesem früher heiß diskutierten Thema eine gewisse Beruhigung eingetreten ist. Man erinnere sich nur, wie vor zwei Jahren über viele Wochen hinweg über die Unterzeichung des Lissabonvertrags gestritten worden ist. Doch anlässlich der Jahrestagung der tschechischen Botschafter in der vergangenen Woche in Prag sind die alten Konflikte wieder offen zu Tage getreten. Ein Konflikt zwischen jenen, die sich mehr Europa wünschen und den Gegnern einer solchen Strategie. Und erneut war es der tschechische Staatspräsident Václav Klaus, der mit seiner Europakritik und einer neuen Forderung aufhorchen ließ. Er forderte, Tschechien solle bei der Europäischen Kommission eine Ausnahmeregelung aushandeln, die die Tschechen von einer Einführung des Euro befreit, wie zum Beispiel die Briten oder die Dänen. Zur tschechischen Europapolitik ein Gespräch mit dem Politologen und Radio-Prag-Mitarbeiter Robert Schuster.
„Ich denke nicht. Tschechien hat sich verpflichtet, wie alle anderen Länder, die 2004 der Europäischen Union beigetreten sind, den Euro früher oder später einzuführen. Außerdem muss Tschechien, ebenfalls wie die anderen Länder, die noch nicht in der Eurozone sind, der Europäischen Kommission regelmäßig Bericht erstatten. Die Kommission möchte wissen, wie weit Tschechien mit den Vorbereitungen ist, inwiefern die Defizite abgebaut werden oder wie es um die Neuverschuldung steht. Wichtig ist, inwiefern die Stabilitätskriterien des Euro erfüllt werden und was Tschechien unternimmt, um diese zu erfüllen. Diese Kriterien sind für viele Länder auch deshalb wichtig, weil die meisten ohne ein vergleichbares Ziel nicht motiviert wären, wirklich zu sparen, die oft seit vielen Jahren angehäuften Schulden zu begleichen beziehungsweise die eigenen Probleme anzupacken. Derzeit sieht es zwar so aus, als ob der Euro in einer schweren Krise steckt. Die Lage kann jedoch schon in vier oder fünf Jahren, wenn Tschechien eventuell alle Kriterien für den Euro erfüllen wird, eine völlig andere sein. Vielleicht ist der Euro dann schon wieder attraktiv und für den Fall wäre es gut, wenn Tschechien vorbereitet ist.“
Vergangene Woche wurden unabhängig voneinander zwei Europastaatssekretäre ernannt: einer im Amt des Premiers, der andere im Außenministerium. Kann das gut gehen oder macht sich Tschechien damit zum Gespött in Europa?
„Ich denke, dass diese Entscheidung früher oder später zu Konflikten führen wird. Und zwar deshalb, weil die Motive für diese Ernennungen im vollkommenen Gegensatz zueinander stehen. Außenminister Schwarzenberg hat Jiří Schneider deshalb zu seinem Europastaatssekretär ernannt, damit dieser ihn in Brüssel vertritt und dadurch entlastet. Dabei geht es vor allem um europäische Fragen. Schwarzenberg ist ja nicht nur Außenminister, sondern auch Vorsitzender einer Regierungspartei und Vizepremier. Gerade als solcher ist er bei wichtigen innenpolitischen Themen und auch bei Konflikten innerhalb der Regierungskoalition in Prag unabkömmlich. Da ist es gut, wenn jemand wie Jiří Schneider den Außenminister in Brüssel vertritt. So kann sozusagen Europapolitik aus einem Gus präsentiert werden. Das Motiv hinter der Ernennung des zweiten Staatssekretärs im Amt des Premierministers ist ein völlig anderes. Damit wird versucht, die ´zu europafreundliche´ Politik des Außenministers zu kontrollieren. Es soll eine gewisse Querkompetenz geschaffen werden, um die anderen Ministerien in ihren europapolitischen Anliegen ein wenig einzuschränken und ihnen für ihre Agenden auch eine Richtung vorzugeben. Hierbei wird es sicherlich zu Konflikten kommen, denn ich bezweifle, dass eine klare Trennlinie geschaffen werden kann. Außenminister Schwarzenberg hat am Sonntag in einem Fernsehinterview erklärt, dass es gelingen wird zu unterscheiden welche Kompetenzen der Staatssekretär im Außenministerium und welche der Staatssekretär im Amt des Premierministers haben wird. Soweit wird es nicht kommen, denn der Charme dieser Lösung ist ja, dass die Kompetenzen ganz bewusst geteilt werden, um sich dann gegenseitig kontrollieren zu können. Das wird nicht funktionieren.“
Sind andere Bereiche der Außenpolitik ebenfalls Konfliktthemen zwischen dem Präsidenten und dem Außenministerium?
„Václav Klaus kritisiert fast alles, was irgendwie mit der Außenpolitik zusammenhängt. Eine Ausnahme ist vielleicht das Verhältnis zu den Vereinigten Staaten. Dort gibt es eine Art Konsens. An erster Stelle kritisiert Klaus die Entwicklungshilfe. Entwicklungspolitik ist etwas, was Václav Klaus für unnötig hält. Seiner Meinung nach sei die besser Lösung, dass sich die Entwicklungsländer selber helfen. Milliarden Euro in deren Wirtschaft hineinzupumpen und dann ohne Ergebnis dazustehen ist für Klaus keine Lösung. Ein weiteres wichtiges Konfliktfeld in der Außenpolitik ist auch das Verhältnis Tschechiens zu Ländern, die zwar wirtschaftlich gesehen sehr attraktiv sind, beispielsweise ressourcenreiche Länder wie Russland oder China, es aber mit den Menschenrechten nicht so ernst nehmen. Oder auch Länder, in denen es gewisse Differenzen zum europäischen Weltbild gibt. Václav Klaus hat in der Vergangenheit immer gemeint, man solle die wirtschaftlichen Interessen nicht für derartige Ideale opfern, sondern müsse sich in erster Linie um die Schaffung von Arbeitsplätzen in Tschechien kümmern. Václav Klaus Politik ist eben auf die Wirtschaft ausgerichtet.