Stadtmuseum in Králíky / Grulich
Die ostböhmische Stadt Králíky / Grulich liegt ganz in der Nähe der polnischen Grenze, zwischen dem Glatzer Schneegebirge und dem Hannsdorfer Bergland. Einst führte ein alter Handelsweg durch diese Region der das mährische Olomouc / Olmütz über das Glatzer Land mit Breslau verband. Im Stadtmuseum von Králíky sind einige Dauerausstellungen zu sehen, die sich mit der Geschichte der Region sowie beispielsweise mit dem dort früher blühenden Orgelbau befassen.
Michal Kos arbeitete an der Zusammenstellung eines regionalen Lesebuchs mit, das verschiedene Bereiche des Lebens in der Region beschreibt: die Bevölkerung, die typischen Industriezweige und Handwerksberufe, die Architektur sowie die Natur. Bei der Arbeit am Lesebuch sei er sich erst bewusst geworden, wie kurz hier die tschechischen Bewohner leben:
„Ich bin hier zwar aufgewachsen. Aber je älter ich werde, desto mehr entdecke ich über meinen Heimatort. Die Stadt ist aller Wahrscheinlichkeit nach Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden. Die Bezeichnung ´Greylich´ soll schon Karl IV. erwähnt haben, er sprach von ´montana de greylich´. Dies könnte man aus dem mittelalterlichen Latein sowohl als Bergwerk übersetzen, das einem Greylich gehörte oder aber auch als ein Gebirge, das Greylich hieß. Jedenfalls wurde vom deutschen Namen Grulich die tschechische Bezeichnung Králíky abgeleitet. Im 16. Jahrhundert lebten in Grulich auch tschechisch-sprachige Bewohner, denn in den Chroniken kommen Namen wie beispielsweise Bednarz vor. Es handelte sich wahrscheinlich um Menschen, die aus dem nahe gelegenen Mladkov / Wichstadtl nach Grulich zogen. Mladkov ist heute nur ein Dorf, damals war es ein Grenzstädtchen. Nach dem Dreißigjährigen Krieg gab es hier aber fast keine tschechischen Namen mehr.“ Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als in den neu gegründeten Fabriken Arbeitskräfte gebraucht wurden, sind auch einige tschechisch sprachige Familien nach Králíky gekommen. Weitere Tschechen ließen sich hier erst nach 1918 nieder, zum Beispiel waren die Beamten der Staatsverwaltung sowie die Eisenbahner Tschechen. Trotzdem lebten 1938 in der Stadt etwa 4.000 Deutsche und nur circa 700 Tschechen, sagt Michal Kos."In der Stadt sind nach dem Krieg laut Chronik nur etwa 70 oder 80 deutschsprachige Familien verblieben, sie wurden nicht vertrieben. Es handelte sich vor allem um Familien von Arbeitern, die in den hiesigen Textilfabriken beschäftigt waren. Ihre technologischen Kenntnisse wurden damals gebraucht. Heutzutage leben aber nur noch ein paar Deutsche hier. Die ehemaligen Bewohner kommen aber oft nach Králíky, um vor allem den Wallfahrtsort auf dem Muttergottesberg zu besuchen.“
Michal Kos arbeitet mit dem Verein „Post bellum“ am europäischen Internetprojekt „Paměť národa“ (Erinnerung des Volkes) zusammen, bei dem Erinnerungen von Zeitzeugen gesammelt werden. Die Zeitzeugenberichte können bei Zustimmung des Zeitzeugen zu Forschungszwecken genutzt werden. Der Museumsleiter bemüht sich, die Erinnerungen einiger der ehemaligen deutschsprachigen Bewohner der Region für das Projekt aufzuzeichnen.
„Viele der hiesigen Bewohner haben Krippenfiguren und Rosenkränze geschnitzt. Diese wurden dann bei Wallfahrten verkauft. Als Kaiser Josef II. die Stadt besuchte, baten ihn die Grulicher darum, dass er das Kloster auf dem Muttergottesberg nicht schließen dürfe. Denn die Bewohner haben zum Teil von den Wallfahrten gelebt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand hier eine Grulicher Holzschnitzerschule. Ihr Ziel war es, das künstlerische Niveau der Krippenfiguren aufrechtzuerhalten. Die im Museum ausgestellten Krippenfiguren kommen den Besuchern im Vergleich mit den farbigen volkstümlichen Holzfiguren sehr streng vor.“
Im Museum werden neben den Dauerausstellungen auch Kunstausstellungen veranstaltet. Alle Gemälde, die in den Sälen hängen, stammen von Künstlern, die schon einmal im Museum ausgestellt haben. Zu ihnen gehört auch Herbert Bergmann-Hannak, der in Grulich geboren wurde. Michal Kos:„Der Maler ist leider vor kurzem gestorben. Er war ein Deutscher, der 1946 vertrieben wurde. Nach 1989 begann er, seine Heimatstadt wieder zu besuchen. Er wurde hier herzlich empfangen und hat viele verwandte Seelen gefunden. Aus dem Grund hat er dem Stadtmuseum mehrere Gemälde geschenkt. Es gibt noch eine weitere bekannte Persönlichkeit, die aus dieser Region stammte: Franz Jentschke ist in Celné / Zöllnei, unweit von Králíky, geboren. Er hat vor allem große Verdienste um die Renovierung des Klosterareals auf dem Muttergottesberg. Nicht zuletzt stammt die Schriftstellerin Gudrun Pausewang aus dem Mladkov / Wichstadtl, ganz in der Nähe. Sie ist vor allem als Kinderbuchautorin bekannt geworden, schrieb aber auch Bücher mit deutsch-tschechischer Thematik“.
Ins Tschechische wurden inzwischen Pausewangs Bücher „Fern von der Rosinkawiese“, „Die geliebte Rosinkawiese“ sowie die „Rotwengel-Saga“ übersetzt. Die Museumsmitarbeiterin Žaneta Filipová ist mit Gudrun Pausewang befreundet. Zur ersten Begegnung mit der Autorin sei es aber rein zufällig gekommen, sagt sie.„Eines Montags, wir hatten eigentlich wie jedes Museum an diesem Tag geschlossen, kam Gudrun Pausewang hier herein. Obwohl sie sich nicht vorstellte, erkannte ich Frau Pausewang aufgrund ihrer Bücher und ihres Autorenfotos sofort. Daraufhin sprach ich sie an und es stellte sich heraus, dass es tatsächlich die Autorin war. Im Laufe der Zeit hat sich aus dieser Begegnung eine Zusammenarbeit, sowie eine große Freundschaft entwickelt.“
Kommt Gudrun Pausewang regelmäßig nach Grulich?„Frau Pausewang ist öfter in Grulich gewesen. Sie kam sogar sehr oft mit ihrem Bruder hierher. Doch in den letzten Jahren war es ihr aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters nicht mehr möglich zu kommen. Trotz allem ist Gudrun Pausewang immer noch sehr aktiv, sie gibt auch noch Lesungen. Jedoch bereist sie für ihre Lesungen nur noch die benachbarten Länder, wie Österreich oder die Schweiz.“
Das Stadtmuseum in Králíky ist täglich außer montags von 9 bis 11.30 Uhr und von 12.30 bis 16 Uhr, in der Sommersaison bis 17 Uhr geöffnet. Mehr über das Museum erfahren Sie unter www.muzeumkraliky.cz.