Standard- und Privatleistungen ärztlicher Versorgung – Stolperstein des Sozialdialogs

Zum ersten Mal nach dem Streik der Gewerkschaften haben sich die Sozialpartner am Montag am Verhandlungstisch getroffen. Die Gesundheitsreform war das heiße Thema der sechsstündigen Gespräche und sie war auch einer der Gründe gewesen, warum in der vergangenen Woche gestreikt worden war. Aber auch am Montag wurde kein Kompromiss gefunden. Der umstrittenste Teil der Gesundheitsreform ist die Unterscheidung zwischen Standard- und Privatleistungen bei der ärztlichen Versorgung.

Die Regierung hat am Montag die Forderung der Gewerkschafter abgelehnt, die so genannte kleine Gesundheitsreform noch einmal zur Überarbeitung im Abgeordnetenhaus freizugeben. Am Dienstag haben die Abgeordneten daher die entsprechende Gesetzesnovelle, mit der die Gesundheitsreform hierzulande angestoßen wird, in letzter Lesung vorgelegt bekommen.



Ein Dorn im Auge der Gewerkschafter und der Opposition sind dabei gerade die wichtigsten Änderungen in der ärztlichen Versorgung. Das Gesetz soll neben medizinischen Behandlungen, die von den Krankenversicherungen erstattet werden, auch Privatbehandlungen möglich machen, die vom Patienten direkt bezahlt werden. Dabei kann es sich zum Beispiel um eine teurere Behandlungsmethode beziehungsweise besseres Material etwa bei Gelenkprothesen oder Kontaktlinsen handeln. Die als Standard geleistete medizinische Behandlung soll mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen, aber auch mit den Kosten im Einklang stehen. Gerade dieser Punkt der Reform wird von Opposition und Gewerkschaften am schärfsten kritisiert. Die Vorsitzende des Gewerkschaftsverbands im Gesundheitswesen, Dagmar Žitníková:

Dagmar Žitníková  (Foto: ČTK)
„Uns stört vor allem die Änderung im Paragraf 13, in dem heute festgelegt wird, dass der Patient Anspruch auf Behandlung beim Arzt, beim Zahnarzt, auf Kurbehandlung sowie Pflege im Krankenhaus hat. In der Novelle steht, der Patient hat Anspruch auf eine Behandlung, die modern und für den Patienten sicher ist und am wenigsten Kosten verursacht. Im neuen Gesetz steht überhaupt nicht, welche Behandlungen der Patient tatsächlich beanspruchen kann. Außerdem steht im Gesetz, dass der Patient über die Krankenversicherung nur Anspruch auf die billigsten medizinischen Geräte, auf das billigste medizinische Material hat, und dies dann zum Teil auch nur zu 75 Prozent von den Krankenkassen finanziert wird.“

Leoš Heger  (Foto: ČTK)
Im Falle, dass das Gesetz verabschiedet wird, wollen sich die oppositionellen Sozialdemokraten gerade wegen der Definition von Standard- und Privatleistungen in der ärztlichen Versorgung an das Verfassungsgericht wenden. Gegen die Vorwürfe der Sozialdemokraten und der Kommunisten, dass das neue Gesetz unterschiedliche medizinische Pflege für Arme und für Reiche einführe, wehrt sich Gesundheitsminister Leoš Heger:

„Leistungen, die preislich anspruchsvollere Alternativen haben, werden immer in der billigeren Variante festgelegt. Diese stellen aber die gesundheitlichen Bedürfnisse des Patienten völlig zufrieden.“

Neu ist auch, dass statt der bisherigen 60 Kronen für einen Tag im Krankenhaus 100 Kronen bezahlt werden sollen. Aufgehoben wird dagegen die Erhebung von Rezeptgebühren für jedes einzelne Medikament, die Gebühren sollen nur noch je Rezept erhoben werden. Das Gesetz ändert zudem die Arzneipolitik sowie das System der Krankenversicherungen. Mit allen Maßnahmen zusammen sollen insgesamt 2,5 Milliarden Kronen (umgerechnet 100 Millionen Euro) im Gesundheitswesen eingespart werden.