Start-up „hört“ Maschinendefekte voraus
Das Start-up Neuron Soundware aus Prag hat sich darauf spezialisiert, Maschinendefekte vorauszusagen. Das junge Unternehmen hat ein System entwickelt, das Geräusche analysiert – und so prognostizieren kann, ob und wann eine Anlage kaputtgehen wird.
Der gebürtige Niederländer managt den Verkauf bei Neuron Soundware. Im Falle des Automotors kann es bereits zu spät sein – und die Rechnung in der Werkstatt teuer. Wünschenswert wäre also einzugreifen, bevor ein Schaden entsteht. Das wird schon lange in Unternehmen versucht: Fachkräfte sollen feststellen, ob Anlagen verschleißen – beispielsweise, indem sie Unregelmäßigkeiten hören. Dieses Prinzip habe aber Nachteile, meint Erkelens.
„Wenn man Menschen einsetzt, hat man das Problem, dass die Kontrolle nicht konstant ist. Menschen können Fehler machen. Und am Montagmorgen ist man nicht derselbe wie am Freitagmittag. In dem Moment entstehen Unterschiede in den Messergebnissen.“
Das System von Neuron Soundware soll die Messungen konstant machen. Es besteht aus einer Soft- und einer Hardware. Die Anlagen der Kunden werden dabei mit Sensoren überwacht. Diese können in Echtzeit Geräusche messen, die das menschliche Ohr nicht mehr wahrnehmen kann. Erkelens erläutert, wie das System funktioniert:„Es hört, wie eine Maschine läuft. Die Drehungen verursachen Lärm. Und den Lärm misst man. Darauf basierend berechnet das System, ob das Gerät schwächer wird, Abweichungen aufweist oder ausfallen wird.“
Die Software vergleicht die gemessenen Geräusche mit denen, die eine störungsfreie Maschine macht.
„So erkennen wir: Wenn die Maschine diesen Ton produziert, ist alles in Ordnung. Wenn dieser Ton aber hoch geht, verschleißt sie“, sagt Erkelens.
Verschiedene Zustände, verschiedene Geräusche
Bislang kann das System des Unternehmens allerdings nicht für jede Anlage verwendet werden.„Für einige Produkte haben wir eine funktionierende Lösung. Es gibt aber Geräte, von denen wir noch nicht genug Daten haben. Im Prinzip funktioniert das System, aber es gibt noch keine passende Lösung für alle Geräte.“
Denn Neuron Soundware ist darauf angewiesen, eine breite Datenbasis über die Anlagen zu erheben. Von fehlerfrei über Verschleiß bis zum nahenden Ausfall – die Software muss schließlich die verschiedenen Geräusch-Zustände miteinander vergleichen können. Der Datenschutz sei dabei aber kein Thema, sagt Erkelens.
„Wir speichern keine persönlichen Daten oder zum Beispiel Daten von Volkswagen. Nein: Wir speichern Daten darüber ab, wie ein bestimmtes Gerät funktioniert. Es ist nicht so, dass jemand anderes damit etwas anfangen kann. Wir benutzen die Daten nur, um Analysen zu machen.“
Gegründet wurde Neuron Soundware 2016 in Prag. Mittlerweile hat das junge Unternehmen fast 40 Mitarbeiter. Spezialisiert hat man sich auf bestimmte Branchen.
Stromausfälle vermeiden
„Dort, wo die Not von den Kunden am größten ist, wenn eine Maschine streikt. Ganz einfaches Beispiel: eine Energiezentrale. Wenn diese ausfällt, weil irgendwo eine Pumpe schlapp macht, dann muss man die Maschine abschalten. Man kann nicht anders. Wenn es keine Kühlung gibt, besteht Explosionsgefahr. Man muss einfach die Anlage herunterfahren.“Das bedeutet, dass unzählige Haushalte ohne Strom auskommen müssen. Mit Prognosen zu möglichen Maschinendefekten sollen solche Vorfälle vermieden werden. Auch bei Anlagen, deren Wartung aufwendig ist, wird das System angewendet. Beispielsweise bei Windparks im Meer.
„Da muss eigentlich alle drei oder sechs Monate jemand hin. Und der muss kontrollieren, ob alles da oben funktioniert. Man kann zwar feststellen, ob sich das Windrad dreht, aber nicht, ob alles richtig funktioniert. Das heißt, man macht eine Inspektion.“
Diese Inspektionen sollen mithilfe der Software gezielt durchgeführt werden können.
„Und man kann sehr gezielt sagen: Ich brauche nicht jeden Turm zu erklimmen und oben zu messen. Sondern man kann planen: Heute machen wir Turm 1,3 und 5. Und die anderen 20, die müssen wir nicht jetzt machen.“Auch für die Europäische Weltraumorganisation ESA ist das Start-up im Einsatz.
„Wenn man Raketen baut, die länger unterwegs sind und von Robotern repariert werden, dann muss man ja Einsicht haben, wenn etwas repariert werden muss. Und da läuft ein Projekt. Worum es genau geht, darf ich leider nicht sagen, aber es gibt ein Projekt.“
Dass Privatleute künftig den Zustand ihrer Kaffeemaschine abhören können, soweit werde es aber wohl nicht kommen, sagt Erkelens. Dafür sei die Technologie dann doch zu teuer. Dennoch erwirtschaftet das Start-up noch keinen Gewinn.
„Es hängt aber auch davon ab, was man als profitabel bezeichnet. Die Projekte, die wir machen, machen wir nicht mit Verlust – so ist es nicht. Aber wir betreiben auch noch viele Studienprojekte.“
Schließlich ist eine breite Datenbasis für das Start-up wichtig. Denn die Konkurrenz schläft nicht: Neuron Soundware ist nicht das einzige Unternehmen auf dem Markt, das sich auf die Prognose von Maschinendefekten spezialisiert hat. Und John Erkelens ist sicher, dass noch einige Konkurrenten folgen werden.