Streit um EU-Verfassung: Klaus bezeichnet Brief Borrells als "bürokratischen Fehlgriff"
Die Auseinandersetzung zwischen Präsident Václav Klaus und Abgeordneten des EU-Parlaments rund um die europäische Verfassung zieht immer weitere Kreise. Gerald Schubert berichtet:
Die EU-kritischen Töne des Staatsoberhauptes stehen mittlerweile regelmäßig auf der tagespolitischen Agenda. Vor allem der europäische Verfassungsvertrag ist zur Zielscheibe des Präsidenten geworden, der eine weitere Vertiefung der europäischen Integration rundheraus ablehnt. Klaus sieht die nationale Souveränität in Gefahr und vergleicht Brüssel auch schon mal mit Moskau, um auf die Gefahren hinzuweisen, die seiner Ansicht nach von übernationalen Strukturen ausgehen. Um das zu untermauern, schreibt Klaus Vorworte zu Broschüren, gibt Pressekonferenzen, hält Vorträge.
Der Widerstand gegen die Thesen von Klaus hat sich, wie Radio Prag bereits berichtete, auch schon auf Brüsseler Boden formiert. Zwei hochrangige Abgeordnete des Europaparlaments hatten vor knapp zwei Wochen öffentlich behauptet, dass Klaus sein Land mit falschen Argumenten über die EU-Verfassung in die Isolation treibt. Klaus war erbost. Man habe ihn beleidigt, und mit ihm die ganze Republik. Der sozialdemokratische Europaabgeordnete Libor Roucek jedoch verweigerte den nationalen Schulterschluss:
"Der Herr Präsident sollte sich nicht wundern: Wenn er Argumente in die Auseinandersetzung bringt, die nicht korrekt sind, oder manchmal sogar irreführend oder lügenhaft, dann finden sich eben Leute, die das kritisieren. Schließlich leben wir in einem Europa, das sich integriert. Ich halte das für völlig normal", sagte Roucek. Und auch andere tschechische Politiker stellten sich hinter die Kritik an Klaus.
Klaus jedoch forderte eine klärende Stellungnahme vom Vorsitzenden des EU-Parlaments, Josep Borrell. Diese bekam er am vergangenen Donnerstag. In einem Brief meinte Borrell, die beiden Europaabgeordneten hätten im Einklang mit einem Beschluss des Parlaments gehandelt, der besagt: Die europäische Bevölkerung soll klar und objektiv über den Inhalt der Verfassung informiert werden. Und das gilt gerade für die Zurückweisung von Argumenten, die dem wirklichen Inhalt der Verfassung gar nicht entsprechen. Also etwa dem Argument, die Verfassung begründe einen Superstaat. Die Reaktion von Klaus:
"Ich werde auf diesen Brief von Herrn Borrell wirklich nicht reagieren. Denn dieser Brief ist meiner Ansicht nach ebenfalls keine Reaktion auf den, den ich geschrieben habe. Ich möchte nicht allzu ironisch sein. Aber fast möchte ich glauben, dass es hier zu einem bürokratischen Fehlgriff kam, und dass man Herrn Borrell etwas anderes zur Unterschrift vorgelegt hat, als das, was er zu unterschreiben glaubte."
Auf Deeskalation deutet in der Causa also derzeit nichts hin.