Streit verschärft sich: Tschechien wirft Polen schlechte Informationspolitik zu Lebensmitteln vor

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Tschechien und Polen sind Nachbarländer, die sich ziemlich gut verstehen – und das nicht nur sprachlich. Ab und zu gibt es aber auch Probleme und dann knirscht es gewaltig in der Zusammenarbeit. Ein solches Problem wird jetzt mehr und mehr zum Zankapfel, auch weil sich die polnische Seite bisher nur wenig kooperativ zeigt. Es geht um die jahrelange Beimengung von Industriesalz in polnischen Lebensmitteln. Polen hat diesen Skandal zwar zugegeben, die tschechische Seite aber immer noch nicht detailliert darüber informiert. Deshalb will Landwirtschaftsminister Petr Bendl im Rahmen der EU durchsetzen, dass Tschechien die Einfuhr von Lebensmitteln aus Polen stoppen kann.

Bei einer TV-Sendung am Sonntag machte der Direktor der staatlichen Landwirtschafts- und Lebensmittel-Inspektion in Tschechien, Jakub Šebesta, seinem Ärger Luft:

„Die polnische Seite wiederholt andauernd, dass das Industriesalz nicht die Gesundheit gefährde und ein Risiko nicht nachgewiesen sei. Dabei haben die Polen selbst 800.000 Tonnen Salz und salzhaltige Lebensmittel vom eigenen Markt genommen, von denen sie anschließend lediglich zehn Prozent wieder freigegeben haben. Den Rest haben sie angeblich vernichtet. Aber wieso, wenn das Salz nicht gesundheitsgefährdend sein soll?“

Dabei wolle man doch nur, und zwar schon seit Wochen wissen, in welchen nach Tschechien ausgeführten Lebensmitteln das Industriesalz enthalten sei, so Šebesta. Und das aus einem ganz simplen Grund:

„Ich sage es mit einfachen Worten: Wenn im Rahmen der Nahrungsmittelherstellung eine nicht dafür bestimmte Substanz beigemengt wird, dann ist das Ergebnis kein Lebensmittel mehr.“

Als ein solches Nicht-Lebensmittel wird das in Polen beigemengte Industriesalz eingestuft, das noch dazu als Abfallprodukt bei der Herstellung von PVC entsteht. Und Presseberichten zufolge besitzt der Salz-Skandal in Polen große Ausmaße. Bereits seit zehn Jahren soll zum Verzehr ungeeignetes Salz in polnische Lebensmittel gelangt sein. Angeblich haben Fleischereien, fischverarbeitende Betriebe, Großbäckereien und Gewürzhersteller dieses Salz verarbeitet. In Tschechien wird deswegen befürchtet, dass hierzulande noch polnische Lebensmittel wie Konserven und andere Dauerwaren auf dem Markt sind, die mit Industriesalz verunreinigt sind. Landwirtschaftsminister Petr Bendl will daher im Rahmen der EU durchsetzen, dass Tschechien die Einfuhr von Lebensmitteln aus Polen stoppen kann:

Petr Bendl
„Es ist notwendig, sich auf der Ebene der Europäischen Union mit diesem Thema zu befassen. Ich werde es auf dem nächsten Treffen der europäischen Landwirtschaftsminister vortragen. Das wird einigen meiner europäischen Amtskollegen sicher nicht schmecken, aber es ist wichtig, das Thema zu erörtern.“

Die Informationen, die man aus Polen zum Skandal erhalte, seien nur dünn und oberflächlich, heißt es aus Tschechien. Er sei folglich um die Gesundheit der eigenen Bürger besorgt und vom EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz, John Dalli, sei ihm bereits versichert worden, dass er Tschechien in dieser Frage unterstützen werde, sagte Bendl. Im Rahmen des europäischen Binnenmarktes kann ein Importeur einem Exporteur bisher die Einfuhr von Lebensmitteln noch nicht verbieten, sofern er keine eindeutigen Beweise für deren Bedenklichkeit vorlegen kann. Das hätte erhebliche Sanktionen aus Brüssel zufolge, so der Landwirtschaftsminister. Neben Salz und Backwaren, die nicht den tschechischen Vorschriften entsprachen, hätten die jetzt verstärkten Kontrollen polnischer Lebensmittel aber auch noch mehr zu Tage gefördert, sagte Bendl am Sonntag:

„Seit Freitag gibt es neue Informationen, die belegen, dass die Angaben aus Polen nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen. Uns wird beteuert, dass ihre Lebensmittel von guter Qualität seien, wir können jetzt aber in zwei Fällen das Gegenteil beweisen.“

Der Landwirtschaftsminister verwies dabei auf Kohl und Gurken aus Polen, die von den tschechischen Kontrolleuren beanstandet wurden. Beide Lebensmittel hätten Ameisensäure enthalten, die allergische Reaktionen hervorrufen könne.