Stromausfall verursacht Millionenverlust - Waffenproduktion um ein Fünftel zurückgegangen

Auch der Sommer ist in der Wirtschaft schon längst keine Oase der Ruhe und des Verschnaufens mehr. Deshalb erfahren Sie im heutigen Wirtschaftsmagazin, welche Auswirkungen zum Beispiel Stromausfälle, Energieauktionen oder Exportrückgänge auf die hiesige Wirtschaft haben.

Ups and downs in der tschechischen Wirtschaft

Foto: Archiv Radio Prag
Der Ende Juli in Tschechien passierte große Stromausfall wird der Gesellschaft CEPS, die Verwalter des Hochspannungsnetzes ist, einen Verlust im zweistelligen Millionenbereich bescheren. Während des Stromausfalls musste die Gesellschaft Elektroenergie in den Nachbarländern Polen, Slowakei und Deutschland beziehen. Die unplanmäßige Unterbrechung des Stromnetzes hat aber auch zu Verlusten bei einer Reihe von Firmen geführt, von denen einige Schadensersatzklagen gegen CEPS in Erwägung gezogen haben. Eines dieser Unternehmen ist der bekannte Pkw-Hersteller Skoda Auto, der während des Stromausfalls insgesamt 170 Autos nicht produzieren konnte. Die dadurch entstandene Situation schildert Firmensprecher Jaroslav Cerny:

"Wir mussten die Hüttenproduktion in Mlada Boleslav sowie die gesamte Produktion in unserem Werk in Kvasiny vorübergehend einstellen. In beiden Produktionsstätten musste auf die Nachtschicht verzichtet werden. Wir werden jetzt in den Verhandlungen mit den Arbeitnehmern und Gewerkschaftern sehen, wie wir diese Verluste wieder ausgleichen können."

Nicht nur Verluste ausgleichen, sondern immer größere Gewinne mit Elektroenergie machen will auch die staatliche Energiegesellschaft CEZ. Aus diesem Grund hat sie in der ersten Augustwoche die erste Runde einer Auktion zum Verkauf von Elektroenergie in acht virtuellen Elektrizitätswerken eingeläutet. Auf dieser Auktion wird es fortan zugehen wie auf der Börse, d. h. Großabnehmer von Elektroenergie werden Geldbeträge anbieten, für die sie die Energie kaufen würden. Diese neue Form des Energievertriebs erklärt CEZ-Sprecher Ladislav Kriz:

"Das Wort ´virtuelles Elektrizitätswerk´ bedeutet, dass nicht ein konkretes E-Werk angeboten wird, sondern ein prozentualer Anteil an all unseren Elektrizitätswerken. Bei dieser Auktion äußern Geschäftsleute ihre Nachfrage nach Elektroenergie und bieten konkrete Preise an, für die sie diese Energie erwerben wollen. Das Ergebnis dieser Auktion stellt dann ein Signal für den Anstieg des Großhandelspreises von Elektroenergie dar. Das ist ein standardisierter Prozess, der im vergangenen Jahr zum ersten Mal gestartet wurde, und der in keinem Zusammenhang mit den Problemen des Stromausfalls steht, deren Zeugen wir in der letzten Juliwoche wurden."

Nicht ganz so rosigen Aussichten sieht der tschechische Staatshaushalt entgegen, der seine Monatsbilanz im Juli mit einem Defizit abschloss, während er noch zum selben Zeitpunkt des Vorjahres einen milliardenfachen Überschuss aufwies. Dazu äußerte der Analytiker der Raiffeisenbank, Ales Michl:

"Wir sind der Meinung, dass sich dieses Defizit zum Ende des Jahres noch weiter erhöhen wird, denn für gewöhnlich ist die Bereitschaft der Beamten, die Kostenseite zu belasten, im zweiten Halbjahr noch größer. Eine gute Nachricht aber ist die, dass das Defizit des Staatshaushaltes zum Ende des Jahres unter dem Wert von drei Prozent des Bruttoinlandproduktes liegen wird, womit wir ein Kriterium zur Einführung des Euros erfüllen werden. Den Hauptverdienst daran hat das hohe Wirtschaftswachstum, das in diesem Jahr bei über sechs Prozent liegen wird."

Hinter die Fassade geschaut

Ein traditionell starker Wirtschaftszweig in Tschechien war und ist die Herstellung von Waffen. Doch gerade in den zurückliegenden fünf Jahren seit der Jahrtausendwende hat diese Branche immer mehr abgebaut und musste schon das vierte Jahr in Folge einen Produktionsrückgang einstecken. Im vergangenen Jahr erzeugten die 26 größten Unternehmen in dieser Branche, die hierzulande über einen Marktanteil von mehr als 90 Prozent verfügen, eine Waffentechnik im Gesamtwert von 2,84 Milliarden Kronen. Das ist ein Rückgang von fast 22 Prozent gegenüber dem Jahr 2004, als noch Produkte in einem Gesamtwert von 3,5 Milliarden Kronen erzeugt wurden. Der Chef der Assoziation der Waffenproduzenten der Tschechischen Republik, Jiri Hynek, sieht in diesem Rückgang allerdings keinen Grund zur Besorgnis, denn er lässt sich erklären:

"Also, wir sprechen von einem Rückgang der Waffenexporte im Jahr 2005 gegenüber dem Jahr 2004 um rund ein Fünftel. Aber hierbei handelt es sich um keinen dramatischen Trend, sondern dieser Rückgang hat eine ganz einfache Erklärung: Es kam zu einem Export-Einbruch bei der Firma Tatra, die ein bedeutender Produzent von Militärtransportern und Geländefahrzeugen ist. Dieser Einbruch kam in Indien zustande, weil sich dort die Vorschriften geändert haben. Tatra wird aber noch in diesem Jahr seine Lieferungen nach Indien wieder aufnehmen und schon im nächsten Jahr erneut einen Export-Zuwachs haben. Demnach handelt es sich hier nur um eine zeitliche Verzögerung."

Neben den Lkw-Herstellern von Tatra Koprivnice gehört auch die Waffenfabrik Ceska zbrojovka in Uhersky Brod zu den tschechischen Großproduzenten in dieser Branche. Aber so wie ihre nationale Konkurrenz beschweren sich auch diese beiden Unternehmen immer häufiger über eine Unmenge an bürokratischen Hürden bei der Anbahnung und Abwicklung von Geschäften im Ausland. Sind diese bürokratischen Fesseln in der Tat so unangenehm?

"Selbstverständlich sind sie sehr unangenehm, und wir treffen nahezu täglich auf sie. Allein für die Zeit, an die ich mich erinnern kann, ließe sich bereits ein Buch darüber schreiben, welche möglichen Geschäfte man uns gegenüber abgelehnt hat. Und meistens hat sich dann nach einiger Zeit gezeigt, dass diese Ablehnung völlig unsinnig und aus der Luft gegriffen war."

Wirtschaftsminister Milan Urban
Im Gespräch mit dem Tschechischen Rundfunk nannte Jiri Hynek mehrere Beispiele, wie die tschechische Waffenindustrie im knallharten Konkurrenzkampf international in Misskredit gebracht wurde und dadurch Aufträge verlor. So seien zum Beispiel Gerüchte gestreut worden, dass die Produzenten tschechischer Militärflugzeuge nicht in der Lage seien, auch eine jahrelange Ersatzteillieferung zu garantieren, weshalb Geschäfte mit Syrien und anderen Ländern geplatzt seien. Nicht zufrieden mit der rückläufigen Entwicklung der tschechischen Waffenindustrie ist daher auch Wirtschaftsminister Milan Urban:

"Die Waffenindustrie in der Tschechischen Republik gehörte immer zu den Branchen, in denen wir zur europäischen Spitze zählten. Unter der Voraussetzung, dass wir alle internationalen Auflagen und Verpflichtungen erfüllen, sehe ich daher keinen Grund dafür, dass sich unsere Waffenindustrie nicht auch entfalten kann."

Da die einheimischen Hersteller von Waffen und militärischem Gerät ihre Kapazitäten also immer mehr zugunsten der Produktion von zivilen Erzeugnissen herunterfahren, ist auch das Verhältnis von Waffenexport und -import in eine stärkere Schieflage geraten. Hat die damalige Tschechoslowakei noch im Jahr 1987 militärisches Material zum einem Gesamtwert von 602 Millionen Euro ausgeführt, so brachten es die heutigen Hersteller in Tschechien im Jahr 2005 nur auf den umgerechneten Wert von 88 Millionen Euro. Demgegenüber steht der neue Rekordwert bei Waffenimporten, der im Vorjahr mit 727 Millionen Euro erzielt wurde. Er ist vor allem auf die inzwischen eingeleitete Modernisierung der Tschechischen Armee zurückzuführen. Im vorigen Jahr schlug dabei der Erwerb der schwedischen Abfangjäger vom Typ Jas-39 Gripen mit einer Kaufsumme von knapp 660 Millionen Euro nachhaltig zu Buche. Außenminister Cyril Svoboda stellte in diesem Zusammenhang klar, dass sich die Tschechische Republik auch bzw. gerade wegen der mehrfach existieren Waffenembargos an internationale Vereinbarungen halte und seine Waffenexporte auch kontrolliere. Und auch Jiri Hynek betonte noch einmal:

"Auf gar keinen Fall verstößt die Tschechische Republik gegen irgendein Embargo, sei es nun ein Embargo der UNO oder eines der Europäischen Union. Und ich bin auch nicht der Meinung, dass die Struktur unserer Waffenexporte irgendein Sicherheitsrisiko zulässt. Wir dürfen durchaus darauf verweisen, dass eine ganze Reihe von dem, was wir als militärisches Material bezeichnen, in anderen Ländern überhaupt nicht als militärisches Material angesehen wird."