Tatort Prag: Die wenigsten Morde seit zehn Jahren!
Die Zahl der Gewaltverbrechen in der Tschechischen Republik ist im vergangenen Jahr um sieben Prozent gestiegen, wie die Polizei Ende Januar mitteilte. Ein alarmierender Trend. Bessere Nachrichten hatte am Donnerstag die Prager Polizeidirektion zu verkünden - es geht um Mord.
22 Morde gab es aufzuklären. 19 Fälle sind abgeschlossen. Drei davon stehen angeblich kurz vor der Aufklärung. Zum Vergleich: Im Jahr 2009 gab es auf dem Gebiet der Hauptstadt Prag 34 Morde. Ein positiver Trend also. Was die Motive betrifft: In der Mehrzahl der Fälle liegen die Beweggründe für die Tat im persönlichen Verhältnis zwischen Täter und Opfer. Dabei spielen oft noch Alkohol- und Drogeneinfluss eine Rolle. Raubmorde gab es insgesamt drei. Alles in allem komme es in Prag nicht vermehrt zu Abrechnungen im organisierten Verbrechen.
In der Regel sind in 30 bis 50 Prozent der Fälle Ausländer involviert. Doch auch da lag die Zahl 2010 darunter, wie der Chef der Mordkommission, Josef Mareš, informierte:
„Vier Ausländer haben wir als Täter ermittelt, was relativ wenig ist. Und unter den Opfern waren drei Ausländer.“Signifikant sei der Vergleich der aktuellen Mordzahlen mit den 1990er Jahren, meint Mareš und erinnert sich:
„Als ich in den 1990er Jahren ermittelt habe, da hatten wir so um die 60 Morde, 1999 sogar 65 Morde. Wir hatten gehofft, dass sich die Situation bessern würde. Und jetzt ist das eingetreten. Uns hat das auch überrascht. Die Zahl der Morde im Jahr 2010 ist identisch mit den Morden im Jahr 1989. Es gab damals also auch 22 Morde. Wir sind nun eigentlich wieder auf dem Stand von vor der Samtenen Revolution, und das ist für Prag und alle Bürger positiv.“
Aber wie kommt es zu diesem positiven Trend? Bessern sich die Bürger, oder schreckt eine gute Aufklärungsrate potenzielle Täter ab? Ermittler Mareš ist zögerlich mit Erklärungen. Aber:„Gerade in den 90er Jahren haben sich hier ausländische Verbrecherstrukturen geformt; man hat sich hier die Territorien aufgeteilt. Und ein anderer Punkt: Die Unternehmer konnten sich noch nicht so benehmen wie heute. Jetzt erledigen sie ihre Streitigkeiten eher über einen Anwalt.“
Der wilde Osten scheint in Tschechien also langsam ins Reich der Geschichte verbannt. Das ist auch anhand der Tatwaffen abzulesen. Gerade bei den vielen Morden in den 90er Jahren kamen sehr häufig – rund bei 20 von 60 Fällen - Schusswaffen zum Einsatz. Bei den 22 Morden im Jahr 2010 wurde nur in zwei Fällen geschossen. Die meisten Morde werden mit der klassischen Tatwaffe, dem Messer, ausgeführt.
Und wie sieht es im noch recht jungen Jahr 2011 aus? Der positive Trend scheint nicht anzuhalten. Vier Morde gab es schon. Der letzte geschah vor wenigen Tagen in einer der meistgenutzten Straßenbahnen Prags, der Nummer 22. Um ein Uhr nachts wollte der Fahrer an der Endhaltestelle den letzten Fahrgast hinausbefördern. Aber er war tot. Kopfschuss.„Wir haben für diesen Mordfall eine Sonderkommission gebildet. Auch weitere Kollegen lassen ihre Fälle vorübergehend ruhen, um im Mordfall ´Straßenbahn´ zu unterstützen“, erklärte der Chef der Mordkommission, Josef Mareš. Die Polizei bittet die Bevölkerung um Mithilfe.