Tauziehen um Neubesetzung des Rundfunk- und Fernsehrates
Zwischen den politischen Parteien Tschechiens gibt es derzeit ein verbittertes Tauziehen um die Neubesetzung des Rundfunk- und Fernsehrates. Und obwohl noch immer nicht alle Mitglieder des Gremiums gewählt sind, kann dieses zumindest bald wieder seine Arbeit aufnehmen. Gerald Schubert berichtet:
Den Ton im Abgeordnetenhaus des tschechischen Parlaments kann man schon seit einigen Monaten als recht rau bezeichnen. Spätestens seit der turbulenten Präsidentschaftswahl Anfang des Jahres stehen die Zeichen dort auf Sturm. Und die knappe Mehrheit von 101 zu 99 Mandaten, auf die sich die Regierungskoalition im Abgeordnetenhaus stützen kann, trägt nicht gerade zur Beruhigung der Lage bei.
Der neueste Kampfplatz, auf dem sich vor allem die Parteien der sozialliberalen Regierungskoalition einerseits und die konservative Demokratische Bürgerpartei ODS andererseits gegenüberstehen, ist die Wahl der Mitglieder des neu zu besetzenden Rundfunk- und Fernsehrates. Der alte Rat war vor wenigen Wochen von Premierminister Vladimir Spidla abberufen worden, und zwar vor allem im Zusammenhang mit einem verlorenen internationalen Schiedsgerichtsverfahren, das die Republik 10 Milliarden Kronen, das sind etwa 330 Millionen Euro kostete. Der Hintergrund jenes Rechtsstreits: Der Privatfernsehsender TV-Nova hatte sich in den 90er-Jahren von seinem amerikanischen Investor CME ohne entsprechende Entschädigungszahlungen getrennt, und der damalige Rundfunk- und Fernsehrat hatte dies auch noch genehmigt. Nach dem schließlich verlorenen Rechtsstreit in dieser Causa sollte nun also der von manchen Politikern als zumindest mitverantwortlich bezeichnete Rat zur Rechenschaft gezogen werden. Wenigstens was dessen personelle Besetzung betrifft.
Die Neuwahl der Mitglieder im Abgeordnetenhaus gestaltet sich freilich schwierig. Die eingangs erwähnten Spannungen zwischen den einzelnen Fraktionen finden hier ebenso ihren Niederschlag, wie die simple Tatsache, dass die Besetzung dieses Gremiums, wie in anderen Ländern auch, politisch einfach eine sehr heikle Angelegenheit ist.
Nachdem sich die Abgeordneten zunächst unter Mühen nur auf sechs Mitglieder des 13-köpfigen Rundfunk- und Fernsehrats hatten einigen können, blieb dieser vorerst beschlussunfähig. Am Dienstag aber wurden dann doch weitere fünf Räte gewählt. Damit sind es jetzt zusammen elf. Und das heißt laut Gesetz: Nach der offiziellen Ernennung durch den Premier kann das Gremium wieder seine Arbeit aufnehmen, obwohl dann immer noch zwei Plätze zu besetzen sind.
Genau dies jedoch könnte abermals kompliziert werden. Die Regierungskoalition nämlich konnte bislang acht Mitglieder in den Rat entsenden, die Kommunisten zwei und die ODS nur eines. Somit hat die Regierung dort keine Zweidrittelmehrheit, doch unzufrieden ist freilich vor allem die ODS. Deren Mediensprecher Petr Pleva meinte gar:
"Wir erwägen natürlich die Möglichkeit, dass unser Kandidat, der offenbar irrtümlich gewählt wurde, wieder zurücktritt. Aber das überlegen wir noch."
Wie weit übrigens die gegenseitigen Anschuldigen in diesem Bereich getrieben werden, das zeigt sich unter anderem darin, dass gerade Pleva jüngst den Verdacht geäußert hatte, die Regierung habe alles getan, um das eingangs erwähnte internationale Schiedsgerichtsverfahren zu verlieren - um den Rundfunk- und Fernsehrat abberufen zu können.