Neues Rundfunkgesetz nicht zur Abstimmung gebracht

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Wie sollen die öffentlich-rechtlichen Sender in Tschechien zukünftig finanziert werden? Eine Frage, die Tschechiens Parlamentarier seit Monaten erfolglos beschäftigt. Vergangene Woche haben sie erneut gegen einen Gesetzesentwurf gestimmt. Daher bleibt vorerst alles beim Alten. Über die Zerwürfnisse in der tschechischen Medienpolitik und die Rolle der Privaten berichtet Daniel Satra für die Sendereihe "Im Spiegel der Medien".

Tage bevor Premier Vladimír Spidla seinen Rücktritt ankündigte, hatten Tschechiens Parlamentarier die Finanzierung der Öffentlich-Rechtlichen auf die lange Bank geschoben. Die Debatte zuvor hat Monate gedauert und wurde Zeitungsberichten zufolge intensiv von Lobbyisten begleitet. Denn wo es um Medienpolitik geht, geht es auch um Geld - um viel Geld, insbesondere wenn es um Rundfunkgebühren und Werbeeinnahmen geht. Eine Gesetzesnovelle gibt es bisher jedoch nicht: Der Vorschlag des Abgeordnetenhauses hat dem Senat nicht gepasst. Was die Senatoren an Ergänzungen hatten, mochten wiederum die Abgeordneten nicht. Jaromír Talír, Chef des parlamentarischen Medienausschusses, weiß warum:

"Die Senatoren wollten das Zusammenlegen der Werbezeiten der beiden öffentlich-rechtlichen Fernsehsender verbieten. Damit hätte sich für das Tschechische Fernsehen de facto die Möglichkeit verringert mit Werbung Geld zu verdienen"

Bisher konnte sich der erste Kanal Werbezeiten vom zweiten ausborgen, wenn für sein Programm hohe Einschaltquoten zu erwarten waren, wie zum Beispiel beim Halbfinalspiel Tschechien-Griechenland bei der Fußball-Europameisterschaft. Damit sollte Schluss sein. Nach Berechnungen von Talír hätten die beiden öffentlich-rechtlichen Kanäle CT 1 und CT 2 jedoch trotz Zeitschieberei-Verbot 400 Millionen Kronen Plus gemacht, das sind rund 12,5 Millionen Euro. Denn die Gesetzesnovelle sah eine Erhöhung der Fernsehgebühren von 75 Kronen auf 100 Kronen monatlich vor. Also auf rund 3,10 Euro. Doch Gebühren und Werberegelung bleiben vorerst beim Alten: Weiterhin 1 Prozent seiner Sendezeit darf jeder Kanal mit Werbezeit füllen, anstatt der geplante 0,8 Prozent. Der 0,2-Prozent-Unterschied bedeutet knapp drei Minuten Sendezeit. Drei von 14,4 Minuten, die beim ersten Kanal CT 1 immerhin für zwei Drittel der Einnahmen sorgen. Die nächste Version des Gesetzestextes ist bereits in Arbeit und soll im Herbst vorliegen, heißt es aus Abgeordnetenkreisen. Medienausschuss-Mann Talírs befürchtet jedoch erneut Probleme:

"Es wird darauf ankommen, ob die Opposition wieder versuchen wird, dem Tschechischen Fernsehen ein vollständiges Werbeverbot auszusprechen", sagt Talír.

Denn das hatte die stärkste Oppositionspartei ODS gefordert. Je weniger Geld die Öffentlich-rechtlichen bekommen, desto schneller verlaufe deren Reformprozess, argumentierten die Konservativen.

"In keinem Fall werden dort Sachen drin stehen, die Werbung im Tschechischen Fernsehen einschränken", das sagt Sozialdemokrat und Kulturminister Pavel Dostal.

Der Konflikt bahnt sich also bereits an. Medienbeobachter in Tschechien fürchten vor allem das Tauziehen um die Werbung. Marius Dragomir warnte unlängst in der Tageszeitung "Lidové noviny": In Tschechien ist die Konkurrenz auf dem Markt der Fernsehreklame gering. Sollte Werbung bei den Öffentlich-Rechtlichen wegfallen, droht das Monopol der Privaten - allen voran könnte der erfolgreichste Fernsehsender TV Nova die größten Stücke des Kuchens an sich reißen.

Den Grund für die Uneinigkeit im tschechischen Parlament sieht Medienexperte und Chefredakteur der Zeitschrift "Marketing & Media", Daniel Köppl, im Lobbyismus. Vor allem die privaten Fernsehsender hätten sich bemüht Einfluss auf die Parlamentarier zu nehmen. Das Ziel: Ein Werbeverbot bei den Öffentlich-rechtlichen. Sollten sich die Privaten mit ihrer Forderung im Herbst durchsetzen können, würden nicht nur sie davon profitieren, meint Köppl?

"Paradoxerweise hätten die Printmedien die größte Freude, denn sie würden wahrscheinlich einen Teil des Geldes gewinnen, das für Fernsehwerbung vorgesehen ist. Aber das eindeutige Szenario sieht so aus: Fernsehwerbung würde teurer werden, vor allem bei TV Nova, dem größten Privatsender Tschechiens. Man muss betonen, dass die Preise schon jetzt im Durchschnitt höher sind als im restlichen Europa."

So ist Fernsehwerbung zum Beispiel in Ungarn 30 Prozent günstiger, sagt Köppl. Die Gründe dafür er in den Eigenheiten des tschechischen Marktes:

"Der Hauptgrund dafür, warum der tschechische Markt so deformiert ist, ist die geringe Konkurrenz. Dazu kommt, dass von Beginn an Gesetze, die mit dem Medienwesen in Tschechien zusammenhängen, nie zu klar definierte Prioritäten geführt haben. So hat zum Beispiel die Verbreitung von Kabelfernsehen nie eine Rolle gespielt. Das Ergebnis ist der absurde Zustand heute, mit zwei starken Privatsendern, neben ihnen ein öffentlich-rechtlicher Sender mit zwei Kanälen."

Der Mangel an Prioritäten in der tschechischen Medienpolitik ist laut Köppl aber nicht allein ein Problem, das auf die Privaten zielt. Es gehe schließlich nicht nur um Werbung, sondern auch um die Erhöhung der Rundfunkgebühren:

"Die Medienpolitik als Ganzes betrachtet betrifft auch die öffentlich-rechtlichen Sender. Eins der größten Probleme ist, dass eine automatische Erhöhung der Rundfunkgebühren, auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Medien nicht das Versprechen einer Qualitätserhöhung zur Folge hat. Das ist ein wenig unglücklich."

Zudem sind die öffentlich-rechtlichen in der Frage der Rundfunkgebührenerhöhung auf das Parlament angewiesen, im europäischen Vergleich eine ungewöhnliche Situation. Große Veränderungen bis zur erwarteten neuen Gesetzesvorlage im Herbst wird es jedoch nicht geben, meint Köppl:

"Die realistische Variante ist, die schon vorgeschlagenen Einschränkungen der Werbezeiten bei den Öffentlich-rechtlichen und die Erhöhung der Gebühren."

Und das ist nach Köppls Ansicht nicht die beste Lösung:

"Ein idealer Gesetzesvorschlag, sähe anders aus: Die Erhöhung der Gebühren, die Beibehaltung der Werbezeiten, und im Gegenzug müssten die Öffentlich-rechtlichen neue Dienstleistungen anbieten, wie zum Beispiel eine Digitalisierung."

Allerdings, so Köppl, ist der angekündigte Termin im Herbst, der dann nach fast zwei Jahren endlich eine Lösung bringen soll, kaum einzuhalten. Nach dem Rücktritt der Regierung Spidla ist ein wenig Geduld gefragt. Das tschechische Fernseh- und Radiopublikum dürfte das freuen, schließlich sparen sie auf diese Weise dank gleich bleibender Rundfunkgebühren.