Der Rundfunk- und Fernsehrat: Wie unabhängig oder wie beeinflussbar ist er?

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In der heutigen Ausgabe unserer Mediensendung geht es um den tschechischen Rundfunk- und Fernsehrat. Dieses zwölfköpfige Gremium entscheidet über die Vergabe der Sendelizenzen für private Anbieter. Zugleich ist es aber auch Anlaufstelle für Beschwerden von Hörern und Zuschauern, die der Meinung sind, dass die eine oder andere Sendung gegen Grundsätze der Ethik oder die Objektivität der Berichterstattung verstoßen hätte.

Und eben so eine Beschwerde, die an sich ein wenig kurios ist, hat in den letzten Tagen für Schlagzeilen gesorgt. Der Verband der tschechischen Jäger beschwerte sich nämlich beim Rundfunk- und Fernsehrat über eine Folge des populären Kinderprogramms Vecernicek, das etwa mit dem deutschen Sandmännchen vergleichbar ist. In dieser waren angeblich die Jäger in ein falsches Bild gerückt worden. Stein des Anstoßes war eine kurze Sequenz in einer der Folgen über die Freundschaft eines kleinen Luchses und eines Jagdhundes, in der ein Jäger mit seinem Gewehr auf den sympathischen Luchs zielte und ihn erschießen wollte.

Die Beschwerde der Jägervereinigung stellt jedenfalls ein Novum dar, denn der Inhalt einer Kindersendung war bislang noch nie ein Thema für die Aufsichtsbehörde gewesen. Wie wird der Rundfunk- und Fernsehrat in dieser Angelegenheit vorgehen? Dazu dessen Vorsitzender, der Journalist und Publizist Vaclav Zak:

"Ganz standardgemäß, so wie in anderen Fällen auch. Es gab dazu eine etwas irritierende Titelüberschrift in der Tageszeitung" Mlada fronta Dnes", die eine Reihe meiner Kollegen im Rundfunkrat wütend machte. Ich habe dem Redakteur gegenüber nicht gesagt, dass wir uns nicht zu helfen wissen. Ich wollte nur nicht gleich das Ergebnis verkünden, weil wir ein Verwaltungsorgan sind und auch verpflichtet sind, das zunächst offiziell zu behandeln. Immer, wenn wir so eine Beschwerde erhalten, wird das zunächst gründlich analysiert und eine Stellungnahme verfasst. Der Rundfunk- und Fernsehrat wird sie dann entweder akzeptieren oder eben nicht. Das heißt, wir werden wirklich so wie bei anderen Fällen vorgehen."

Hat sich der Charakter der Probleme, mit denen sich der Fernseh- und Rundfunkrat in den vergangenen zehn Jahren befasste, wesentlich geändert? Vaclav Zak:

"Der Rat ist eine Aufsichtsbehörde für Rundfunk und Fernsehen und das sowohl für die öffentlich-rechtlichen wie auch die kommerziellen Anstalten. Früher haben wir den privaten Sendern nicht nur die Lizenz erteilt, sondern noch weitere Bedingungen gestellt, die nicht Bestandteil des Gesetzes waren. Zu den Lizenzbestimmungen bei den privaten Radiostationen gehörte etwa das prozentuelle Verhältnis zwischen Musik und gesprochenem Wort. Im Jahr 1995 hat sich aber die Rolle der Aufsichtsbehörde verändert, weil durch eine Gesetzesänderung der Rat die Vergabe von Lizenzen nicht mehr an weitere Bedingungen knüpfen darf. Wir dürfen also nicht mehr tun, was vergleichbaren Behörden im Ausland durchaus gestattet ist. Das führt dazu, dass uns bei Konflikten oft die Hände gebunden sind. So etwa auch jetzt beim Streit zwischen dem privaten Fernsehsender TV Prima und einigen regionalen Fernsehstationen, die alle nach und nach von Prima aufgekauft werden. Das hat sich also verändert. Aber ansonsten würde ich sagen, dass unsere Arbeit konstant geblieben ist."

Konstant sind aber sicherlich auch die Versuche, Einfluss auf die Entscheidungen des Rates zu nehmen. Nicht zuletzt ist auch die so genannte Fernsehkrise vom Winter 2000/2001 immer noch gut im Gedächtnis. Damals belagerten Journalisten und Teile der Belegschaft des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehens wochenlang den Newsroom und erzwangen den Rücktritt des Generaldirektors, der politischen Interventionen gegenüber offen war. Hat sich in der Zwischenzeit der Druck von Seiten der Politiker gelegt, oder verlaufen die Interventionsversuche nur unauffälliger? Dazu meint Vaclav Zak:

"Nein. Da muss man zwischen dem Rundfunk- und Fernsehrat unterscheiden - also einem Gremium, das wirklich in erster Linie Sendelizenzen verteilt und das gesendete Programm kontrolliert - und dem Rat des Tschechischen Fernsehens, der unter anderem den Generaldirektor der Anstalt wählt. Das sind zwei verschiedene Gremien. Der ganze Konflikt damals hatte eine Ursache im geringen Vertrauen der Ratsmitglieder gegenüber dem Chef des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Man hat ihm nicht geglaubt, dass er sparsam mit den Finanzen umgeht. Meiner Meinung nach ging es seinerzeit nicht um irgendwelche politische Interventionen. Es war vielmehr eine hausgemachte Krise, die natürlich dann erst im weiteren Verlauf das Interesse der Politik weckte. Aber politische Interventionen waren nicht der Auslöser des Ganzen. Ich kann zwar nur für mich sprechen, aber ich bin in meiner Tätigkeit im Rundfunk- und Fernsehrat keinem politischen Druck ausgesetzt. Was aber im tschechischen Kontext wirklich problematisch ist, ist die Art und Weise, wie die Mitglieder des Rates abberufen werden können. Im Westen werden diese Aufsichtsbehörden zwar ebenfalls von den Parlamenten gewählt, aber abberufen werden können sie nur von den Gerichten - und zwar, wenn nachgewiesen wurde, dass sie das Gesetz verletzt haben. In Tschechien ist das anders. Wenn das Parlament zweimal den Jahresbericht des Rates nicht verabschiedet, können die Ratsmitglieder vom Parlament abberufen werden. Hier ließe sich also eventuell politischer Druck ausüben, wenn man den Ratsmitgliedern dieses Risiko bewusst machen würde."

Wie wahrscheinlich ist es, dass ein ähnlicher Modus, wie in einigen europäischen Ländern, auch in Tschechien zum Tragen kommen könnte?

"Na, das wird sich noch zeigen. Sind wir optimistisch. Es wird nicht einfach sein. Aber auf der anderen Seite verlangt die Europäische Union, dass die Mitgliedsländer die Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden für Rundfunk und Fernsehen sicherstellen. Es besteht also eine gewisse Hoffnung, dass sich auch hierzulande etwas ändern könnte. Aber ehrlich gesagt glaube ich kaum, dass das schnell gehen würde. Solch ein Optimist bin ich auch wieder nicht."

Dennoch ist es auch in Tschechien in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der Bestellung von Mitgliedern der Aufsichtsbehörden zu einer wichtigen Veränderung gekommen. Während in den frühen 90er Jahren ausschließlich Politiker oder Vertreter von politischen Parteien zum Zug kamen, ist die Zusammensetzung dieser Behörden in letzter Zeit wesentlich bunter geworden, wie der Chef des tschechischen Rundfunk- und Fernsehrates, Vaclav Zak, abschließend hinzufügt:

"Hierzulande ist es im Zuge der Fernsehkrise zu einer Änderung in dem Sinn gekommen, dass die Mitglieder des Rundfunk- und Fernsehrates von verschiedenen Vereinen und nichtstaatlichen Institutionen, also von Vertretern der Bürgergesellschaft im wahrsten Sinne des Wortes, nominiert werden. Dort kann wirklich jede dieser Gruppierungen ihre Vertreter nominieren. Dass letztlich die eigentliche Auswahl nach politischen Kriterien verläuft, damit lässt sich nichts machen, weil der Rat vom Parlament gewählt wird. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass das eigentliche Problem die politischen Parteien wären, die ausschließlich treue Parteisoldaten nominieren würden. Was fehlt, ist eine striktere Definition der Aufgaben eines Mitglieds des Rundfunk- und Fernsehrates, damit nicht etwa willkürlich in die Kompetenzen des Fernsehmanagements eingegriffen wird, oder dass andersrum die Fernsehführung wieder die langfristigen Ziele, die das Aufsichtsorgan verfolgt, anerkennt. Das sind, denke ich, jene Fragen, die eine Lösung erfordern."