Technische Nationalbibliothek wurde eröffnet

Foto: ČTK

Im Frühjahr wurde sie fertig gestellt, am 9.9. wurde sie feierlich eröffnet: Die neue Technische Nationalbibliothek. Das sechsstöckige Gebäude in Form eines rundkantigen Quadrats soll nicht nur als Bibliothek, sondern auch als ein Ort für Begegnungen dienen. Sie steht auf dem Campus von zwei technischen Hochschulen im Prager Stadtteil Dejvice und ist allein aus dem Grund einen Besuch wert, dass sie mit vom Verein für das alte Prag mit dem Preis für den besten Neubau im historischen Milieu ausgezeichnet wurde.

Foto: ČTK
Pläne für den Bau einer neuen Technischen Bibliothek in Prag gab es bereits in den sechziger Jahren. Zwei der Projekte standen im vergangenen Jahrhundert kurz vor der Verwirklichung. Heutzutage kann man nur froh sein, dass die Vorhaben damals nicht in die Tat umgesetzt wurden: Die Bibliothek wollte man nämlich damals entweder auf der Rohan-Insel an der Moldau oder im Stadtviertel Maniny errichten – also an Orten, die sich auf einem von Hochwasser stark gefährdeten Gebiet befinden. Ein späteres Projekt sei aber dennoch interessant gewesen, meint der Direktor der neuen Technischen Nationalbibliothek Martin Svoboda:

„Es wurde geplant, die Bibliothek dort zu errichten, wo heute das Kongresszentrum, also der frühere Prager Kulturpalast steht. Heute könnte dort also nicht dieses architektonische Ungeheuer stehen, sondern eine technische Bibliothek. Aber hierher nach Dejvice passt sie bestimmt am besten, denn sie befindet sich inmitten des Areals von zwei technischen Hochschulen. Für die Technische Universität der Tschechischen Republik wurde dieses Grundstück während der Ersten Republik gekauft. Damals schaffte man es aber nur, einen Teil der Gebäude zu errichten. In den sechziger und siebziger Jahren wurden hier weitere Häuser erbaut. Und nun haben wir das Areal durch eine Bibliothek ergänzt, die, wie jeder weiß, das Herz einer jeden Universität ist.“

Das Gebäude der Bibliothek verbindet moderne Architektur mit untypischen technischen Lösungen der Trägerkonstruktion. Es wurde nach dem Entwurf des Studios „Projektil“ erbaut. Die Bibliothek steht auf dem Grundriss eines abgerundeten Quadrats und wurde symbolisch als ein technisches Lehrbuch konzipiert. Architekt Roman Brychta:

„Wir sind der Meinung, dass öffentliche Gebäude möglichst offen sein sollen. Das Konzept des Gebäudes basiert darauf, dass das ganze Erdgeschoss offen ist. Die technische Bibliothek selbst ist erst ab der ersten Etage aufwärts untergebracht. Das Grundstück, das in der Mitte des Campus der beiden Hochschulen liegt, war für den Bau sehr günstig. Wir hatten die Möglichkeit, den dortigen Raum für die Studenten zu gestalten. Jetzt bin ich neugierig, wie er genutzt wird.“

Ist die neue hochmoderne Bibliothek nur für die Studenten bestimmt? Martin Svoboda:

Foto: Barbora Kmentová
„Als die Technische Bibliothek noch im Gebäude des Klementinums untergebracht war, waren etwa 60 Prozent der Nutzer Studenten und Pädagogen von Prager Hochschulen sowie Mitarbeiter verschiedener Institute. Hier im Stadtteil Dejvice wird sich die Zusammensetzung der Klientel wahrscheinlich ändern. Die Bibliothek befindet sich in unmittelbarer Nähe der Hochschulen. Ich meine, dass die Studenten unter den Klienten eindeutig vorherrschen werden. Man geht davon aus, dass sie bis zu 90 Prozent der Nutzer der Bibliothek ausmachen werden. Das Haus dient natürlich auch der breiten Öffentlichkeit. Jeder, der will, kann uns besuchen.“

Foto: Barbora Kmentová
Im Erdgeschoss befinden sich ein Konferenzsaal, ein Café und eine Galerie. Bald soll hier ein gemeinsamer Buchladen der Technischen Universität und der Hochschule für Chemietechnologie geöffnet werden. Zudem findet man hier eine Zweigstelle der Stadtbibliothek.

„Das Erdgeschoss ist eine Art öffentlicher Platz, ein Ort für Begegnungen. Dort gibt es eine Pinnwand, wo man auch eine Nachricht für jemanden hinterlassen kann. Vielleicht werden die Studenten auch zum Rendezvous hierher kommen.“

Es wird geschätzt, dass jährlich etwa 900.000 Besucher den Weg in das moderne Haus finden werden. Und zwar nicht nur um zu studieren, sondern auch um sich einfach nur zu treffen.

Foto: Barbora Kmentová
Die neue Technische Nationalbibliothek enthält die größte Sammlung an Literatur zu den technischen Bereichen sowie zur Chemie, Physik, Mathematik und anderen Fachgebieten. Der Großteil der Bücher, die in der neuen Bibliothek zu finden sind, wurde zuvor in der ehemaligen Staatlichen Technischen Bibliothek untergebracht. Diese hatte im Klementinum in der Altstadt ihren Sitz. Martin Svoboda hat 20 Jahre im Klementinum gearbeitet:

„Aus dem Klementinum haben wir knapp 600.000 Bücher und aus den Lagern außerhalb von Prag etwas über 600.000 Bücher nach Dejvice transportiert. Daher haben wir jetzt hier etwa 1.600.000 Bücher aus den Sammlungen der ehemaligen Staatlichen Technischen Bibliothek beisammen. Die Technische Universität hat von ihren Fakultäten, die sich in Dejvice befinden, etwa 100.000 Bände in die Bibliothek gebracht. Davon stehen etwa 50.000 in der Freihandbibliothek in der fünften Etage zur Verfügung. Die Hochschule für Chemietechnologie hat bei uns bislang etwa 28.000 gebundene Periodika platziert. Es handelt sich um ältere Jahrgänge interessanter Zeitschriften.“

Foto: Barbora Kmentová
In der Freihandbibliothek wird es künftig etwa 300.000 Bände geben. Momentan sind hier rund 230.000 Bände zu finden, die zur meist gefragten technischen Fachliteratur gehören, erzählt Martin Svoboda.

„Der Betrieb der Freihandbibliothek ist ziemlich kostenaufwendig. Zur Beschleunigung des Ausleihvorgangs wird die RFDI-Technologie genutzt, das heißt die Identifizierung der Bücher mit Hilfe von elektromagnetischen Wellen. Jeder Band ist mit einem RFDI-Chip versehen. Die ausgeliehenen Bücher werden durch ein Lesegerät verbucht. Diese Technologie wird uns hoffentlich auch bei der Rückgabe der Bücher in die Regale sehr helfen.“

Besonders einmalig für tschechische Verhältnisse ist nicht nur die technische Ausstattung, sondern auch der Komfort, dem man in der neuen Bibliothek auf schritt und Tritt begegnet. Martin Svoboda:

Foto: Barbora Kmentová
„Das Studium ist anstrengend, darum wurde die Bibliothek mit sehr bequemen Stühlen ausgestattet. Zudem gibt es hier kleinere und größere Sessel, die verschiedene Formen haben. In der obersten Etage gibt es individuelle Studiumsräume. Einen solchen Raum kann der Student für das ganze Semester mieten. Wenn er beispielsweise seine Doktorarbeit schreibt, kann er dort alle seine Unterlagen liegen lassen und den Raum verschließen. Außerdem gibt es hier Studiumsräume für Teams, wo acht bis zehn Menschen an einem Projekt arbeiten können.“

Interessenten konnten die neue Bibliothek im Rahmen der Tage der offenen Tür besichtigen, die nach der feierlichen Eröffnung des Gebäudes veranstaltet wurden.