Teplice und Dresden pflegen enge Kooperation im Fußball-Nachwuchsbereich

Foto: www.dynamo-dresden.de

Die Fußball-WM in Südafrika ist vorbei, der neue Weltmeister und die beiden anderen Medaillengewinner kommen aus Europa. Und das nicht von ungefähr, haben sich doch Spanien, die Niederlande und Deutschland die Basis ihres Erfolges durch eine hervorragende Nachwuchsarbeit gelegt. Eine sehr gute Kooperation im Nachwuchsbereich pflegen auch zwei Clubs im böhmisch-sächsischen Grenzgebiet: der FK Teplice und die SG Dynamo Dresden. Über diese fruchtbare Zusammenarbeit hat Radio Prag mit Holm Große, dem ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der Dresdner, gesprochen.

Dynamo Dresden noch in der 2. Liga  (Foto: www.dynamo-dresden.de)
Zu DDR-Zeiten hat Dynamo Dresden immer sehr guten Kontakt gepflegt zu tschechischen Mannschaften, zum Beispiel zu Union Teplice, wie der Club aus Nordböhmen damals hieß. Gerade vor den häufigen Starts in den Europacup-Wettbewerben hat Dresden Testspiele gegen Teplice bestritten, weil die Blau-Gelben ein wirklich guter Aufbaugegner waren. Nach der Wende hat sich das ein bisschen verlagert, denn Teplice und andere tschechische Partnerclubs spielen in der 1. Liga, Dynamo Dresden dagegen „nur“ in der 3. Bundesliga. Aber die Zusammenarbeit ist geblieben und das vor allen Dingen im Nachwuchsbereich. Was hat sich da entwickelt?

Holm Große
„Ja, Sie haben es schon angesprochen: Union Teplice oder jetzt FK Teplice ist einer der Partner, mit dem der Nachwuchs der SG Dynamo Dresden sehr eng zusammenarbeitet. Seit gut drei Jahren gibt es zum einem regelmäßige Testspiele, die bei den A- und B-Junioren beginnen, aber in Form von kleinen Turnieren und Hallenturnieren bis hinunter zu den E-Junioren reichen. Dabei findet auch ein reger Austausch statt, der sich niederschlägt in gegenseitiger Hospitation, im Kennenlernen der Trainingsmethodik des jeweils anderen oder auch darin, dass man einander weitere Mannschaften in Tschechien und Deutschland vermittelt. Für beide Seiten ist es immer wieder interessant, mit einer anderen Spielweise konfrontiert zu werden. Das hat die Teams aus Teplice und Dresden noch immer vorangebracht, und wenn wir heute sagen können, dass beispielsweise unsere B-Junioren in die Bundesliga aufgestiegen sind, so hängt das auch mit dieser Kooperation zusammen. Also mit den Vergleichen, die mit Teplice und weiteren tschechischen Mannschaften wie Bohemians Prag, Příbram, Baník Most oder Ústí nad Labem in den letzten Jahren sehr eng gepflegt worden sind.“

Ivo Ulich  (Foto: www.wikimedia.org)
Sie sagen, die Kooperation mit Teplice im Nachwuchsbereich hat vor drei Jahren begonnen. War der Kontakt nach der Wende zwischenzeitlich abgerissen und wie ist die neue Zusammenarbeit mit den tschechischen Clubs entstanden?

„Im Prinzip durch persönliche Kontakte. Ich kann jetzt nicht für alle Zeiten sprechen, ob die Kontakte zwischendurch abgerissen sind oder nicht. Es hat immer Kontakte gegeben, zum Beispiel über Ivo Ulich und andere Partner. Zuletzt gereift ist aber das neue Bewusstsein, sich starke Gegner für Testspiele zu suchen. Gerade der FK Teplice hat da im Juniorenfußball einziges zu bieten; der Club hat mehrere tschechische Auswahlspieler in seinen Reihen und ist dadurch ein echter Gradmesser. Die persönlichen Kontakte, die ich einbringen konnte, gehen darauf zurück, dass ich früher fünf Jahre in der damaligen Tschechoslowakei studiert, gelebt und dort auch Fußball gespielt habe. Auch dank dieser Kontakte haben wir uns gesagt: Wir müssen nicht immer 500 km mit dem Bus fahren, um gute Testspielgegner zu suchen, sondern wir schauen mal rüber zum Nachbarn. Über die neue Autobahn ist es bis Teplice nur ein Sprung, und die Busfahrt dauert nicht einmal eine Stunde. Solche Chancen muss man einfach nutzen. Zudem ist die grenzüberschreitende Auseinandersetzung besonders reizvoll im athletischen Bereich, weil im tschechischen Jugendfußball gerade die athletische Komponente sehr stark betont wird. Und das ist meiner Meinung nach gut.“

Foto: www.dynamo-dresden.de
An anderer Stelle setzt Große fort:

„Die Spielweisen sind teilweise unterschiedlich, das hängt mit den taktischen Systemen zusammen. Daher kann man auch einen Schritt weit Dinge mitnehmen oder ausprobieren. Zum Beispiel ein Testspiel, in dem 80 Minuten auf Tempo gespielt wird, was man in Punktspielen nicht immer praktizieren kann. Ein Freundschaftsspiel schafft also immer die Möglichkeit, viele Dinge zu testen. Das ist ein ganz großer Effekt dieser Begegnungen. Mittlerweile können wir zudem in Dresden Strukturen anbieten, die über unseren deutschen Hintergrund hinaus attraktiv sind. Also auch für tschechische Mannschaften, mit denen wir kooperieren nach dem Motto: Miteinander reden, voneinander lernen. Zum Zweiten beabsichtigen wir, diese Hospitation so zu erweitern, dass Trainer aus Dresden nach Teplice gehen und umgekehrt. Das ist geplant im Rahmen eines Kooperationsvertrages.“

FK Teplice  (Foto: www.fkteplice.cz)
Ist denn auch schon der Austausch von Spielern vorgenommen worden? Zum Beispiel in der Form, dass man sagt: Spieler A würde besser in dieses System und Spieler B besser in dieses System passen. Oder sitzt bei jedem Verein nach wie vor das Hemd näher als der Rock und man gibt grundsätzlich keine Spieler ab…

„Ja, die Dinge sind inzwischen soweit, dass es zumindest schon ein erstes Probetraining gegeben hat. Mann muss natürlich auch darauf achten, dass die jungen Leute zunächst in ihrem gewohnten Umfeld bleiben. Das ist ganz wichtig. Dennoch denke ich, dass das Umfeld beider Vereine die entsprechenden Entwicklungsmöglichkeiten bietet, und daher ist es eine Option, die für beide Seiten von Interesse sein kann. Es gibt genügend Talente sowohl in Nordböhmen als auch in Sachsen, und wenn sich ein Austausch anbietet, dann ist der direkte Kontakt der Trainer und der Chefs der beiden Nachwuchsleistungszentren im Endeffekt der Garant dafür, dass so etwas auch stattfinden kann.“

Wie läuft die Verständigung unter den jungen Spielern?

„Fußballer sprechen alle eine gemeinsame Sprache, und zwar die Körpersprache. Doch im Ernst: Junge Leute verständigen sich überall und sie finden auch immer einen Weg zueinander – das war früher so, und das ist auch heute so. Nicht jeder Deutsche musste also Tschechisch können, um sich mit Freunden aus Tschechien zu verstehen oder umgekehrt. Hinzu kommt aber heute, dass viele Englisch können, was also auch für Fußballer eine Sprache zur Verständigung ist. Ich stelle aber schon fest, dass es Sinn macht, diesen Kontakt über die Sprache zu festigen. Auch deshalb, weil die Kontakte sonst immer nur an einigen wenigen Leuten hängen. So bestünde auch die Möglichkeit, die Kontakte allmählich auszubauen, wie das zurzeit mit den Teams aus Budweis oder Pilsen geschieht. Auf der anderen Seite aber denke ich: Diese solide Partnerschaft, ausgehend von der engen Kooperation mit den nordböhmischen Teams, erweist sich schon als richtig. Man darf nicht zu viele Pferde auf einmal reiten, denn dann wird die Zusammenarbeit nicht tief genug.“

Autor: Lothar Martin
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