Tesla – Synonym für Elektronik in der Tschechoslowakei

Tesla ist für viele Menschen hierzulande ein Synonym für einen Radio-Empfänger, einen Fernseher oder etwa ein Tonbandgerät. Von 1946 bis 1990 hieß nämlich so ein großer staatseigener Konzern von einigen Dutzend Produzenten der Unterhaltungselektronik in der Tschechoslowakei. Doch Tesla hat auch noch mehr angeboten.

Foto: Josef Kopecký,  Tschechischer Rundfunk

Sie erinnere sich an ihre Jugendjahre. Denn Tesla sei ihr erstes Radio gewesen, sagt eine Frau. Es sei ein Hersteller von Fernseh- und Radioempfängern gewesen, so ein Mann. Sie hätten Plattenspieler und Übertragungswagen produziert, ergänzt ein anderer. Soweit eine kleine Umfrage durch den Inlandssender des Tschechischen Rundfunks. Die meisten Tschechen – zumindest der älteren und der mittleren Generation – assoziieren die Marke Tesla nicht mit dem Elektro-Auto und dem US-amerikanischen Autohersteller unter der Leitung von Elon Musk. Ihnen kommen da viel mehr ihre ersten Erfahrungen mit Radio, Fernsehen, Musikhören, aber auch etwa Telefonieren in den Sinn.

1921 Elektronik-Unternehmen „Elektra“

Foto: Uměleckoprůmyslové muzeum

Das tschechoslowakische Elektronik-Unternehmen wurde 1921 als „Elektra“ gegründet, und zwar ausschließlich mit tschechischem Kapital. Die Produktpalette reichte von Glühbirnen, Elektronenröhren, Radioempfängern, Geräten für militärische Zwecke bis hin zu Radio- und Fernsehsendern. Zwischen 1932 und 1945 gehörte die Firma zu Philips. Nach dem Zweiten Weltkrieg, genau am 7. März 1946, wurde sie zu einem staatseigenen Konzern. Insgesamt 16 Elektronikunternehmen in der Tschechoslowakei, unter anderem etwa Telegrafia, Microphona, Elektrotechna und Radio Zenit, wurden unter dem Namen „Tesla“ vereint. Der Verbund wurde nach dem Forscher und Erfinder serbischer Herkunft Nikola Tesla benannt, der in den 1880er Jahren unter anderem an der Karlsuniversität in Prag studiert hatte. Man habe seinen Namen direkt übernommen. Als Serbe, als Slawe sei er hierzulande populär gewesen, sagt Zdeněk Horák. Er ist Mitarbeiter des Museums in Pardubice, das eine Online-Ausstellung zur Geschichte des Unternehmens in dieser ostböhmischen Stadt auf seinen Webseiten präsentiert.

Doch nach gewisser Zeit wurde Tesla nicht nur als der Name des serbischen Forschers, sondern auch als eine Abkürzung für TEchnika SLAboproudá interpretiert, auf Deutsch etwa „Niederspannungstechnik“. Der Historiker:

„Damit ist eine kurze Episode aus dem Jahr 1948/49 verbunden, als es zum politischen Streit zwischen Marschall Tito und dem sowjetischen Führer Stalin kam. Die tschechoslowakischen Kommunisten reagierten auf den Konflikt zwischen der Sowjetunion und Jugoslawien sehr umsichtig, indem sie die Abkürzung einführten. Später wurde der Name Tesla wieder ohne diese Interpretation verwendet.“

Foto: Uměleckoprůmyslové muzeum

Umstrittener Name Tesla

Foto: Jan Langer,  ČT24

František Hála begann 1965 im Tesla-Konzern zu arbeiten. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks blickte er in die Nachkriegsgeschichte des Unternehmens zurück:

„Die Aufgabe bestand zu Anfang darin, eine Fernseh-Sendeanlage zu entwickeln und zu bauen. Im Jahr 1953 wurde die Ausstrahlung über einen Tesla-Sendemast vom Petřín-Hügel in Prag aufgenommen. So wurden die ersten Fernsehsendungen in der Tschechoslowakei ausgestrahlt. Damit begann jene Ära, in der Tesla die Sendetechnik produzierte. Das umfasste Sendeanlagen, Fernseh- und Radio-Masten sowie Militärtechnik, also Kommunikationsgeräte für die Armee.“

Foto: Ostböhmisches Museum Pardubice

Tesla produzierte neben technischen Systemen und Großgeräten beispielsweise auch elektronische Bauelemente, Lautsprecher, Telefone sowie Geräte der Unterhaltungselektronik wie Radios, Tonbandgeräte und Fernseher. Aber auch Großinvestitionselektronik für professionelle und militärische Zwecke wie Sendeanlagen, komplette Audioketten für Theater und Kinos, Telefonzentralen und Radargeräte wurden von Tesla geliefert. František Hála:

Foto: Ostböhmisches Museum Pardubice

„1953 ordnete die Regierung an, dass alle Unternehmen, Fabriken und Werkstätte, die Produkte im Bereich Elektronik herstellen, Tesla heißen sollen. In der Folge wurde es schwierig, die jeweiligen volkseigenen Betriebe – so wurden sie damals bezeichnet – zu unterscheiden, deswegen wurde immer der Sitz hinzugefügt. So entstanden Tesla Karlín, Tesla Bratislava, Tesla Brno, Tesla Orava, Tesla Stropkov und so weiter. Falls ich mich richtig erinnere, gab es 58 solcher Tesla-Betriebe, und in jedem wurde etwas anderes produziert. Bei uns haben wir Investitionstechnik gefertigt, andere etwa Konsumgüterelektronik. In seiner Blütezeit hatte der Konzern 30.000 Angestellte. Deswegen kennt hierzulande jeder ein Tesla-Gerät aus seinem Haushalt.“

Tesla 308U Talisman Radio 1953-58 | Foto: Ostböhmisches Museum Pardubice

Das bis heute international bekannteste kommerzielle Produkt von Tesla ist wahrscheinlich der kleine Tischradioempfänger Tesla 308U Talisman. Das Gerät im Art-Déco-Stil wurde von 1953 bis 1958 in Bratislava hergestellt. Populär war auch das Tonbandgerät Sonet duo, produziert in Pardubice von 1959 bis 1965. Im Bereich der Militärelektronik ist das militärische Passivradar KRTP-86 Tamara weithin bekannt. Es konnte angeblich als einziges auf der Welt militärische „unsichtbare Flugzeuge“ aufspüren.

Radio 308U Talisman, Tonbandgerät Sonet duo, Radar Tamara

Tesla BM 372 Transistortester  (1961) | Foto: Qwertz0451,  Wikimedia Commons,  CC0 1.0 DEED

Tesla lieferte im Funk- und Radarbereich nicht nur in die Tschechoslowakei, sondern auch in weitere sozialistische Staaten. Nichtsozialistische Exportländer waren wiederum Syrien und Ägypten. Im deutschsprachigen Raum waren Tesla-Erzeugnisse fast ausschließlich in der DDR bekannt. Hála fährt fort:

„Nach der Wende von 1989 hat sich der Markt hierzulande geöffnet. Die Tesla-Betriebe, die Geräte der Konsumgüterelektronik produzierten, waren mit der großen Konkurrenz aus Südostasien konfrontiert. Die meisten sind eingegangen. Meines Wissens nach existieren bis heute etwa acht Tesla-Unternehmen. Sie produzieren aber nicht Konsumgüter, sondern Spezialsachen wie Dämpfungsperlen oder Steckverbinder. Die Produktion von Sendeanlagen, Antennensystem und Messgeräten wurde abgebrochen. Wir produzieren heute weiter Kommunikationstechnologie für die tschechische Armee.“

Foto: Tesla

Der Staatsbetrieb Tesla existierte bis 1990. Nach der politischen Wende wurde er privatisiert. Heute gibt es hierzulande mehrere Firmen mit dem Namensbestandteil Tesla. Nur die Aktiengesellschaft Tesla, a.s. mit Sitz in Prag ist aber der direkte Nachfolger und Marken-Träger. Sie produziert vor allem Rundfunkgeräte und militärische Mikrowellensysteme. Zudem bietet die Firma Lösungen für die Messung der Radon-Konzentration, der Luftverschmutzung, des Lärms an oder aber etwa zur Bewachung von Fahrrädern.

Klagen gegen Tesla Motors Inc. wegen Handelsmarke

2007 wurde das Unternehmen an einen irischen Investor verkauft und 2012 vom tschechischen Management wieder zurückgekauft. Michal Nováček ist Geschäftsleiter in der Firma:

„Wir sind aktuell in vier Hauptbereichen tätig. Und zwar unter anderem Richtfunkanlagen zur Herstellung von Mikrowellenverbindungen, also Datenübertragung in der Luft. Wir haben auch Spezialaufträge für die Armee. Wir bemühen uns, den Kunden nicht eine Kiste anzubieten, sondern die gesamte Lösung eines Problems: vom Entwurf über die Umsetzung bis zur Service-Garantie für die gesamte Technik. Wir müssen stets etwas Neues bieten. Denn in der technischen Entwicklung fliegt die Zeit unglaublich. Was man heute kaufen kann, ist im Prinzip schon veraltet.“

Den Namen Tesla trägt heute aber auch der erwähnte US-amerikanische Autohersteller und Energiebetrieb. Tesla Motors Inc. produziert und verkauft Elektro-Autos, Stromspeicher für Haushalte und Solardachanlagen. Im Oktober 2010 wurde nach einer Reihe von Klagen von Tesla a.s. gegen Tesla Motors Inc. ein Abkommen über die Koexistenz der Handelsmarken Tesla unterzeichnet. Damit wurden die Nutzungsrechte und die Beziehungen zwischen den Unternehmen geregelt, indem der amerikanische Hersteller den Einwänden des tschechischen Unternehmens nachgegangen ist.