„Mensch der Versöhnung 2010“ – mit diesem Ehrentitel wurde der tschechische katholische Priester und Philosoph Tomáš Halík vor ein paar Wochen in Polen ausgezeichnet. Der Titel wurde Halík vom Polnischen Rat der Christen und Juden in der polnischen Hauptsynagoge im ehemaligen Warschauer Ghetto verliehen. Der Rat würdigt mit dem Ehrentitel jedes Jahr eine ausländische Persönlichkeit für ihre Verdienste um gute Beziehungen zwischen Christen und Juden.
Tomáš Halík
Professor Halík ist auch Präsident der Tschechischen Christlichen Akademie. Aus Anlass der Auszeichnung initiierte er am vergangenen Montag eine Diskussion über die Möglichkeiten und Hindernisse im Dialog zwischen Juden und Christen. Unter den Teilnehmern waren auch Landesrabbiner Karol Sidon oder der Prager Erzbischof Dominik Duka. Tomáš Halík zeigte sich erfreut, dass das Thema so viele, vor allem junge Menschen, angezogen hat. Wichtig für einen Dialog zwischen Christen und Juden sei, die Verschiedenheiten anzuerkennen, meinte Professor Halík gegenüber Radio Prag. Einen Dialog müsse man, so Halík, aber nicht nur auf theologischer Ebene führen.
Buch von Tomáš Halík
„Die theologische Ebene ist vor allem für Intellektuelle interessant. Es ist fast unmöglich, die christliche Botschaft ohne den jüdischen Kontext zu begreifen. Aber es gibt auch verschiedene andere Ebenen: Als beispielsweise in Tschechien die Debatte über die Euthanasie entfacht wurde, haben Christen, Juden und Moslems eine gemeinsame Stellungnahme dazu veröffentlicht, die ein großes Echo in der tschechischen Gesellschaft weckte. Ich meine, dass wir auch einen Dialog über aktuelle ethische und moralische Fragen führen müssen und anhand dessen eine gemeinsame Stellungnahme in der Öffentlichkeit abgeben sollen. Zudem müssen wir auch viel mit der Jugend arbeiten. Ich hoffe, dass es in Zukunft mehr Begegnungen zwischen jungen Christen, Juden und Moslems hierzulande geben wird. Es ist wichtig, zu lernen, die Welt, auch mit den Augen des Anderen zu sehen. So können wir Hindernisse überwinden, Vorurteile abbauen und einen wirklichen Dialog und Meinungsaustausch verwirklichen.“
Gibt es hierzulande in den christlichen Kreisen immer noch Vorurteile gegenüber den Juden? Und wenn, tauchen sie nur unter den so genannten ´Ultrakonservativen´ auf?
„Ich kenne aus meiner Erfahrung die Studentenpfarrei St. Salvator bei der Karlsbrücke, ich kenne die Christliche Akademie und weiß, dass es unter diesen Christen keinerlei Vorurteile gibt. Sie sind keine Antisemiten, im Gegenteil: Sie sind eher Philosemiten. Sie haben tiefe Sympathien für die jüdische Tradition, interessieren sich dafür und sind sehr offen. Aber es gibt auch bei uns nationalistische Kreise, Leute, die sehr heftig die EU ablehnen. Die Ultrakonservativen stehen den so genannten ´Lefebrvisten´ nahe, die das zweite Vaticanum nicht anerkennen. Es gibt unter ihnen auch Leute, die politischen Einfluss haben. Ich bin davon überzeugt, dass diese eine große Gefahr darstellen. Insbesondere wir Christen müssen zu diesen Kreisen eindeutig Nein sagen.“