Topolanek reist mit Kompromissvorschlag für die Stimmenverteilung innerhalb der EU nach Brüssel

Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedsländer kommen am Donnerstag in Brüssel zusammen, um den Weg für einen neuen EU-Vertrag zu ebnen. Der Gipfel soll eine Alternative zu der 2005 gescheiterten EU-Verfassung bringen.

Premier Mirek Topolanek  (Foto: CTK)
Im Vorfeld des Gipfels gab es zahlreiche Diskussionen über Form und Inhalt des Vertrages. Tschechien lehnt zum Beispiel eine EU-Verfassung ab. Mit welchem Mandat reist Premier Mirek Topolanek nach Brüssel, was will Tschechien erreichen?

Mirek Topolanek sagte am Donnerstagmorgen im Tschechischen Fernsehen, dass er vor allen Dingen eine Rückkehr zum ursprünglichen EU-Verfassungsvertrag abwenden wolle. Auch das Einräumen exklusiver Ausnahmen für einzelne Staaten in der EU soll verhindert werden. Präsident Vaclav Klaus hatte im Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt, die Menschen könnten vom Gipfel nichts Gutes erwarten, weil nur kosmetische Änderungen an der EU-Verfassung vorgenommen worden seien. Premier Topolanek betonte hingegen im Tschechischen Fernsehen die Erfolge, die Tschechien bei den Verhandlungen erreicht habe. Er sagte, das Ziel der EU-Verfassung sei es gewesen, einen föderalistischen Superstaat zu schaffen und das konnte verhindert werden. Alexandr Vondra, der stellvertretende Regierungsvorsitzende für europäische Angelegenheiten, schrieb in einem Kommentar für die Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" am Donnerstag, die Verfassung ist tot und das sei gut so. Die EU brauche keine Verfassung, sondern vor allem Reformen.

Foto: Europäische Kommission
Tschechien ist das einzige Land in der EU, das mit dem polnischen Protest gegen den im Verfassungsentwurf vorgesehenen Abstimmungsmodus und das Prinzip der doppelten Mehrheit bei Abstimmungen in der EU sympathisiert hat.

Der bisherige Verfassungsentwurf sah vor, dass bei Abstimmungen innerhalb der EU das Prinzip der doppelten Mehrheit gelten soll. Das heißt, eine Mehrheit ist erreicht, wenn 55 Prozent der Regierungen zustimmen, die 65 Prozent der Bevölkerung der EU-Mitgliedstaaten vertreten. Die Tageszeitung "Lidove Noviny" berichtete am Donnerstag, die tschechische Regierung habe kurz vor dem Gipfelbeginn einen Kompromissvorschlag unterbreitet. Dieser sehe vor, dass statt 65 Prozent 62 Prozent der Bevölkerung für eine Mehrheit ausreicht. Das ist zwar nur eine kleine Änderung, aber diese würde das Gewicht der bevölkerungsreichsten Mitgliedstaaten etwas stärker zu Gunsten der kleinen und mittleren Staaten verschieben. Premier Mirek Topolanek hat sich am Donnerstagmorgen im Tschechischen Fernsehen zu diesem Kompromiss aber nicht geäußert. Er hat aber generell seine persönliche Sympathie für den polnischen Protest unterstrichen und betont, dass eine Änderung des Abstimmungsmodus auch für die Tschechische Republik vorteilhaft sein würde.

Topolanek sagte, bei der Einigung in Brüssel gehe es eigentlich nicht um einen neuen Vertrag, sondern um die Novellierung der alten, gültigen Verträge, der von Nizza und der Vertrag über die Europäische Gemeinschaft.