Die tschechische Regierung ist mit dem Ergebnis des EU-Gipfels zufrieden

EU-Gipfel (Foto: CTK)

Der EU-Gipfel ist am Samstagmorgen zu Ende gegangen. Mehrfach stand er kurz vor dem Scheitern. Nach stundenlangen zähen Verhandlungen konnte dann aber doch noch eine Einigung erzielt werden. Die EU erhält einen neuen Grundlagenvertrag, Verfassung darf sich dieser nicht nennen. Die tschechische Regierung zeigte sich mit dem Ergebnis zufrieden.

Lech Kaczynski mit Angela Merkel  (Foto: CTK)
"Im Detail kann man sicherlich dazu auch einige kritische Anmerkungen machen, aber das, was für mich und für uns zählt ist, dass wir aus der Erstarrung, aus dem Stillstand herausgekommen sind und die Weichen für einen neuen Vertrag gestellt haben."

Mit diesen Worten präsentierte die deutsche Bundeskanzlerin und amtierende EU-Ratspräsidentin, Angela Merkel, am Samstagmorgen das Ergebnis des EU-Gipfels. Die 27 Mitgliedstaaten haben sich auf einen EU-Grundlagenvertrag geeinigt. Bis zuletzt war nicht sicher, ob es in Brüssel überhaupt zu einer Einigung kommen wird. Besonders schwierig waren die Verhandlungen mit Polen und Großbritannien, bis in letzter Minute ein Kompromiss erzielt wurde: Die Grundrechtecharta, die Teil des neuen Vertrages ist, wird in Großbritannien nicht gelten. Polen wollte ein für sich vorteilhafteres Stimmenverhältnis in der EU durchsetzen, als es der Verfassungsentwurf vorsah. Die Kaczynski-Zwillinge haben erreicht, dass das derzeitige für Polen sehr günstige Kräfteverhältnis noch bis 2014 bzw. 2017 gültig sein wird. Tschechien hatte Polen bei diesem Anliegen unterstützt. Der tschechische Premier Mirek Topolanek zeigte sich denn auch mit dem Ergebnis des Gipfels zufrieden:

Premier Mirek Topolanek  (Foto: CTK)
"Der Abstimmungsmodus im europäischen Rat, der im Vertrag von Nizza festgelegt wurde, bleibt zunächst bestehen. Das ist für die Tschechische Republik vorteilhafter, als das in der so genannten EU-Verfassung vorgesehene System. Wir haben also eines der Hauptziele der Regierung erreicht, nämlich keine Verschlechterung der Position der Tschechischen Republik zuzulassen und das Abstimmungsgewicht nicht zu schwächen. Daran hatte zu Hause wohl niemand geglaubt", so Topolanek.

Die Einführung der doppelten Mehrheit in der EU wird nun auf das Jahr 2017 verschoben. Der neue Vertrag heißt Grundlagenvertrag und nicht Verfassung. Einen EU-Außenminister wird es nicht geben, auch keine offizielle Fahne und Beethovens Ode an die Freude wird nicht zur offiziellen EU-Hymne. Auch dies waren Forderungen, die von der tschechischen Regierung unterstützt wurden. Viele Dinge des ursprünglichen EU-Verfassungsentwurfs wurden also aufgegeben. Der tschechische Eurokommissar für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit, Vladimir Spidla, gilt als Befürworter einer stärkeren europäischen Integration. Spidla war am Freitag in der tschechischen Hauptstadt und sagte gegenüber Radio Prag, dass die EU in der Vergangenheit immer Stückarbeit geleistet habe:

Der tschechische Eurokommissar Vladimir Spidla  (Foto: CTK)
"Europa ist ein komplexes Phänomen und wenn Sie die Erfolge der EU nehmen, die wir hatten, wie zum Beispiel nach der letzten Erweiterungsrunde, die als Konsequenz eine niedrigere Arbeitslosigkeit und wirtschaftlichen Aufschwung brachte: all diese Erfolge haben wir in kleinen Schritten erreicht, immer nach vorne", so Spidla.

Staatspräsident Vaclav Klaus, eiserner EU-Skeptiker, begrüßt den Gipfel-Beschluss vom Wochenende zwar als einen Sieg der Vernunft, hat aber Bedenken, da einige wesentliche Teile aus dem Verfassungsentwurf in den neuen Vertrag übernommen worden seien:

"Es bleiben Themen wie die Übertragung von Kompetenzen von den Nationalstaaten zur EU, die Änderung des Einstimmigkeitsprinzips zu Gunsten von Mehrheitsbeschlüssen in einigen Punkten und die Stärkung so genannter Gemeinschaftskompetenzen. Über einige Dinge werden nicht mehr wir entscheiden, sondern die EU, und das sollten unsere Bürger wissen."

Klaus fügte am Sonntag im tschechischen Fernsehen hinzu, dass über die endgültige Form des neuen Vertrags bei der Regierungskonferenz unter der portugiesischen Ratspräsidentschaft entscheiden werden wird. Bei dieser Gelegenheit könne dann ja über alle Details neu verhandelt werden.