Tour de France: König jubelt mit Froome über Gesamtsieg – Kreuziger bester Tscheche

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Die Tour de France hat ein weiteres Kapitel ihrer ruhmreichen Geschichte geschrieben. Denn am Sonntag ist in Paris die 102. Auflage des längsten und härtesten Etappenradrennens der Welt zu Ende gegangen. Sie wurde vom Briten Cristopher Froome gewonnen, der sich damit nach 2013 zum zweiten Mal in die Siegerliste eintrug. In den Annalen des Rennens aber für ewig festgehalten werden auch vier Tschechen – so viele wie nie zuvor bei der großen Frankreich-Schleife. Alle vier haben das Ziel in Paris erreicht.

Jan Bárta  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Die diesjährige Tour war 3360 Kilometer lang, hatte 21 Etappen und führte durch drei Länder. Sie begann am 4. Juli im niederländischen Utrecht, durchquerte danach das Nachbarland Belgien, ehe sie am Ende der vierten Etappe mit dem Zielort Cambrai französisches Territorium erreichte. Im Land der Trikolore war sie erneut mit den höchsten Schwierigkeiten gespickt: In der zweiten Rennwoche führten drei Etappen durch die Pyrenäen, in der dritten und abschließenden Woche sogar vier Etappen durch die Savoyer Alpen. Bis zum zweiten Ruhetag in Gap am Fuße der Alpen war Jan Bárta der eindeutig aktivste Rennfahrer im tschechischen Quartett. Wenn sich Ausreißer-Gruppen bildeten, war er oft mit von der Partie, nach der dritten Etappe wurde der 30-Jährige vom deutschen Rennstall Bora-Argon 18 schließlich zum aktivsten Fahrer im Peloton gekürt. In den Pyrenäen aber merkte man: Dies ist nicht das beliebte Terrain des Zeitfahrspezialisten. Umso erstaunlicher war dann, dass Bárta bei der ersten Alpen-Etappe im vorderen Feld zu finden war:

Tour de France  (Foto: ČTK)
„Zu Beginn lief es nicht rund bei mir, so dass ich in der ersten Gruppe, die sich vom Feld löste, nicht dabei war. Beim Anstieg zur dritten Bergwertung aber fühlte ich wieder Kraft in meinen Beinen, daher habe ich mich mit vier weiteren Fahrern absetzen können. Auf dem langen Anstieg zerfiel unsere Verfolgergruppe jedoch, so dass jeder wieder auf sich allein gestellt war. Ich nahm mir vor, so wenige Fahrer wie möglich aus dem nachfolgenden Pulk an mir vorbeiziehen zu lassen. Im Ziel habe ich daher eine ganz ordentliche Platzierung erreicht.“

Bárta: „Die Ab- und Auffahrten sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Die Abfahrt versucht man schnell zu fahren und die Kurven richtig einzuschätzen. Bei der Bergfahrt entscheidet ganz allein die Leistungsstärke.“

Es war der 26. Platz auf dem umkämpften Tagesabschnitt nach Pra Loup, den der Deutsche Simon Geschke gewann. Und es war eine Etappe, die neben den fünf Bergwertungen auch steile Abfahrten enthielt, zum Beispiel jene vom 2250 Meter hohen Pass Col d´Allos hinab ins Tal. Diese Berg- und Talfahrt verlangte auch Bárta alles ab, wie er nach der Etappe dem Tschechischen Rundfunk sagte:

„Die Ab- und Auffahrten sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Die Abfahrt versucht man schnell zu fahren und die Kurven richtig einzuschätzen. Bei der Bergfahrt entscheidet ganz allein die Leistungsstärke, man kann sich höchstens ein wenig vor dem Wind verkriechen. Heute aber ist mir beides gut gelungen, deshalb bin ich zufrieden.“

Einen Tag später aber machte sich der Kräfteverschleiß auf dieser und den 17 vorangegangenen Etappen auch bei Bárta bemerkbar. Um den Akku schnellstens wieder etwas aufzuladen, gibt es für ihn nur ein Rezept:

Zdeněk Štybar  (Foto: Thomas Ducroquet,  Wikimedia CC BY-SA 3.0)
„Man muss so viel Zeit wie möglich im Bett verbringen und dabei versuchen, sich sehr gut auszuruhen.“

Dies wiederum schien Bárta wesentlich besser zu gelingen als Zdeněk Štybar, dem Tour-Neuling unter den vier Tschechen:

„Ich bin vielleicht erst so gegen halb drei Uhr morgens eingeschlafen und um sieben Uhr schon wieder aufgestanden. Ich werde wirklich froh sein, wenn wir endlich in Paris ankommen werden“, sagte Štybar vor der 19. Etappe, die von Saint-Jean-de Maurienne nach La Toussuire führte.

Štybar begann seine Karriere als Querfeldeinfahrer und hat in dieser Raddisziplin gleich dreimal den Weltmeistertitel erkämpft. Seine Qualitäten im hügeligen Gelände bewies er auch beim kurzen Anstieg vor der Zielankunft in Le Havre, die er als Erster beendete. Damit gewann nach 14 Jahren erstmals wieder ein Tscheche eine Etappe der Tour. Die scheinbar endlosen Aufstiege in den Pyrenäen und den Alpen waren indes nicht nach Štybars Geschmack. Im Gegenteil, mit seinem Teamgefährten Mark Cavendish vom Rennstall Etixx Quick Step versuchte er lediglich, möglichst schmerzfrei über die Berge zu kommen:

Leopold König  (2. von links) mit Sky-Team  (Foto: ČTK)
„Bei diesen langen Anstiegen bleibe ich mit Mark in der letzten Fahrergruppe, dem Gruppetto. Das kostet nicht so viel Kraft, und ich kann etwas Energie sparen. Von daher bin ich noch nicht völlig kaputt.“

Štybars Taktik bei seiner Tour-Premiere ging auf, im Ziel in Paris belegte er den 103. Platz. Als zweitbester Tscheche fand sich Jan Bárta am Ende auf dem 25. Platz wieder.

Eine ganz andere Aufgabe als Bárta und Štybar hatte dagegen Leopold König zu erfüllen. Der 27-Jährige fuhr im britischen Sky-Team, das sich von Anfang an große Hoffnungen machte auf den Tour-Gesamtsieg in der Einzelwertung durch seinen Spitzenfahrer Chris Froome. Diese Hoffnung ging auf, weil Froome bereits auf der ersten Etappe in den Pyrenäen einen großen Vorsprung auf die härtesten Konkurrenten herausfuhr, den er dann auch bis nach Paris verteidigte. Doch gerade auf der letzten Bergetappe hinauf nach Alpe d´Huez kamen Froome und seine Helfer im Sky-Team noch einmal mächtig ins Schwitzen, sie mussten den Angriff des Kolumbianers Nairo Quintana abwehren. König half seinem Kapitän dabei nach besten Kräften, ins Ziel kam er völlig erschöpft – mit 20 Minuten Rückstand auf den Etappensieger und mit 18 Minuten Rückstand auf Froome:

König: „Es ist toll, ein Teil dieses Teams zu sein und am Gesamtsieg mitgewirkt zu haben.“

„Ich habe Froome im Zielbereich nicht gesehen, doch als man uns mitteilte, dass Chris mit etwas mehr als einer Minute Vorsprung weiterhin das Gesamtklassement anführt, fiel mir ein Stein vom Herzen. Es ist toll, ein Teil dieses Teams zu sein und am Gesamtsieg mitgewirkt zu haben. Für die Schufterei in den drei Wochen ist das eine unglaublich schöne Belohnung.“

Roman Kreuziger  (Foto: Pavel Bouda,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Deshalb hat es König bei der Ankunft in Paris auch kaum verdrossen, dass er seine zweite Frankreich-Schleife diesmal nur als 70. des Pelotons beendet hat. Im vergangenen Jahr hatte er den hervorragenden siebten Platz belegt, doch da fuhr er noch für das deutsche Net-App-Team, dem Vorgänger des jetzigen Teams Bora-Argon 18.

Der vierte Tscheche im Bunde war Roman Kreuziger. Der 29-Jährige ist nicht nur der häufigste und erfahrenste Tour-de-France-Fahrer des Quartetts, sondern auch der bisher erfolgreichste. Bei seinen vorangegangen fünf Starts kam Kreuziger gleich dreimal unter den Top Ten ins Ziel und ist mit seinem fünften Rang, den er 2013 belegte, auch weiterhin der bestplatzierte Tscheche aller Zeiten. Im vergangenen Jahr allerdings musste er sich mit Dopingvorwürfen auseinandersetzen und hatte deshalb vom internationalen Radsport-Verband UCI ein vorübergehendes Startverbot erhalten. Das schloss auch die Tour de France aus. Vor zwölf Monaten war Kreuziger noch sehr betrübt über diese Maßnahme, zumal er später die Vorwürfe auch entkräften konnte. Mit dem Abstand eines Jahres aber sieht er über dieses Kapitel auch mit etwas Wohlwollen hinweg:

Alberto Contador  (Foto: ČTK)
„Im vorigen Jahr war ich bei der Tour nicht dabei. Doch das heißt nicht, dass mir das Rennen wirklich gefehlt hat. Schließlich wurde zu der Zeit meiner Tochter geboren, und ich konnte dieses Ereignis daher richtig genießen.“

Kreuziger fuhr bei dieser Rundfahrt im Tinkoff-Saxo-Team, in dem er die Rolle des Edelhelfers für Kapitän Alberto Contador auszufüllen hatte. Wie Contador ist Kreuziger im Frühjahr auch den Giro d´Italia gefahren, also das Etappenrennen, das nach der Tour am höchsten eingestuft wird. Für Kreuziger aber ist der Unterschied zwischen beiden Rennen prägnant:

Kreuziger: „Beim Giro haben zwei Teams das gesamte Peloton kontrolliert, bei der Tour sind es mehrere Teams wie Sky, BMC, Movistar und unsere Mannschaft, die vorn den Ton angeben.“

„Beim Giro haben zwei Teams das gesamte Peloton kontrolliert, bei der Tour sind es mehrere Teams wie Sky, BMC, Movistar und unsere Mannschaft, die vorn den Ton angeben. Dazu kommen die starken Sprinter, die die Zielankünfte pulverisieren. Oft sah es so aus, als wenn kaum einer Tempo machen würde, doch dann wurde auf einmal bis zum Anschlag gefahren, sogar bei Gegenwind. Wenn man dann ans Ende des Pelotons blickte, sah man, wie ein Fahrer nach dem anderen aus dem Hauptfeld herausfiel.“

An den Anstiegen in den Pyrenäen und den Alpen konnte auch Kreuziger nicht mit den Besten mithalten. Doch von den vier Tschechen zeigte er die stabilsten Leistungen während der dreiwöchigen Tortur namens Tour de France. Daher wurde er am Ende auch mit dem 17. Platz in der Gesamtwertung belohnt.

Autor: Lothar Martin
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