Trubel um Lkw-Mautsystem in Prag: Premier lässt Ausschreibung prüfen

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Sie gilt als eine der mit viel Spannung erwarteten und am meisten hinterfragten Entscheidungen des Prager Verkehrsministeriums in diesem Herbst: Die Vergabe zum Aufbau eines Lkw-Mautsystems in Tschechien. Am Montag sickerte durch, dass die österreichischen Firma Kapsch TrafficCom das Rennen unter den vier Wettbewerbsteilnehmern gemacht haben soll. Doch kaum hatte die nationale Nachrichtenagentur CTK die Information über den an Kapsch gemachten Zuschlag zur Realisierung des Projektes verbreitetet, da meldete der tschechische Premier Jiri Paroubek höchstpersönlich erste Zweifel über die Auftragsvergabe an. Paroubek hat daher die nationale Wettbewerbsbehörde UOHS aufgefordert, eine Stellungnahme zum Ergebnis der Ausschreibung über Aufbau und Betrieb eines Mautsystems in Tschechien abzugeben. Lothar Martin mit den weiteren Einzelheiten.

Verkehrsminister Milan Simonovsky
Ohne einen positiven Bescheid der Wettbewerbsbehörde werde es nicht zur Realisierung der Ausschreibung kommen, teilte der Premier in einem Brief an Verkehrsminister Milan Simonovsky mit. An die Behörde hatte sich zuvor bereits die Vereinigung Mytia gewandt, die behauptet, dass das Verkehrsministerium bei der Ausschreibung das Gesetz verletzt habe. Der Premier will daher von Simonovsky wissen, auf welche konkreten Aspekte die von Mytia eingereichte Beschwerde zielt. Ebenso soll Simonovsky eine Antwort darauf liefern, weshalb seiner Meinung nach relativ viele Kritiken zu Organisation und Auswertung der Ausschreibung eingegangen seien. Die Vorwürfe, dass die Vergabe "nicht transparent" sei, hatte der Verkehrsminister bisher stets zurückgewiesen. Dennoch soll die Wettbewerbsbehörde nunmehr prüfen, ob die Entscheidung des Verkehrsministeriums, der Firma Kapsch TrafficCom den Auftrag zum Aufbau eines mikrowellengestützten Mautsystems zu erteilen, im Einklang mit den Ausschreibungskriterien erfolgt sei. Auf die Frage von Radio Prag, ob die Behörde letztlich darüber entscheide, wer den Auftrag am Ende erhält, antwortete die Sprecherin des Verkehrsministeriums, Marcela Zizkova:

"Über das Ergebnis der Ausschreibung über den Generalzulieferer des elektronischen Mautsystems entscheidet der Auftraggeber, was in diesem Falle das Verkehrsministerium ist und keinesfalls die Wettbewerbsbehörde. Was den Brief des Premiers anbelangt, so können wir uns im Moment nicht dazu äußern, da wir diesen Brief bisher noch nicht erhalten haben."

Diese Aussage erteilte uns die Sprecherin am Dienstagvormittag. Das österreichische Unternehmen Kapsch TrafficCom wiederum bestätigte zum gleichen Zeitpunkt in einer offiziellen Pressemitteilung, am 21. November 2005 die Bekanntmachung des tschechischen Verkehrsministeriums über den Zuschlag für das eigene Angebot bei der Einführung der elektronischen Lkw-Maut in Tschechien erhalten zu haben. Doch wie es aussieht, darf sich Kapsch noch nicht vorbehaltlos freuen, zu undurchsichtig ist nämlich noch die Lage darüber, wie das finale Hauen und Stechen um einen der lukrativsten Aufträge im Bereich der tschechischen Infrastruktur letztlich ausgeht. Das Einzige was steht, ist die überaus positive Meinung des österreichischen Vizekanzlers und Verkehrsministers Hubert Gorbach über das 2004 im eigenen Land eingeführte Mikrowellensystem:

"Das österreichische System funktioniert sensationell gut. Wir haben Fehlerquoten, die unter einem Prozent liegen. Aufgrund der guten Vorarbeit funktioniert es von Beginn an perfekt. Darüber bin ich sehr stolz, weil wir ja wissen, dass andere Länder - ohne sie zu nennen - große Probleme bei der Einführung hatten."