"Tschechen in Europa" - tschechische Präsentation auf der Buchmesse in Leipzig

Dass sich die internationale Buchmesse in Leipzig als eine Brücke zwischen West und Ost profiliert hat, haben Sie - liebe Hörerinnen und Hörer - möglicherweise bereits von uns gehört. Heute, kurz bevor das Buchfest am kommenden Dienstag seine Tore öffnet, wollen wir uns konkret der tschechischen Teilnahme daran widmen. "Tschechen in Europa" heißt das Motto der Präsentation, die einige Ausstellungen, wie etwa "Die schönsten tschechischen Bücher 2000", "Die tschechische Literatur in deutscher Übersetzung" oder "Das tschechische Audiobuch", weiter einige hiesige Autoren persönlich sowie 29 Aussteller vorstellt. Mehr erfahren Sie aus dem folgenden Gespräch, das Markéta Maurová mit dem Messedirektor Oliver Zille führte.

Kann man im Interesse für die tschechische Literatur in den letzten Jahren z.B. bestimmte Tendenzen beobachten?

"Also ganz generell muss man sagen, dass - das betrifft ja nicht nur Tschechien, die junge Literatur, die das gegenwärtige Leben in den mittelosteuropäischen Ländern darstellt - doch eher leichtgeschriebene Bücher, nicht ganz so geschichtstragende auf dem deutschsprachigen und überhaupt auf dem westlichen Markt sehr populär sind. Ein Autor, den ich immer wieder gerne nenne und der auch von Leipzig aus mitgestaltet ist, ist Jáchym Topol, der auch sehr oft schon in Leipzig gelesen hat und auch an dieser Messe wieder teilnehmen wird, der auch zur jüngeren Generation gehört und seine spezifische Sicht vielleicht auch auf die tschechischen Seelenzustände dem deutschen Leser näher bringt. Ein spannender Autor. Und ich denke überhaupt, dass junge Autoren, die sich vor allen Dingen ihrem künstlerischen Werk, sich selbst verpflichtet sehen, eine gute Chance haben, auf dem deutschsprachigen Markt Verleger zu finden."

Sie haben die Teilnahme von Jáchym Topol erwähnt, welche weiteren Autoren stellen sich in Leipzig vor?

"Ivan Matousek wird z.B. in Leipzig sein; Lenka Reinerová, die letzte der Deutsch-Prager Autoren bzw. Autorinnen, die im Aufbau-Verlag verlegt und auch in den letzten Jahren ständiger Gast in Leipzig ist; Ludvík Kundera erhält den Anerkennungspreis, den Leipziger Buchpreis zur europäischen Verständigung, und wird in Leipzig sein und lesen; Jirí Grusa, auch schon ständiger Gast in Leipzig, wird dabei sein, um nur einige zu nennen."

Sie haben den Buchpreis zur europäischen Verständigung genannt. Um was für einen Preis handelt es sich dabei?

"Den Preis können sich Autoren verdienen, die in ihrem Werk einen Beitrag zur Verständigung zwischen Ost und West geleistet haben, d.h. die in ihrem Werk auch dazu beigetragen haben ein Bewusstsein für die gegenseitigen Werte zu schaffen. Diesen Preis gibt es seit 1994 und der ist gestiftet vom Börsenverein des deutschen Buchhandels, das ist der deutsche Buchhändler- und Verlegerverband, vom Freistaat Sachsen und der Stadt Leipzig, die ihn jedes Jahr an der Buchmesse vergeben. Wir freuen uns, dass ein Tscheche diesen Preis gewonnen hat, und gehen davon aus, dass Ludvík Kundera mit seinem Werk auch in Leipzig an der Buchmesse, so wie er in Deutschland überhaupt sein Publikum gefunden hat, auch weiteres, jüngeres Publikum neu finden wird."

Neben Autoren und Verlagen aus Tschechien werden auch einige Ausstellungen präsentiert...

"Wir haben eine größere Ausstellung zur jüdischen Literatur in Böhmen, die schon an anderen Stationen, z.B. an der Buchmesse in Jerusalem gezeigt worden ist. Die jüdische Kultur und jüdische Lebenswelten sind überhaupt ein Programmbestandteil unserer Buchmesse. Wenn man von Mittelosteuropa redet und einen historischen Bezug nimmt, dann muss man natürlich auch über jüdische Lebenswelten reden, und insofern freuen wir uns, dass mit Unterstützung des tschechischen Kulturministeriums, der Zeitschrift "Knihy" und einer ganzen Reihe anderer Partner diese Ausstellung zustande gekommen ist. Und soweit ich schon auch die Anfragen aus der Presse, die wir persönlich bekommen haben, verfolgen konnte, wird diese Ausstellung auch in der Öffentlichkeit eine sehr große Aufmerksamkeit haben."