Zur Arbeit des Tschechischen Literaturzentrums: „Das Stichwort ‚Frankfurt 26‘ wirkt“

Tschechische Bücher auf der Leipziger Buchmesse

Wenn ein tschechisches Buch ins Deutsche übersetzt wird und bei einem deutschsprachigen Verlag erscheint, dann steckt oft das Tschechische Literaturzentrums (CzechLit) dahinter. Seit seiner Entstehung 2017 in Brno / Brünn prägt es das Bild der tschechischen Literatur und Buchkultur im Ausland und sorgt für deren systematische Förderung. Auch die jüngste Präsentation Tschechiens bei der Leipziger Buchmesse fand in der Regie des Zentrums statt und ist nicht zuletzt Michala Čičváková zu verdanken.

Michala Čičváková | Foto: Markéta Kachlíková,  Radio Prague International

Das Tschechische Literaturzentrum kümmert sich um die Präsentation der tschechischen Literatur im Ausland. Frau Čičváková, Sie sind dort für den deutschsprachigen Raum zuständig. Worin konkret besteht Ihre Arbeit, was machen Sie im Zentrum?

„Mein Arbeitstag sieht so aus, dass ich meistens am Computer sitze und E-Mails schreibe. Ich bin im Kontakt mit tschechischen Autorinnen und Autoren, die schon ein Buch auf Deutsch publiziert haben. Für sie suche ich Partner im Ausland, Bibliotheken, Festivals oder Literaturhäuser, die mit ihnen dann Veranstaltungen machen. Das ist die normale Arbeit. In diesem Jahr haben wir aber auch andere Ziele. Wie alle bestimmt schon wissen, wird Tschechien Gastland der Frankfurter Buchmesse 2026 sein. Das heißt, dass wir in diesem Jahr versuchen, möglichst viele neue deutschsprachige Buchverlage zu finden und sie zu überzeugen, dass sie tschechische Literatur herausgeben.“

Stoßen Sie dabei auf großes Interesse?

„Ich würde sagen, ja. Während der Leipziger Buchmesse habe ich viele Termine mit Verlegern gehabt. Normalerweise, wenn ich die Verlage vor der Messe anschreibe, um einen Termin auszumachen, meldet sich niemand zurück. In diesem Jahr war das ein bisschen anders. Ich habe positive Reaktionen von sehr vielen Seiten bekommen, viele wollten, dass ich vorbeikomme und die neueste tschechische Produktion vorstelle. Das Stichwort ‚Frankfurt 26‘ wirkt also, zumindest für die deutschsprachigen Verlage.“

Tschechische Bücher auf der Leipziger Buchmesse | Foto: Markéta Kachlíková,  Radio Prague International

Gibt es in Deutschland, Österreich oder der Schweiz bestimmte Verlage, die sich besonders für die tschechische Literatur interessieren?

„Ja, es gibt einige kleinere Verlage, die sich kontinuierlich mit der tschechischen Literatur beschäftigen. Sie haben manchmal Bezüge zu Tschechien. Was wir jetzt suchen, sind neue Verleger. Wir wollen, dass die tschechische Produktion nicht nur automatisch bei einem oder fünf Verlagen erscheint, sondern sich auf mehrere Verlagshäuser verteilt. Dadurch sollen tschechische Bücher in allen Regalen in den Läden zu finden sein.“

In Tschechien erscheinen viele tausend Bücher pro Jahr. Wer entscheidet, welchen Autoren und welchen Büchern Sie auf diese Weise auf dem Weg in die Welt helfen?

„Die Rolle, die Bücher anzubieten, liegt an den tschechischen Verlegerinnen und Verlegern, Agentinnen und Agenten. Wir sind nur ein Vermittler zwischen den tschechischen und den ausländischen Verlagen. Wir erstellen jedes Jahr einen Katalog, für den insgesamt 20 Titel ausgesucht werden. Dazu haben wir eine Kommission aus Fachleuten, die entscheidet, welche Bücher aus den Bereichen Prosa, Kinderbuch, Poesie oder Comic für ausländische Verlage interessant sein könnten. Es sind also mehrere Menschen, die darüber entscheiden.“

Jaroslav Rudiš | Foto: Tomáš Vodňanský,  Tschechischer Rundfunk

Welche Autorinnen und Autoren sind auf dem deutschsprachigen Buchmarkt die erfolgreichsten? Kann man das sagen?

„Natürlich Jára Rudiš, der die Bücher mittlerweile schon auf Deutsch schreibt. Ganz viele Besucher der Messe kommen zu unserem Stand und fragen, ob Jaroslav hier ist. Dann natürlich Radka Denemarková. Ihre Bücher werden sofort ins Deutsche übersetzt. Mich freut natürlich, dass es neben diesen zwei Stars auch jüngere Autorinnen gibt, die schon mehrere Bücher auf Deutsch haben, wie Viktorie Hanišová und auch Alena Morštajnová, deren Werke ebenso sehr gut verkauft werden. Für mich ist erfreulich, dass die deutschen Verleger, mit denen ich heute und gestern gesprochen habe, nach neuen Debüts gefragt haben, nach neuen Stimmen. Ich erhoffe mir von Frankfurt, dass wir diese neuen Stimmen dann auch vorstellen können.“

Radka Denemarková | Foto:  Martina Vacková,   Tschechischer Rundfunk

Gehen Ihre Bemühungen und Aktivitäten auch in die andere Richtung? Bringen Sie auch deutsche Bücher nach Tschechien?

„Das machen wir nicht. Das Ziel des Tschechischen Literaturzentrums ist wirklich, die tschechische Literatur im Ausland zu propagieren. Wir bemühen uns, die Bücher etwa in Deutschland, im englischen Sprachraum, in Spanien und in Frankreich vorzustellen. Aber zum Beispiel bei der Prager Buchmesse steht in diesem Jahr die deutschsprachige Literatur im Zentrum, und da arbeiten wir mit dem Goethe-Institut, dem Österreichischen Kulturforum und der Schweizer Botschaft ganz eng zusammen. Wir haben versucht, die deutschsprachigen Autorinnen und Autoren mit den tschechischen zu verbinden. Sie werden sich zusammen auf die Bühne stellen. Es klingt wie ein Klischee, aber ich glaube an die persönlichen Kontakte und an die Netzwerke von Menschen, die etwas verbindet, sei es etwa die Liebe zu Prag. Wenn sich die Autorinnen und Autoren persönlich treffen, dann helfen sie sich einander und propagieren sich gegenseitig. Ich sehe das wie einen zusammenfließenden Strom von Bemühungen. Wir laden jetzt rund 15 deutschsprachige Verleger nach Prag ein, die ihre tschechischen Kollegen treffen werden. Dahingehend versuchen wir also, möglichst breit mit anderen Partnern zu kooperieren.“

Der tschechische Stand auf der Leipziger Buchmesse | Foto: Markéta Kachlíková,  Radio Prague International

Die erwähnte internationale Buchmesse „Svět knihy“ (Welt des Buches) in Prag wird dieses Jahr einen Schwerpunkt auf deutschsprachiger Literatur haben. Bei der Veranstaltung, die vom 23. bis 26. Mai stattfindet, werden Autoren wie Judith Hermann und Reiner Stach aus Deutschland, Tonio Schachinger aus Österreich oder der Schweizer Peter Stamm erwartet. Der anstehende Jahrgang wird damit nicht wie üblich ein Gastland haben, sondern das Projekt „Das Buch“ als Ehrengast präsentieren.

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