Tschechien 2020: Schwächste Konjunkturbilanz seit 1993

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Für 2020 bilanziert Tschechien die schwächste Konjunkturentwicklung in seiner Geschichte als eigenständige Republik, das heißt seit der Trennung von der Slowakei im Jahr 1993. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ging um 5,6 Prozent zurück. In den sechs vorangehenden Jahren war das BIP in Tschechien noch konstant gestiegen.

Vladimír Kermiet  (Foto: Archiv des tschechischen Statistikamtes)

Allein im vierten Quartal 2020 verlor die Wirtschaftskraft hierzulande um fünf Prozent. Allerdings lag das BIP um 0,3 Prozent höher als im dritten Quartal. Das geht aus der vorläufigen Schätzung des Tschechischen Statistikamtes (ČSÚ) hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

„Der Grund für diese Quartalsentwicklung ist eine gestiegene Nachfrage aus dem Ausland. Die einheimische Nachfrage, vor allem der Verbrauch der Haushalte, ging hingegen deutlich zurück“, erläutert der Abteilungsleiter für volkswirtschaftliche Gesamtrechnung beim ČSÚ, Vladimír Kermiet.

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Für das gesamte Jahr 2020 erlebte Tschechien den stärksten wirtschaftlichen Einbruch seiner jüngsten Geschichte. Großen Anteil daran hatten die Maßnahmen, die die Regierung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie durchsetzte: geschlossene Geschäfte und Dienstleistungen sowie Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Auf die Konjunkturbilanz wirkte sich auch ein plötzlicher Schwund der internationalen Nachfrage im ersten Halbjahr aus. Der Rückgang der Bruttowertschöpfung – also der Differenz zwischen dem Produktionswert einer Ware oder Dienstleistung und den Kosten ihrer Produktion – schlug sich laut ČSÚ deutlich auf Handel, Verkehr, Unterbringung und Gastgewerbe nieder. Schwer hatten es außerdem Industrie, Baugewerbe und die meisten Dienstleistungsbereiche. Die Beschäftigungsquote im Land ging im Jahresverlauf um 1,6 Prozent zurück.

Dennoch liegt das wirtschaftliche Defizit für 2020 nicht so hoch, wie es Experten mit sechs oder sieben Prozent vorausgesagt hatten. „Sehr wahrscheinlich kamen diesbezüglich die Lockerungen in der Vorweihnachtszeit zum Tragen. Offensichtlich haben sie für einen Umsatzanstieg im Einzelhandel und Dienstleistungssektor gesorgt“, kommentiert der Analytiker der tschechischen Kommerzbank, Martin Gürtler.

Im Jahr 2019 hatte die tschechische Konjunktur einen Zuwachs von 2,2 Prozent verzeichnet.