Tschechien baut Wirtschaftsbeziehungen zu Russland und China aus

Go to East! Dieser Slogan hat in der europäischen Wirtschaft schon längst die Runde gemacht. Mit den Wirtschaften und Märkten des Fernen Ostens hat auch die Tschechische Republik bereits mehrere Erfahrungen gemacht.

Die Autobauer von Toyota und Hyundai sind nur die zwei markantesten Beispiele dafür, dass die Tschechische Republik für die Wirtschaften des Fernen Ostens ein immer attraktiverer Standort wird. Zu Beginn dieser Woche hat sich zudem das taiwanesische Unternehmen Foxconn ein weiteres Mal als Großinvestor in Tschechien zu Wort gemeldet. Der Hersteller von LCD-Bildschirmen und Computer-Zubehör will nach seinem Engagement bei der Umrüstung der ehemaligen Tesla-Werke in Pardubice nun eine zweite Produktionsstätte im mittelböhmischen Kutna Hora / Kuttenberg errichten. Der Baubeginn ist für August und ihre Fertigstellung für Juni nächsten Jahres vorgesehen. In welcher Größenordnung das Projekt realisiert werden soll, dazu sagte der stellvertretende Bürgermeister der Stadt, Vaclav Vancura:

"Es werden eine Fabrik für fünf- bis sechstausend Beschäftigte und in der Nähe der Industriezone eine kleine Satellitenstadt mit 3000 Wohnungen für die Arbeitnehmer der Firma entstehen."

Hinter die Fassade geschaut

Die europäischen Ökonomien wiederum orientieren sich nach Osten. Auch die nationale Wirtschaft der Tschechischen Republik macht da keine Ausnahme. Erst vor einem Monat, beim Besuch des tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus im Moskauer Kreml, hat Russlands Staatsoberhaupt Wladimir Putin kundgetan: "Tschechien war, ist und bleibt einer unserer wichtigsten Handelspartner in Europa."

Und Vaclav Klaus ergänzte: "Es ist im Interesse beider Länder, dass sie sich ökonomisch entfalten. Es wurde bereits eine außergewöhnlich hohe Autonomie der wirtschaftlichen Sphäre geschaffen. Denn das, was sich auf diesem Gebiet abspielt, ist eigentlich schon keine Angelegenheit der beiden Präsidenten mehr, sondern das Betätigungsfeld der Handels- und Industrie-Experten beider Länder geworden."

Als damals auffälligster Beleg für diese Worte wurde der Vertrag präsentiert, den die Brünner Firma Alta und der russische Maschinenbaubetrieb Uralvagonzavod abgeschlossen haben: Zum Kostenpunkt von einer Milliarde Euro wird das mährische Unternehmen ein Werk des Partners im Ural sanieren. Auch der tschechische Energieriese CEZ war aktiv. Mit dem Elektroenergie-Erzeuger TGK-4 schloss er eine strategische Partnerschaft zur zukünftigen Modernisierung von russischen Kraftwerken ab. Damit wurde der Grundstein für das erste Gemeinschaftsunternehmen mit dem bisherigen Monopolanbieter, der russischen Gruppe RAL gelegt. Wie dieses Gemeinschaftsprojekt aussehen soll, dazu sagte CEZ-Sprecherin Eva Novakova:

"In einem Elektrizitätswerk rund 200 km südlich von Moskau wird ein neuer Heizgas-Block mit einer Leistung von 400 bis 420 Megawatt entstehen. Dabei werden wir unser Know how einbringen. Die finanziellen Kosten werden gemeinsam getragen. Alle weiteren Details werden noch geklärt."

Ein Staatsbesuch allein - und seien bei ihm noch so viele Ökonomen präsent - macht den Kohl nicht fett. Deshalb haben sich zahlreiche Wirtschaftsvertreter aus Tschechien und Russland diese Woche in Prag versammelt, wo an drei Tagen die so genannten Tage der Oblast Swerdlowsk stattfinden. Diese Uralregion rund um ihre umbenannte Hauptstadt Jekaterinburg zählt zu den am meisten prosperierenden Landesteilen der Russischen Föderation. Den tschechischen Unternehmern, mit denen die russischen Gäste in Prag ins Geschäft kommen wollen, bieten sich im Ural vielfältige Chancen an, mit denen sie am wirtschaftlichen Aufschwung der Oblast Swerdlowsk teilhaben können. Der Exekutivdirektor der Kammer für wirtschaftliche Beziehungen mit den GUS-Staaten, Frantisek Masopust, stuft diese Chancen sogar als besonders gut ein:

"Die tschechische Maschinenbauindustrie ist jederzeit imstande, in dieser Region potenzielle Abnehmer zu finden. Zudem ist es vom Ural aus nicht mehr weit bis zu den Zonen, wo in Russland Erdöl und Erdgas gefördert werden. Das eröffnet weitere Möglichkeiten, vor allem für die chemische Industrie oder für ökologisch ausgerichtete Betriebe wie zum Beispiel Verbrennungsanlagen. Aber auch für die Hersteller von Energieanlagen ergibt sich dort ein breites Betätigungsfeld. Summa summarum: Es gibt riesige Möglichkeiten."

Der Weg nach Osten ist jedoch nicht auf Russland begrenzt. Enorme Möglichkeiten zu Investitionen und Geschäftsabschlüssen für tschechische Unternehmen gibt es auch in China. Die Provinzen und Küstenstädte im Osten des Landes seien diesbezüglich zwar schon ziemlich ausgereizt, doch gerade deshalb habe die chinesische Regierung jetzt Förderprogramme für die mittleren und westlichen Provinzen aufgelegt, sagt der Direktor des Czech Trade-Büros in Chengdu, Ivan Vyroubal. Das sei auch der Grund gewesen, weshalb die Regierungsagentur des tschechischen Ministeriums für Industrie und Handel vergangenen Freitag in der Hauptstadt der chinesischen Provinz Sichuan ihr zweites Büro nach dem in Shanghai eröffnet habe, erklärt Vyroubal und ergänzt:

"Der Handel zwischen China und der Tschechischen Republik ist nach wie vor sehr dynamisch. Den chinesischen Statistiken zufolge sind die tschechischen Exporte ins Reich der Mitte im letzten Jahr um 36 Prozent gestiegen. Auch immer mehr tschechische Firmen zeigen Interesse daran, nach China zu exportieren oder dort Produktionsstätten zu errichten. Kurzum, die Dynamik der Handelsbeziehungen zwischen Tschechien und China ist in der Tat sehr hoch und der Ausbau der Beziehungen ist auf einem guten Weg."

Gegenüber Radio Prag nannte Vyroubal auch die Branchen, in denen tschechische Unternehmer in China besonders erfolgreich sind:

"Da ist natürlich zuerst ein klassischer Industriezweig zu nennen, und zwar der Maschinenbau. Gefragt sind ebenso High-Tech-Produkte wie zum Beispiel elektronische Mikroskope oder Kurbelwellen für den Schiffbau. Eine große Nachfrage gibt es außerdem für spezielle tschechische Lebensmittel und Getränke."

Das hört sich gut an, aber nicht Jeder kann so ohne weiteres auf dem chinesischen Markt bestehen. Dazu sind vor allem ein langer Atem und eine gute Finanzplanung notwendig, erläutert Vyroubal:

"Zu den größten Hürden gehört logischerweise die Entfernung. Aber auch die Sprache stellt noch eine große Barriere da, denn nur wenige Chinesen sprechen zum Beispiel Englisch. Diese Probleme lassen sich natürlich lösen, aber das ist mit hohen Kosten verbunden. Es dauert also länger, um sich auf dem chinesischen Markt zu positionieren, und man muss dafür mehr investieren."

Um Fehleinschätzungen und in den Sand gesetzte Investitionen zu vermeiden, gerade deshalb hat Czech Trade nun in Chengdu sein zweites Kontakt- und Dienstleistungsbüro errichtet, betont Vyroubal. Er ist sich sicher, dass es zum weiteren Ausbau der tschechisch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen in einem nicht unerheblichen Maß beitragen wird.